Neue Kindle-Software: Die Highlights

Dieser Tage fanden die Besitzer von Kindle-Lesegeräten eine überraschende Meldung auf ihren Geräten: Die Software des E-Book-Readers würde aktualisiert, man solle sich auf einige Neuerungen gefaßt machen.

In der Tat fand sich wenig später ein großes Update auf den Geräten. Die für mich besten neuen Funktionen:

  1. Die Optik wurde überarbeitet. Auch die Schwarzweiß-Kindles fühlen sich nun an wie die neueren „Fries“, die ein buntes Display haben. Insgesamt geht die Entwicklung ein bißchen in Richtung der schicken Oberfläche von Apple-Geräten. Einen Funktionszuwachs bringt das alleine noch nicht. Aber schick ist es auf jeden Fall.
  2. Man kann sich seine E-Books jetzt auch samt Cover in einer Übersichtsliste anzeigen lassen. Auch das klingt zuerst nur nach optischer Retusche, erleichtert aber dennoch das Zurechtfinden, vor allem in größeren Sammlungen.
  3. Das wichtigste und eine wirklich tolle Sache: Wenn man anfängt, ein Kindle-E-Book zu lesen, berechnet das Gerät nach wenigen Minuten die Lesegeschwindigkeit. Ab da bekommt man auf Wunsch angezeigt, wie lange es noch dauern wird, das aktuelle Kapitel bzw. das ganze Buch fertig zu lesen. Das ist ein Feature, das mir bis jetzt wirklich gefehlt hat. Denn nun kann ich meine Lektüre quasi planen. Also etwa, wenn ich nur eine halbe Stunde Zeit habe, kann ich mir anzeigen lassen, ob das noch reicht, um das Kapitel fertig zu lesen oder nicht. Und das ist eben nicht nur „schick“. Sondern es zeigt, dass es tatsächlich Dinge gibt, die äußerst sinnvoll sind, und die nur ein E-Book kann – ein Buch aus Papier aber nicht. Ich bin sicher, in dieser Richtung gibt es noch viel mehr zu entdecken und zu entwickeln. Und indem das geschieht, wird das E-Book langsam erwachsen.

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Cory Doctorow über Freiheit in der Welt der Daten

[youtube=http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=nZFg-uq5zBA#!]Ein leider etwas längeres, dafür aber auch absolute sehenswertes Video. Journalist, Autor und Visionär Cory Doctorow spricht über Digital Rights Management, erschreckende Möglichkeiten der Überwachung durch „normale“ Mobilgeräte – und natürlich die Zukunft des Buchs. Ein wirklich toller Vortrag.

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Die Parallelwelt der Buchverlage

Vor ein paar Tagen ging die Leipziger Buchmesse zu Ende. Über die wichtigsten Neuigkeiten hat heise.de berichtet. Ich fasse es mal mit meinen Worten zusammen: Amazon ist böse, E-Books sind keine richtigen Bücher (also auch böse), digital ist sowieso doof und die wichtigste Frage für die Zukunft lautet: Wie kann man Bücher auf noch schöneres Papier drucken.

Leute, Leute.

Da hat es eine Branche offenbar immer noch nicht verstanden. In der gleichen heise-Meldung steht nämlich auch etwas über die Wirklichkeit, in der wir heute leben: 52 der 100 meistverkauften Kindle-Bücher in Deutschland sind  im Self-Publishing (also ohne Verlag) über die Plattform „Kindle Direct“ erschienen. Das ist nach meiner Rechnung mehr als die Hälfte. Der meistverkaufte Kindle-Direct-Titel, „Der 7. Tag“ von Nika Lubitsch, liegt auf Platz 2 der Jahres-Bestsellerliste aller Kindle-Books. Der Hammer ist: Die Autorin hat das Buch vor 13 Jahren geschrieben und vergeblich versucht, einen Verlag für das Buch zu finden.

Das heißt im Klartext: Bei Lubitsch haben die Buchverlage komplett versagt, weil keiner von Ihnen gesehen hat, welches Marktpotenzial für „Der 7. Tag“ besteht. Die knallharte Frage lautet: Wozu brauche ich eine Branche, die ihren Job nicht macht? Antwort: in der analogen Welt sind die Verlage, wie es immer so schön heißt „alternativlos“, weil sie den Zugang zu den Produktionsmitteln (den Druckmaschinen) und zum Vermarktungsapparat kontrollieren.

In der digitalen Welt aber gibt es kein Monopol auf Produktionsmittel, und fürs Marketing braucht man heute auch nicht viel mehr als ein geschicktes Händchen mit Twitter und Facebook und vielleicht noch einen gut gemachten Blog.

Aber eines verstehe ich wirklich nicht: Warum lamentieren die Verlage allenthalben über das böse, böse Kindle und sein böses, böses „Kindle Direct Publishing“. Sie könnten alle das Gleiche mit sehr, sehr wenig Aufwand auf die Beine stellen. Damit hätten sie ihre Existenzberechtigung zumindest teilweise wiederhergestellt.

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Amazon eröffnet deutsche Leihbibliothek für Kindle-EBooks

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Was iTunes recht ist, das ist Amazon nun billig: Während man in Apples iTunes-Store schon länger Videos „ausleihen“ kann, so geht das seit dieser Woche auch mit E-Books für Amazons Kindle-Lesegeräte.

Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Bei iTunes gibt es die Leih-Option bei sehr vielen Filmen, darunter auch aktuelle Blockbuster.

Der Kindle-Leihshop ist (zumindest derzeit) noch eine vom übrigen Angebot sehr stark abgekoppelte Angelegenheit. Bestseller sucht man hier vergebens, bei den meisten Büchern ist ein „Kaufpreis“ von ca. 2 Euro angegeben – nach erstem Augenschein handelt es sich bei der Mehrzahl der Bücher um Werke, die Hobby-Autoren in ihrer Freizeit geschrieben haben. Einige Leseproben haben gezeigt, dass die Texte teilweise so richtig schlecht sind.

Thematisch gibt es vor allem Romane, Erotik und ein paar ganz wenige Fachbücher, zum Beispiel aus dem Bereich „Kochen“.

Andererseits: Das Angebot von Amazon ist nicht nur billig – es ist kostenlos. Wer Mitglied in Amazons (kostenpflichtigem) „Amazon Prime„-Programm ist (da bekommt man u.a. seine Amazon-Bestellungen schneller zugeschickt), der kann sich pro Monat ein Buch ausleihen – kostenlos.

Ich glaube allerdings kaum, dass sich die Buchverlage von ihrem hohen Ross herabbegeben und mehr Titel in der digitalen Leihbibliothek anbieten. Aber wenn sie das nicht tun, dann wird die im Ansatz sehr gute Idee nicht erfolgreich sein können. Schade, denn so hätte man der Menschheit wieder mehr Lust aufs Lesen machen können.

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Buchmarkt: Wie man mit Büchern Geld verdient

Mir hängt immer noch nach, was Gesine von Prittwitz neulich auf ihrem Blog angestoßen hat: Das Nachdenken darüber, wie Buchautoren auch und gerade in der digitalen Zeit überleben können – verbunden mit der Beobachtung, dass auch bei diesem Thema in Deutschland vorwiegend gejammert wird, während uns andere zeigen, wie es geht.

Zum Beispiel Stephen Fry. OK, er ist nun wahrlich kein Unbekannter in der britischen Kulturszene. ABER: Als einer der ersten hat er schon vor Jahren verstanden, welche enorme Macht in Sozialmedien wie Twitter liegt (und heute hat er über 4 Millionen Follower).

Auch in seiner Eigenschaft als Autor hat Fry früher als andere die neuen Möglichkeiten als Chance begriffen. Seine Autobiografie „MyFry“ ist beispielsweise schon vor zwei Jahren nicht nur als Buch, sondern auch als iPhone-App erschienen.

Frys aktuellstes Projekt ist ein Buch seines Alter-Egos „Mrs. Fry“ unter dem Titel „How to have an almost perfect marriage“. Dieses Buch ist sein erstes, das durch Crowdfunding (auf der britischen Plattform „unbound.com“ entstanden ist. Dieses Prinzip, das in den USA die Plattform „Kickstarter“ berühmt gemacht hat, lässt sich mit ein bißchen Geschick auch für Bücher sehr gut anwenden. Frys Idee: Es gibt nicht nur EIN Buch, es gibt verschiedene Fassungen, verschiedene Preise.

Das beginnt bei „How to…“ mit einer simplen E-Book-Fassung für 10 Pfund, geht weiter mit einer signierten Fassung (50 Pfund) über ein „Marriage Survival Kit“ (75 Pfund) bis hin zu einer personalisierten Fassung, in der Mrs. Fry persönlich auf den Käufer Bezug nimmt (500 Pfund). Wer ein bißchen die Autorenhonorare im deutschen Buchmarkt kennt der weiß: Gerade von letzterem Produkt müsste man nicht soooo furchtbar viele verkaufen, um einen besseren Schnitt zu machen.

Es kommt aber noch mehr dazu. Im Gegensatz zu den mageren 10%, die ein Autor normalerweise maximal vom Endverkaufspreis eines Buchs bekommt, sind es bei Unbound rund 60% – für die restlichen 40% übernimmt die Plattform sämtliche Aufgaben eines normalen „Verlegers“. Und das allerbeste daran: Die Kunden zahlen, BEVOR das Buch überhaupt geschrieben ist. DAS ist für mich ein echter Weg in die Zukunft.

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Thalia verkauft E-Books im Laden

Die Geschichte wirkt auf mich ein bißchen wie der alte Onliner-Witz: „Wußtest Du?“ – „Was???“ – „Bauern können jetzt ihre Felder auch online bestellen!“

Tja.

Also: Die deutsche Buchhandelskette Thalia ist jetzt auf die großartige Idee gekommen, E-Books auch in ihren Ladengeschäften zu verkaufen. E-Books. Also Daten. Körperloses Zeug. Bits und Bytes.

Was das soll? Nach Thalias eigenen Worten steht dahinter die „engere Verbindung des Off- und des Online-Bereichs“. Der O-Ton lautet:

Neben der Übertragung buchhändlerischer Kompetenz in den digitalen Bereich sollen umgekehrt auch die digitalen Angebote stärker im stationären Buchhandel repräsentiert werden.

Konkret heißt das (im Moment): Die Thalia-Buchhändler geben „wertvolle Tipps“, diese kann ich heute schon auf der Thalia-Homepage abrufen, künftig dann offenbar auch über Thalia-eigene Apps. Bei meinem Test gestern abend legte mir eine Mitarbeiterin der Thalia-Filiale in Erlangen die DVD zu „Der Gott des Gemetzels“ ans Herz.

Und da sind wir schon beim Problem: Die Empfehlungen sind nicht personalisiert. Denn den Film (und neulich auch die Theater-Version an den Nürnberger Kammerspielen) habe ich natürlich schon längst gesehen, der Tipp geht also komplett an mir vorbei. Das Ganze ist damit leider ein Denkfehler: Natürlich funktioniert es, wenn mir mein lokaler Buchhändler des Vertrauens, der mich kennt und der weiß, was ich gerne lese, von Angesicht zu Angesicht ein Buch empfiehlt. Nur: Erstens erfüllt diese Funktion online ganz wunderbar der Empfehlungs-Algorithmus von Amazon. Und zweitens funktioniert das Thalia-Modell eben nicht mehr, wenn mich der Buchhändler nicht mehr kennt, sondern seine Empfehlung nur anonym auf irgendeiner Internetseite abgibt.

Denn letztlich sind wir hier beim alten Sender-Empfänger-Modell der Massenmedien, also der Hit-Ökonomie – und damit müssten diese Tipps, um zu funktionieren, einen kleinsten gemeinsamen Nenner aller Thalia-Kunden bedienen. Und diesen gemeinsamen Nenner könnte eine Datenbank viel besser herausfinden als ein Mensch, der naturgemäß eine viel beschränktere Datenbasis hat.

Wohlgemerkt: Ich liebe Buchläden, ich habe (Dislaimer!!!) Literaturwissenschaft studiert, ich liebe also auch Bücher und ich lese sehr viel. Aber was Thalia hier macht, ist das unreflektierte kopieren eines Modells aus der Analog-Welt ins digitale. Und das kann nicht funktionieren, das kann auch nicht die Zukunft sein.

Für die „E-Books aus dem Laden“ gilt im Grunde genommen genau das gleiche: Es ist ja gerade der Charm von Dingen wie Amazons Kindle-Store, dass ich immer und überall darauf zugreifen kann, dass ich eben NICHT in irgendeinen Laden gehen muß, sondern mir meinen nächsten Krimi genau dann – meinetwegen Nachts um halb zwölf oder im Urlaub in Rimini, wenn mir gerade langweilig ist – auf den E-Reader lade. Also hat Thalia auch hier leider das Thema verfehlt.

Und ein letztes: Eine Suche nach „Thalia“ bei Twitter und Facebook ergibt – nichts. Offenbar ist eine Thalia-Filiale in Innsbruck vorgeprescht und nutzt beide Sozialmedien sogar recht geschickt. Aber Thalia Deutschland oder irgendeine deutsche Filiale ist nicht zu finden. Leute: Da brauche ich keine App, das könnt ihr euch sparen. Es wäre doch gar nicht so schwer, einfach die vorhandenen und etablierten Sozialmedien zu nutzen! Schade, dass ihr es nicht hinkriegt. (SIEHE KORREKTUR UNTEN!!!)

Unter dem Strich erinnern mich die hilflosen Thalia-Aktivitäten an die 90er Jahr. Da konnte man in Nürnberg beim damals größten Buchhändler der Stadt, der Firma Hugendubel, im ersten Stock an einen dort aufgestellten Rechner gehen und sich irgendwelche Shareware-Programme auf Disketten ziehen. Diese Disketten wurden dann an der Kasse bezahlt, dann konnte man sie nach Hause tragen und dort auf dem Rechner installieren.

Hugendubel in der Nürnberger Fußgängerzone ist seit 2011 geschlossen.

KORREKTUR/UPDATE

26.06.2012: Auf diesen Blogbeitrag hin hat mich schon vor einiger Zeit Thalia.at kontaktiert und mir mitgeteilt, dass es in der Tat im Gegensatz zum oben gesagten sehr viel Präsenz von Thalia in den Sozialmedien gibt. Ich werde das jetzt alles sichten und demnächst hier im Blog darüber berichten.

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Nutzt das Urheberrecht den Urhebern?

Alle Reden zur Zeit immer über das Urheberrecht. Krimiautoren beschweren sich, dass durch illegale Downloads im Netz ihre Einkommensquellen beschnitten werden, es ist Aufregung allenthalben.
Aber worum geht es eigentlich? Die, die sich am lautesten beschweren, sind ja gar nicht die Urheber. Es ist die GEMA, es sind große Plattenfirmen oder Hollywood-Filmstudios – also: Verwerter. Denn sie sind es, die in einer industrialisierten Mediengesellschaft die Große Kohle machen. Nicht der Buchautor, der Filmregisseur oder der Musiker verdienen das meiste Geld, sondern Universal Music oder Disney Pictures.
Sie haben auch allen Grund, Angst zu haben. In der neuen Welt des Web 2.0 werden sie nicht mehr gebraucht. Jemand, der einen Film veröffentlichen will, braucht noch ein anderes Werkzeug außer YouTube. Jeder, der ein Buch geschrieben hat, kann es sehr leicht bei Amazon oder als iBook elektronisch veröffentlichen. Und auch das drucken eines Buchs ist nicht mehr das große Problem.
Schäbig ist an dieser Diskussion, die Lobbyvertreter angezettelt habe, dass dieser Umstand vielen Menschen gar nicht bewusst ist. Viele denken, es geht tatsächlich um den armen Dichter, der im Winter die Kohle nicht bezahlen kann, oder den Gitarristen, der sich im Dezember in die Fussgängerzone stellen muss, weil er mit CD’s kein Geld mehr verdienen kann. Aber das stimmt nicht: wenn die Urheber die neuen Möglichkeiten tatsächlich für sich nutzen, dann haben sie sogar mehr Chancen, Geld zu verdienen, als früher. Dafür gibt es schon genügend Beispiele, vor allem in den USA. Auch das wäre ein Grund, die unsägliche Diskussion zu beenden.

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Die zwei Seiten des Urheberrechts

Beschreibung: Edmund Stoiber, Wahlkampfauftrit...

Heute berichtet Spiegel Online über ein Interview mit Edmund Stoiber, in dem dieser warnt: Die meisten deutschen Politiker verwendeten zwar das Internet, verstünden es aber nicht. Gut, wir verkneifen uns jetzt mal die Frage, wie gut es denn der 70jährige Stoiber mutmaßlich versteht (www.vroniplag.de sollte er aber verstehen, da geht es schließlich um seine Tochter – aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls sagt Stoiber am Ende des Interviews, ein Ausverkauf des Urheberrechts müsse auf alle Fälle verhindert werden, sprich: Der urheberrechtliche/gematechnische Status Quo muß erhalten werden. Sprich: Die bösen, bösen Downloader müssen weiterhin verfolgt und bekämpft werden.

Interessant ist, dass ebenfalls heute über golem.de eine Meldung läuft mit der spannenden Aussage einer Vereinigung von Dokumentarfilmern: „ARD und ZDF schaden uns an einem einzigen Tag mehr als sämtliche illegalen Downloads aller Zeiten“.

Schluck.

Was ist da los: Ganz einfach. Offenbar nutzen die öffentlich-rechtlichen Sender ihre im Dokumentarfilm-Bereich quasi monopolistische Marktstellung aus und diktieren den Filmschaffenden Knebelverträge, in denen der jeweilige Autor sämtliche Weiterverwertungs-, Ausschnitt-, Internet- und sonstigen Rechte an die jeweilige Anstalt ohne zusätzliches Honorar abtreten muß.

Dieser Befund entspricht genau dem, was man von Vordenkern aus den USA (etwa Chris Anderson, Jeff Jarvis und Setz Godin) so hört und liest: Die kostenlosen Downloads sind nicht das Problem. Speziell Seth Godin geht ja sogar so weit, für den Buchmarkt die provokante These aufzustellen: „Es wäre doch toll, wenn es Download-Piraten im Bereich der eBooks gäbe – denn das wäre wenigstens ein Zeichen dafür, dass Bücher heute überhaupt noch irgendjemanden interessieren“. Recht hat er.

 

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Buchmarkt: die Chancen der deutschen Autoren

Jeff Jarvis

Das Thema lässt mir keine Ruhe: deshalb habe ich nochmal nachgedacht und möchte ihren drei Beispielen zeigen, wo die Chancen liegen, die sich deutschen Buchautoren durch die neuen Werkzeuge, die iBooks und das Social Web bieten.
Beispiel eins: „Universal Code -Journalismus im digitalen Zeitalter“. Das ist ein teilweise hoch spannendes, teilweise nicht ganz so aufregendes Buch über online Journalismus, gerade neu rausgekommen, 550 Seiten von insgesamt 20 Autoren. Das Gute daran: hier können Autoren mit wenig Aufwand Geld verdienen, indem sie relativ kurze Beiträge veröffentlichen. Sie müssen sich dafür nur zusammentun und miteinander kommunizieren. Ich frage mich manchmal, ob die Dichterstube als alleiniger Ort des Wirkens eines Schriftstellers nicht langsam ausgedient hat. In Zeiten der sozialen Netze können doch tatsächlich auch Schriftsteller ganz leicht miteinander kommunizieren, gemeinsame Projekte entwickeln und, wie im vorliegenden Fall, gemeinsame Publikationen veröffentlichen. Gemeinsam sind sie stärker, gemeinsam finden Sie einen größeren Markt und gemeinsam können Sie so auch zusätzliches Geld verdienen. Für mich absolut wegweisend.
Beispiel zwei: „Die digitale Gesellschaft“ von Markus Beckedahl und Falk Lüke. Dieses Buch ist vor kurzem im dtv Verlag frisch herausgekommen, der Autor Beckedahl ist bekannt unter Blogger nals Autor des „Netzpolitik“-Blogs. Das Buch möchte ich zwar nicht direkt als „Spinoff“ bezeichnen, aber dennoch belohnt es natürlich auf Gedanken und Texten, die zuvor im Blog erschienen sind. Dieses Modell, also eine erste Veröffentlichung im Blog, die natürlich durch die Kommentare der Leser noch mehr Qualität erhält, und danach eine Veröffentlichung auf Papier oder als E-Book, die letztendlich das eigentliche Geld bringt – auch das kann für mich ein sehr gutes Modell für die Zukunft sein.
Beispiel drei: der amerikanische Autor Jeff Jarvis (Bild oben) erzählt in seinem Buch „Public Parts“ eine schöne Geschichte: er habe sich mit dem Kollegen Seth Godin darüber unterhalten, weshalb man heutzutage eigentlich überhaupt noch ein Buch schreiben sollte, man verdiene schließlich kein Geld mehr damit. Godins Antwort ist spannend: er gibt mehr zu bedenken, dass das Buch an sich heute teilweise nur noch eine Werbemaßnahme für den Autor ist. Das Geld wird dann anders verdient, zum Beispiel mit Vorträgen oder mit Beratung. Dieses Modell ist sicherlich eher für Sachbuchautor geeignet als für Leute, die im klassischen Literaturbereich unterwegs sind.
Aber für Letztere ist vielleicht ein anderes Modell brauchbar, das auch von Jeff Jarvis stammt. Es handelt sich hier um die so genannte Sinne, worunter man sich ähnliches vorstellen kann wie früher zu Zeiten der Vinylschallplatte. Also einen kurzen Text, der entweder eine Skizze darstellt für etwas längeres oder auch durchaus für sich alleine stehen kann. Auf dem amerikanischen iBook Markt hat sich diese Form schon sehr gut etabliert. Für ein paar wenige Euro oder Cent kann man hier“Singles“ kaufen und auf dem mobilen Lesegerät nutzen. Im Falle von Jeff Jarvis ist die Single „Gutenberg The Geek“ die eine Ergänzung oder auch eine Variante zu dem großen Buch Public Parts. In der Single finden sich teilweise wortgleiche Passagen wie im Buch, also ist die Produktion sehr effizient. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass die Single, die für sich alleine schon Geld verdient, zusätzlich noch ein Anreiz sein kann, nach der Lektüre auch das richtige Buch zu kaufen.
Ein letzter Punkt noch: nach meinem Eindruck entsteht gerade eine junge Generation von Autoren wie zum Beispiel die Twitterer @vergraemer und @silenttiffy, die zwar teilweise noch zu sehr mit der eigenen Selbststilisierung beschäftigt sind, die aber im Unterschied zu ihrem älteren Kollegen genau wissen, wie man die sozialen Medien als Werbeinstrument einsetzen kann. Bei Ihnen habe ich die starke Hoffnung das sie mithilfe der oben dargestellten Modelle tatsächlich in der Lage sein werden, auch in Zukunft von Ihrer Leidenschaft und ihrer Berufung leben zu können. Verlage brauchen sie dazu allerdings eher nicht mehr.
[vimeo http://www.vimeo.com/23585998 w=400&h=300]

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Buchmarkt: Die Probleme der (deutschen) Autoren

Image of Stephen Fry

Ein sehr lesenswerter Beitrag im Blog von Gesine von Prittwitz hat mich gestern Abend ins Grübeln gebracht. Letzten Endes geht es darin um ein Thema, das Gesine an anderer Stelle schon in einem Interview mit Schriftstellerin Kathrin Passig wunderschön auf den Punkt gebracht hat: Buchautoren hatten schon in der „klassischen“ Verlagswelt en schweres bis prekäres Leben, wenn sie nicht gerade Bestsellerautoren waren. Und nun, da Copyright-Diskussion und Digitalisierung noch dazu kommen, wird es noch schwieriger – und viele Autoren reagieren schlicht mit Angst und irgendwelchen Abwehrschlachten, die vermutlich wenig bis nichts bringen werden.
Der Punkt dabei ist folgender: Der Buchmarkt (derjenige auf Papierbasis) hat doch nur aus einem einzigen Grund funktioniert: Es gab mehr Leser als Bücher. Oder jedenfalls: Mehr Leser als Bestseller. Genau wie die Musik- und die Filmbranche war auch der Buchmarkt genau so lange erfolgreich, wie es die Verlage geschafft haben, einen Mangel (an interessantem Lesestoff) zu schaffen bzw. zu verwalten. Nun aber hat sich das “Buch” (der Inhalt) vom Buch (dem gebundenen Stapel bedruckten Papiers) losgelöst, das Buch wurde digital, die Grenzkosten der Produktion sind genau null, es gibt mehr Lesestoff (und sogar mehr guten) als irgendein Mensch im Laufe seines Lebens nur ansatzweise lesen könnte. Und damit kippt natürlich ein Geschäftsmodell, das a) für seinen geschäftlichen Erfolg auf industrielle Produktionsprozesse angewiesen ist und b) nicht eigentlich die Qualität der Idee oder des Textes eines Autors honoriert, sondern alleine die Höhe des bedruckten Papierstapels, den man erfolgreich an Leser verkaufen konnte. Wo das Papier als Metaphier für Mehrwert wegfällt, da kippt zwangsläufig das alte Modell.
Was mir fehlt, was ich mir wünsche und wo aus meiner Sicht tatsächlich die Zukunft für die Schriftstellerei liegen könnte, ist genau eine Frage. Nämlich die: “Womit, verdammt nochmal, kann ich als Autor mein Leben finanzieren, wenn sich kein Papier mehr zu Geld machen läßt”.
Und da gäbe es doch Möglichkeiten! Ich nenne mal nur “Kickstarter”, jene Crowdfunding-Plattform, die derzeit alleine für Berlin nicht weniger als 43 Projekte listet, darunter etliche aus dem Kunst- und Kulturbereich. Wenn jemand eine gute Idee für einen Roman hat, wenn er oder sie (noch besser) vielleicht schon mal ein paar spannende Zeilen geschrieben hat – warum soll er oder sie sich das “Werk” dann nicht von den Lesern vorfinanzieren lassen?
Oder so: Warum soll nicht kostenpflichtiges Lesegut aus einem Blog entstehen? In Deutschland haben das in letzter Zeit nicht nur Johnny Häusler mit seinem “Spreeblick” und Richard Gutjahr mit “G!” vorgemacht.
Oder so: Warum soll nicht ein Buch auch mal der reinen Textform entwachsen? Warum kann ich als Autor nicht darüber nachdenken, ob interaktivere, multimedialere Formen, wie ich sie heute etwa mittels “iBooks Author” sogar kostenfrei selbst herstellen kann – warum soll sowas nicht zu verkaufen sein? “Our Choice” von Al Gore oder “myFry” von Stephen Fry sind hier längst nicht die einzigen, wenn auch vielleicht die besten Beispiele. Dass man auch mit einfachen Mitteln etwas erreichen kann, zeigte im vergangenen Jahr mein Kollege Matthias J. Lange mit seinem Buch zu einem Thema, das auf den ersten Blick nicht so wirklich auf der Hand liegt: „Social Media für Friseure“. Matthias hat hier mit viel Engagement und Eigeninitiative eine Marktlücke besetzt – und das durchaus erfolgreich.
Und weshalb soll ich als Autor nicht darüber nachdenken, neben der “normalen” Version meines Buches auch noch “Premium-Varianten” anzubieten – mit einem von mir selbst eingesprochenen Audio-Kommentar, mit Original-Unterschrift, mit Goldschnitt, etc. pp. (siehe nur beispielsweise “Designing Obama”, mit dem Autor Scott Thomas genau das sehr erfolgreich praktiziert hat).
Also: Ich finde, es gäbe wirklich sehr viel besseres zu tun, als nur zu jammern (wobei: Disclaimer! Ich kann das Jammern verstehen!). Ich würde mir – auch in meiner Eigenschaft als Literaturwissenschaftler – wirklich sehr wünschen!

(noch ein Disclaimer: Im Auftrag meines Arbeitgebers habe ich selbst im vergangenen Jahr ein eBook bei Amazon „gemacht“ – Rohmaterial war eine Artikelserie in der Print-Version der Nürnberger Zeitung.)

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