Social Media: Du sollst nicht lügen?

Moses with the tablets of the Ten Commandments...

Erstmal: Das oben zitierte Achte Gebot gibt es so ja gar nicht. In Wahrheit geht es so:

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Daraus könnte man jetzt schließen: Nicht einmal der liebe Gott hat das Lügen so ganz generell verboten, es geht vielmehr „nur“ um: „wider deinen Nächsten“.

Das hat für unser heutiges Thema zwei Konsequenzen:

Erstens ist es ja so, dass Facebook und Co. immer mehr Daten über ihre User sammeln und mit diesen Daten immer mehr potenziell gefährliche/böse Dinge tun. Gleichzeitig werden in immer mehr Webformularen immer mehr Datenfelder zu Pflichtangaben – ob das nun dem deutschen Datenschutzrecht gefällt oder nicht. Da ist Lügen ja vielleicht eine sinnvolle Option.

Zweitens, siehe oben: Man darf nur seinem Nächsten gegenüber nicht lügen (lt. Gott), aber Facebook ist ja wohl kaum mein „Nächster“. Eher im Gegenteil.

Es gibt in der Tat mittlerweile viele Tools, die das Lügen erleichtern: Ein digitaler Radiergummi löscht ältere Einträge in sozialen Netzwerken, ein deutscher Verein gibt ganz offen einen „Lichtbildausweis“ heraus, von dem sich amerikanische Webseitenbetreiber offenbar ganz gut foppen lassen. Und diverse Mailprovider bieten anonyme Mailadressen zum Wegwerfen an.

Blöd ist für mich nur: Die ganze Lügerei macht Arbeit – ein Phänomen, das ja übrigens auch im richtigen Leben zu beobachten ist. Man schaue sich nur mal im Bekanntenkreis um, ob da irgendjemand gerade fremdgeht, und befrage diese, wieviel Aufwand das kreative Wahrheitsdesign macht.

Und: Leider sind viele Funktionen im Social Web erst so richtig schick, wenn man ECHTE Angaben macht. Also, wenn ich bei Facebook etwa fälschlicherweise angebe, ich sei in meiner Freizeit Reiter, kriege ich dauernd doofe Werbung für Sättel und Zaumzeug. Wenn ich dagegen meine echten Hobbies angebe, kriege ich (immerhin) relevante Werbung.

Letztendlich ist es hier vielleicht auch nicht anders als sonst in der Realität: Ein bißchen Lügen schadet nicht – aber mehr ist schlicht zu aufwändig.

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