Das Ende des Brockhaus

Heute kam die Meldung über golem.de: Es gibt keinen gedruckten „Brockhaus“ mehr. Nachdem der Verlag die Druckerpresse schon im letzten Jahr endgültig angehalten hatte, sind jetzt auch die Lagerbestände aufgebraucht. Hinfort kann man den Brockhaus zwar noch digital abrufen (wenn auch kostenpflichtig). Die spannende Frage lautet jedoch, wie lange der Verlag zu seiner Aussage stehen wird, die Inhalte weiterhin durch Experten pflege zu lassen.

Damit endet mit der 21. Ausgabe des Brockhaus nichts weniger als eine Ära. Jene Ära nämlich, in der durch das Aufkommen der zunächst „Konversationslexikon“ genannten Nachschlagewerke das Faktenwissen der Menschheit erstmals (zumindest innerhalb gewisser Grenzen) demokratisiert wurde. Nun war das Wissen nicht mehr davon abhängig, welche Schule man besucht hatte, sondern nur noch davon, dass man genügend Geld hatte, sich den Brockhaus oder ein ähnliches Werk kaufen zu können.

Es endet aber auch ein extrem lukratives Geschäftsmodell. Denn die noblen Bände mit ihrem Goldschnitt und Ledereinband (ich habe selbst noch so ein Exemplar) waren viele Jahre lang ein „Muß“ in jeder gutbürgerlichen Wohnstube. Doch diese Zeiten sind vorbei – ersatzlos.

Denn heutzutage informiert sich die Welt bei Wikipedia. Kostenlos, wesentlich aktueller als früher, und außerdem wesentlich umfangreicher. Längst haben viele Studien gezeigt, dass die Informationen hier nicht unbedingt schlechter sind, die Fehlerrate in relativen Zahlen sogar wesentlich geringer als in gedruckten Lexika.

Das Ableben der letzten Alternative erhöht aber auch die Bedeutung von Wikipedia – und sollte uns allen ein Signal sein. Denn eine Informationsquelle, die dermaßen einzigartig ist, sollte uns allen vielleicht etwas wichtiger sein. Will heißen: Vielleicht sollten wir stärker als bisher darüber nachdenken, die chronisch klamme Wikipedia-Stiftung hin und wieder mit einer kleinen Spende zu unterstützen. Ganz sicher aber sollten wir uns mehr darum kümmern, wer eigentlich die Artikel in der Wikipedia schreibt und wie hier die Zens… Verzeihung: Redaktions-Richtlinien sind, d.h. wer letztlich bestimmt, was wie in der Wikipedia steht und was nicht. Nicht zuletzt unsere Kinder brauchen langfristig eine Informationsquelle, auf die man sich genauso verlassen kann wie früher auf den Brockhaus.

Weiterlesen

Google Knol – hat uns das noch gefehlt?

Man kennt ja mittlerweile dank Chris Anderson hinlänglich die Mechanik hinter Wikipedia. Stichwort: Intelligenz der Masse, also Selbstkorrektur von Fehlern bei hinreichend großer Anzahl von „Mitschreibern“.

Das konnte sich Google natürlich nicht gefallen lassen, dass hier massenweise Content entsteht, auf dem man nicht den Daumen draufhat.

Also gibt es jetzt seit ca. einem Monat das Gegenmodell: Google Knol. Dahinter steckt tatsächlich ein Gegenmodell. Hier kann nämlich immer nur ein Autor an einem Artikel arbeiten. Die anderen können höchstens kommentieren und bewerten (es gibt Sternchen von eins bis fünf).

„Knol“ (der Begriff steht übrigens für „A Unit of Knowledge“) hat sich in den ersten vier Wochen seiner Existenz zu einem relativ staubtrockenen Paradies für Hypochonder entwickelt. Das subjektiv am meisten behandelte Thema sind Krankheiten aller Art. Dies (soweit ich das beurteilen kann) durchaus kompetent, denn die meisten Artikel stammen offenbar von Ärzten.

Doch das hat zwei Nachteile.

  1. Dadurch, dass es je Artikel nur einen Autor gibt, erfährt man als Leser auch nur eine Sichtweise. Da scheint mir das Team-Modell von Wikipedia doch viel besser zu sein.
  2. Die Knol-Aritkel neigen (derzeit) dazu, sehr akademisch und umfassend, aber dafür nicht sehr allgemeinverständlich zu sein. Also eher von Fachleuten für Fachleute.

Für mich ein weiterer großer Nachteil: Ausgerechnet die Suchfunktion, die bei Google ja eigentlich die größte Stärke sein sollte, funktioniert offenbar noch nicht so richtig. So ergab eine Suche bei Knol nach dem Begriff „Windows“  folgende Top-Treffer: 1. ein Artikel über Autos (???), 2. ein Artikel über Evidenz-basierte Medizin, 3. ein Aufsatz über Parmakologische Stress-Tests und 4. eine Abhandlung über „Safe Sex“. Tja.

Aber dennoch: In manchen Punkten ist Knol heute schon besser als Wikipedia – aber halt hauptsächlich bei eher speziellen Fachthemen.

So ergab eine Suche nach dem Begriff „Chatterbot“ bei Knol einen sehr fundierten Artikel zu diesem Fachbereich der künstlichen Intelligenz, der mehrere Seiten lang und sehr umfassend war. Bei Wikipedia dagegen stand zwar das Nötigste zu dem Thema, aber mehr halt auch nicht.

Ob Google tatsächlich beabsichtigt, mit Knol nur ein Nischen-Publikum zu erreichen – das ist die große Frage.

Weiterlesen