Apple WWDC: Der Krieg der Öko-Systeme

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Die WWDC von Apple hat diese Woche gezeigt, wo der Weg der Computer-Welt in Zukunft (und zwar schon in allernächster Zukunft) hingehen wird.

Die zahlreichen Neuerungen, die Apple-Chef Tim Cook und Software-Chef Craig Federighi vorgestellt haben, weisen alle in dieselbe Richtung: Die verschiedenen Apple-Geräte, die ein Mensch so hat (zum Beispiel ein Mac oder Macbook, ein iPad und ein iPhone) sollen noch enger, noch nahtloser, noch komfortabler zusammenarbeiten. Die Veränderungen an iCloud, das nun auch als universelles „Datengrab“ dienen kann, die hübschen Gimmicks, dass man zum Beispiel eine Mail auf dem Mac beginnen kann, und eine Sekunde später auf dem iPhone nahtlos weiterschreiben: Das alles ist erstmal toll.

Man muß aber auch sehen, welche Folgen es hat: Man ist als User immer stärker in der Apple-Welt gefangen. Die Handschellen sind zwar aus rosa Plüsch, aber es sind Handschellen. Denn erstens funktionieren all die schönen Funktionen natürlich nur in der Apple-Welt und nicht etwa mit Windows- oder Android-Geräten. Man ist also letztlich gezwungen, alle seine digitalen Endgeräte bei Apple zu kaufen (und nur am Rande: Das Ganze setzt sich im Home-Entertainment mit Sachen wie Airplay oder Apple TV noch weiter fort… und in diesem Bereich scheint Apple ja auch einiges zu planen, das sicherlich auch noch stärker in diese Richtung gehen wird.).

Zweitens ist Apple ja nicht das einzige Unternehmen, das im Moment die Plüsch-Handschellen ausgepackt hat. Mindestens Google macht es genauso – und Amazon versucht es im Rahmen seiner noch etwas beschränkten Möglichkeiten.

Dafür nur ein Beispiel: Appple hat trimmt seine Produktivitäts-Software, die unter dem Namen „iWork“ läuft und die Programme Pages, Numbers und Keynote enthält, immer mehr in Richtung Cloud. Schon seit der vorletzten Version kann man seine Dokumente mit der Cloud synchronisieren und sie z. B. auch über den Browser abrufen. Und: Die ehemals kostenpflichtigen Anwendungen gibt es jetzt bei neuen Geräten einfach so kostenlos dazu. Und das natürlich sowohl auf dem klassischen Rechner als auch auf iPhone und iPad. Aber wenn man es mal etwas böse formuliert, dann ist das ganze Unterfangen wenig mehr als die Reaktion auf das, was Google schon seit Jahren mit seinen „Docs“ (vor einiger Zeit umbenannt in „Drive“) macht. Nur ist der Google-Ansatz zumindest derzeit noch ein stück weiter offen. Denn die Google-Dokumente bearbeitet man plattformübergreifend im Browser, und Apps gibt es sowohl für Android als auch für iOS. Dennoch sind auch bei Google Tendenzen erkennbar, das eigene Öko-System noch weiter abzuschotten, etwa dadurch, dass bestimmte Funktionen in Drive nur (oder zumindest am besten) mit Googles eigenem Browser Google Chrome funktionieren.

Letztlich, denke ich, wird es kurz- und  mittelfristig auf einen Krieg der Ökosysteme hinauslaufen, da letztlich alle der großen drei (oder vier, wenn man Amazon noch dazurechnet), nämlich Microsoft, Apple und Google, mehr oder weniger die gleichen Leistungen fürs gleiche Geld anbeiten – allerdings jeweils mit einem hohen Jägerzaun drumrum, der den Austausch zwischen den Systemen zumindest stark erschwert.

Der Dumme is bei der ganzen Angelegenheit der Kunden, und zwar gleich zweifach. Zum Einen ist es ja so, dass jedes der verschiedenen Systeme seine ganz speziellen Vorteile hat. So ist etwa Google Drive supereinfach zu bedienen, hat (lgosich!) eine extrem tolle Suche eingebaut und funktioniert auch über eine nicht ganz so schnelle Internet-Anbindung. Dafür sind die Apple-Dokumente optisch wesentlich hübscher, und gegen das extrem ausgereifte iTunes-Ökosystem hat Google auch nicht so richtig etwas entgegenzusetzen. Aus (jedenfalls meiner) User-Sicht wäre also ein Mix aus den verschiedenen Plattformen das Optimale. Aber das geht ja leider immer weniger.

Zum zweiten aber habe ich meine Daten in der Regel bei einem der Anbieter in dessen Cloud gespeichert. Es macht ja keinen Sinn, etwa jedes zweite Textdokument bei Apple und den Rest verteilt auf Google und Microsoft zu speichern. Es hat also EIN Anbieter ALLE meine Daten. Zu schweigen von der Frage, ob ich das möchte: Es wird schon spannend werden, im Zweifelsfall die Daten alle aus diesem Gefängnis wieder zu befreien.

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EBooks und Tablets: offene gegen geschlossene Systeme

Heute habe ich – mit etwas Verspätung – die wirklich gute Steve-Jobs-Biografie von Walter Isaacson gelesen.

Einer der spannendsten Punkte darin, der im Läufe des Buchs immer wieder auftaucht, ist der Zweikampf zwischen Apple und Microsoft. Es ist dies ja, schon seit den 80er Jahren, nicht „nur“ der Kampf zweier Firmen, sondern vor allem der Kampf zweier Systeme.
Hie Microsoft mit seinem  Kernprodukt Windows, das den Siegeszug des PCs vor allem dadurch ermöglicht hat, dass jeder Hardware-Hersteller, der das wollte, Windows für sich lizensieren konnte. Dort Apple, das seit den Zeiten des Mac Classic auf eine untrennbare Verschmelzung von Hard- und Software setzte.

Die Vor- und Nachteile sind klar: Das Microsoft-Modell bringt potenziell mehr Marktanteil, während das Apple-Modell tendenziell ein besseres Produkt, aber auch höhere Gewinnspannen ermöglicht – weil eben alles aus einer Hand kommt und folglich derjenige, der sein iPad wirklich ausreizen will, zur Ergänzung eigentlich auch einen Mac braucht und keinen PC.
Wenn man so will, dann steht die gesamte Internet- und Computerbranche derzeit indessen Kampf offener gegen geschlossene Systeme.

  • Telefone: iPhone (geschlossen) gegen Android (offen)
  • PCs: Apple (geschlossen) gegen Windows (ein bisschen offen) und Linux (sehr offen)
  • Tablets: iPad (geschlossen) gegen Windows und Android
  • E-Books: Amazon Kindle (geschlossen) gegen iBooks (auch geschlossen) und ePub (offen)

Die Erfolgsgeschichte von Apple scheint nahe zu legen, dass geschlossene Systeme einen Vorteil haben. Andererseits holt gerade Android (jedenfalls bei Mobiltelefonen) als offenes System ziemlich auf. Wiederum andererseits spielen offene Systeme wie ePub im noch sehr jungen Markt der digitalen Bücher fast keine Rolle; der Markt wird mit Amazons Kindle und Apples iBooks von zwei geschlossenen Systemen dominiert.

Vielleicht gibt es auf der Welt ja auch Platz für beides. Denn geschlossene Systeme haben noch einen ganz anderen Nachteil: Sie neigen dazu, böse zu sein.

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