Die Paywall der Rhein-Zeitung: Ohne Phantasie

rheinzeitungSeit gestern ist es soweit: Die Koblenzer  „Rhein-Zeitung“, einer der Internet-Pioniere in der Branche, hat jetzt eine Paywall.

Genau gesagt: eine Paywall mit Löchern drin. Denn 10 Artikel darf weiterhin jeder pro Monat kostenlos lesen, auch die so genannten „Mantel-Inhalte“, also alles Überregionale, bleiben frei zugänglich, ebenso alles, was bei Facebook oder Twitter gepostet wird. Im Endeffekt steht die Mauer also nur vor den lokalen Inhalten. Das ist, wenn man es genau betrachtet, fast genau das gleiche Modell, wie es auch die „New York Times“ gewählt hat. Auch dort ist nach 10 Artikeln erstmal Schluß.

Dieses Modell hat aus meiner Sicht zwei ganz klare Sollbruchstellen.

  1. Wer sagt, dass der elfte Artikel, den ich gerne lesen möchte, ausgerechnet so hammermässig spannend ist, dass ich für genau diesen Artikel über die „Paywall“ springe? In der aktuellen Online-Ausgabe der Rheinzeitung sind im Lokalteil unter anderem auch Themen wie „Foto-Freunde präsentieren Kräuter-Impressionen im Stöffel-Park“ (???) im kostenpflichtigen Bereich. Sowas lese ich vielleicht im Vorbeigehen, wenn ich gerade nichts besseres zu tun habe – aber zum Portemonnaie greife ich hier nicht. Bei anderen Geschichten – wie etwa der Seilbahn in Koblenz oder der Sache mit Amazon und den Tarifverträgen für die Mitarbeiter vielleicht schon eher. Ich frage mich deshalb, ob nich ein Paywall-Modell besser wäre, das auf irgendeine Weise den „Nachrichtenwert“ (ich weiß schon, den kann man nicht objektiv messen) einer Geschichte berücksichtigt.
  2. Die Struktur einer deutschen Regionalzeitung ist grundlegend anders als die eines Weltblattes wie der „New York Times“. Zum Beispiel hängt das Geschäft eines regionalen Verlages immer in hohem Maße (print wie online) an den Anzeigenrubriken. Die aber kann man online gar nicht absperren, weil es in allen klassischen Rubriken (mit Ausnahme der Todesanzeigen) viel, auch viel kostenlose, Online-Konkurrenz gibt. In einem weiteren wichtigen Feld, dem lokalen Sport, verhält es sich genauso. Ich frage mich deshalb, ob eine so löchrige, so „kleine“ Paywall wie die in Koblenz nicht doch eher symbolischen Charakter hat. Ein richtig schlaues, richtig neues Modell kann ich jedenfalls nicht darin erkennen.

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Die Paywall bei der „Bild“: Ich versteh´ sie nicht

Groß war sie angekündigt worden: Die so genannte „Paywall“ bei der elektronischen Variante der Bild-Zeitung: Seit 11. Juni muß man nun für einige Inhalte der Homepage Geld bezahlen. Die Abomodelle reichen dabei von 99 Cent (im Testzeitraum, später 1,99) im Monat bis zu über zehn Euro für das Komplettpaket inklusive Bundesliga.

Allein: Ich verstehe das Ganze nicht.

Um die Reichweite (und damit die Werbe-Erlöse, die sich aus den Klickzahlen auf die Seiten speisen) nicht zu gefährden, ist weiterhin das meiste kostenlos zu lesen – unter anderem auch das berühmte „Bild-Mädchen“. Bei meinem Test war beispielsweise die gesamte Berichterstattung über die „Jahrhundert-Flut“ frei zugänglich. Ein Bericht über den Aleppo-Besuch des Schauspielers Jan Josef Liefers (der „Professor Börne“ aus dem Tatort) jedoch nicht. Ein kurzer Gegen-Check bei Google ergab: Auch der Link von dort auf den „Bild“-Bericht ist gesperrt (das ist anders als etwa bei der New York Times, wo Links von Google und aus sozialen Netzwerken grundsätzlich immer offen sind). Allerdings: Eine einfache Google Suche nach den Begriffen „Liefers Aleppo“ ergabe zahlreiche weitere Berichtet zum Thema, etwa vom Kölner Stadtanzeiger, die natürlich frei zugänglich waren.

Damit komme ich nicht umhin, eine ähnliche Schlußfolgerung zu ziehen wie vergangene Woche schon Thomas Knüwer auf dem Blog „Indiskretion Ehrensache“: Das Ganze scheint mir zum jetzigen Zeitpunkt (noch) relativ unausgegoren. Es macht keinen Sinn, Inhalte zu sperren, die ich genauso oder ähnlich über eine einfache Google-Suche woanders finden kann. Und Inhalte, die ich nicht so leicht woanders finden kann, sehe ich bis dato auf Bild.de allenfalls aus dem Ressort „Das Reich der Seltsamkeiten“: Für die Geschichte zum Thema „Was Sie tun müssen, um 100 Jahre alt zu werden“ würde ich nicht mal 99 Cent zahlen – darüber schlapp lachen kann ich mich auch so.

Die Tragik an der Geschichte mit der „Bild+“ genannten Bezahlschranke: Es wird ein an sich aus Sicht der Verlage absolut wichtiges Unterfangen, nämlich die Refinanzierung der Inhalte über direkte (also nicht Werbe-) Erlöse zu verbessern, deutlich zurückgeworfen. Wenn die Verantwortlichen nicht schnell nachbessern, werden sich andere Verlage an das Thema mit Sicherheit noch weniger herantrauen als bis dato.

(Disclaimer: Ich bin bei einem deutschen Regionalzeitungsverlag angestellt. Die hier geäußerte Meinung ist jedoch meine private und nicht die meines Arbeitgebers)

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Tesla – New York Times: 1:1

Tesla Grand Opening in Menlo Park - Tesla Chai...

Eine Geschichte wie diese wäre noch vor 10 Jahren praktisch unmöglich gewesen: Da schreibt ein Journalist der hoch angesehenen New York Times einen Bericht über das Elektro-Auto Tesla „Model S“. Sein Fazit: Bei kälteren Temperaturen leere sich der Akku des Gefährts praktisch über Nacht, das Laden dauere stundenlang und außerdem komme man mit dem Auto nicht so weit, wie es die Bordelektronik anzeigt. Das Ganze gipfelt in einem Bild des Tesla auf dem Abschleppwagen, weil unterwegs der Akku schlappgemacht habe.

So weit, so schlecht. Normalerweise hätte die Geschichte hier geendet. Tesla (und deren berühmt-berüchtigter Chef Elon Musk, im Bild oben) hätten jetzt bei der „Times“ anrufen können, etwaige Anzeigenaufträge stornieren und vielleicht einen Leserbrief schreiben können. Interessiert hätte das aber wohl kaum jemanden.

Doch wir leben im Jahre 2013, und da sind Firmen längst nicht mehr so wehrlos gegen mißliebige Medienberichte wie früher. Also griff Musk höchstselbst in die Tasten und schilderte fürs firmeneigene Blog unter dem Titel „A most peculiar test drive“ („eine höchst seltsame Testfahrt“) seine (Teslas) Sicht der Dinge: Man habe sämtliche Fahrzeugdaten während der gesamten Testfahrt des Reporters mitgeloggt, verrät er den erstaunten Lesern.

So könne man etwa nachweisen, dass der Reporter viel schneller (und damit verbrauchsintensiver) gefahren sei, als er es in seinem Artikel geschrieben hatte. Außerdem habe er den Akku zu kurz geladen und sei wieder losgefahren, obwohl die Reichweiten-Anzeige ganz klar gezeigt hätte, dass für die geplante Strecke zu wenig Strom im Akku war. Das Ganze gipfelt in der Behauptung (und der Abbildung einer Grafik zum „Beweis“), der Reporter sei sogar eine halbe Stunde lang auf einem Parkplatz im Kreis gefahren, um mutwillig den Akku zu leeren. Das sind wahrhaft deftige Vorwürfe, die jeden ehrbaren Journalisten auf der Welt schwer ins Grübeln bringen müssen und die eine fristlose Kündigung wert wären, wenn sie denn stimmten.

Aber die Geschichte geht noch weiter: Jetzt hat sich auch der Times-Journalist zu Wort gemeldet – ebenfalls in einem Blogeintrag. Und, o Wunder, natürlich hat er für alle Musk-Vorwürfe absolut einleuchtende Erklärungen.

Wir lernen hier zweierlei:

  1. Es herrscht Waffengleichheit zwischen den „ehemaligen Massenmedien“ und den Firmen, über die sie berichten (bei Privatleuten ist das noch nicht so, jedenfalls nicht in Deutschland). Die ehemaligen Massenmedien müssen sich darauf einstellen, dass ihre Berichte nicht länger unwidersprochen bleiben und sie nicht länger zwangsläufig am längeren Hebel sitzen. Im Besten Falle heißt das nichts anderes als: Sie müssen noch mehr darauf achten, ihren Job ordentlich zu machen.

  2. Die Waffengleichheit führt dazu, dass ausgebildete Journalisten, die (zumindest sollte das so sein) ihren Job gelernt haben und einen gewissen Ehrenkodex befolgen, auf absoluter Augenhöhe sprechen mit Leuten, auf die beides nicht zwingend zutrifft. Unabhängig davon, wer im vorliegenden Falle recht hat: Diese Konstellation führt im Zweifel dazu, dass das geneigte Publikum noch weniger Chancen hat als vorher, zwischen wahr und falsch zu unterscheiden. Und das ist gefährlich.

 

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Warum die NYT-Paywall die falschen Löcher hat

Image representing New York Times as depicted ...

„Leaky Paywall“ – das ist das Schlagwort, mit dem die New York Times in der Verlagsbranche weltweit Furore gemacht hat: Inhalte aus der Zeitung sind im Internet kostenpflichtig – außer, sie werden über Soziale Netzwerke geteilt oder sonstwie verlinkt.

Deutsche Verlage wie etwa Springer sind gerade dabei, das Modell zu kopieren. Dabei hat es eine tödliche Schwäche.

Sicher: „Digitale Immigranten“ aus der Zeitungsleser-Generation 60+ werden vielleicht dazu zu bewegen sein, für Online-Inhalte genauso zu bezahlen, wie das bei Apps mittlerweile Usus ist. Es mag auch sein, dass sich hier kurzfristig einige Abos generieren lassen und in den Vertriebsabteilungen Hoffnung keimen wird.

Das Problem ist nur: Die „Digital Natives“ unter 40 nutzen Medien ganz anders. Sie suchen nicht nach Nachrichten, sie lesen keine Zeitung, weder in Print noch online. Sie warten, um das berühmte Zitat von Chris Anderson zu paraphrasieren, „dass die Nachrichten zu mir kommt“. Sprich: Ihr einziger Zugang zu News sind genau die Feeds auf den Social Media.

Diese Menschen nutzen Nachrichten nur dann, wenn sie im Facebook-Newsfeed oder der Twitter-Timeline angeteasert werden. Aber genau diese Teaser zeigen ja auf die Löcher in der Paywall, wer hier klickt, zahlt nach den Modellen der New York Times und ihrer Epigonen genau – nichts. Warum Verlage wie die „Times“ damit ihre Inhalte der strategisch wichtigsten Zielgruppe – nämlich der Zielgruppe der Zukunft – weiterhin schenken? Ich weiß es nicht.

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Disclaimer: Ich bin bei einem Zeitungsverlag angestellt. Die hier geäußerten Ansichten sind jedoch meine private Meinung und nicht die meines Arbeitgebers.

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Das wahre Problem der Paywalls bei Online-Zeitungen

Deutsch: Dr. Mathias Döpfner
Deutsch: Dr. Mathias Döpfner (Photo credit: Wikipedia)

Jüngst hat Springer-Chef Mathias Döpfner angekündigt, sein Haus denke ganz konkret darüber nach, bei den Online-Ausgaben der Springer-Medien eine Bezahlschranke nach dem Vorbild der „New York Times“ einzuführen. Dort kann man eine bestimmte Anzahl von Artikeln pro Monat kostenfrei lesen, bevor man sich dann entweder als Abonnent einloggen oder eben bezahlen muß.

Döpfner ist mit seinen Gedanken nicht alleine, sondern schwimmt in diesem Punkt eher im Mainstream.

Es gibt dabei allerdings ein Problem, das gerne übersehen wird. Der Journalismus der New York Times ist nämlich ein ganz anderer als derjenige einer typischen Regionalzeitung – und auch ein anderer als derjenige der BILD.

Große, nationale oder sogar übernationale Zeitungen wie die NYT haben einen sehr hohen Anteil an eigenrecherchierten Beiträgen, vulgo also exklusive Inhalte. Und wenn ich einen bestimmten Inhalt nur dort bekomme, dann bin ich vielleicht auch motiviert, zu bezahlen – allerdings: nur dann.

Wenn aber die journalistische Leistung eines Mediums nur darin besteht, eine Pressemitteilung abzutippen oder den Ausführungen irgendeines wichtigen Menschen angelegentlich einer Pressekonferenz gelauscht zu haben – dann brauche ich das entweder überhaupt nicht, oder ich bekomme es im Zweifelsfall auch anderswo, und zwar umsonst.

Viele Leute in den Medien haben noch nicht begriffen, dass der Bürgermeister heute keine Pressekonferenzen mehr braucht: Es gibt ja Twitter, Facebook und die eigene Homepage der Stadt. Als vor einiger Zeit die Berliner Hauptstadt-Journaille feststellen mußte, dass Regierungssprecher Seibert die Termine und Aussagen der Kanzlerin einfach direkt via Twitter ans Volk sandte (Seibert hat dort derzeit knapp 80.000 „Follower“), regte sich ein kurzer, aber völlig folgenloser Aufstand. Seibert twittert selbstverständlich weiter.

Alles in allem also: Die schöne Idee mit den Bezahlschranken wird nur dann funktionieren, wenn sich der Journalismus ändert. Und zwar so, wie es die neue Medienwelt gebietet: Weniger nachplappern von bereits Bekanntem, weniger Terminjournalismus, mehr Eigenrecherche, mehr eigene Themen, mehr Konzentration auf das wesentliche.

Das wird schwierig.

(Disclaimer: Ich bin bei einem regionalen Zeitungsverlag angestellt, dieser Beitrag gibt aber ausschließlich meine private Meinung wider.)

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Jeff Jarvis: Wenn die Bezahlschranke auf dem Kopf steht

Jeff Jarvis wieder mal. Der bekennende Google-Fan, Buchautor („What would Google do?“, „Public Parts“) und Journalismus-Dozent hatte jüngst eine Idee, die er auf seinem Blog „Buzzmachine“ veröffentlicht hat.

Die Idee bezieht sich auf die „weiche Bezahlschranke“, wie sie die New York Times und andere Medientitel eingeführt hatten. Das Modell heißt ja vereinfacht in etwa: Lies eine Anzahl von x Artikeln umsonst (oder folge einem Link auf Twitter und Facebook und lies den verlinkten Content for free), aber bezahle ab einer Anzahl von x+1 Artikeln eine monatliche Gebühr. Mit diesem Modell hat die NYT nach eigenen Angaben über 300.000 neue Abonnenten gewonnen.

Jarvis sagt nun sinngemäß: Was wür ein Quatsch. Durch das Modell werden seiner Meinung nach „Freibiergesichter“ belohnt, die nur mal schnell ein paar Artikel lesen wollen. Ernsthafte Nutzer und „Fans“ der Times aber werden bestraft: Sie müssen ja zahlen.

Jarvis´ These ist so einfach wie bestechend: Warum dreht man das ganze Modell nicht einfach um? Das heißt also: Vom ersten Artikel an kostet die Nutzung der NYT Geld, etwa in Form einer artikelbezogenen Gebühr oder einer Art „Deposit“, die man einmal einzahlt und dann nach und nach „abarbeitet“. Auf diese Art wäre ausgeschlossen, dass Heavy User die Schnorrer subventionieren müssen. Aber es geht noch weiter. Jarvis schlägt vor, dass ein User immer dann eine Art „Credit“ bekommt, wenn er einen Mehrwert für die NYT schafft. Also: Schaut jemand einen Werbebanner an: Credit. Klickt er auf den Banner: Credit. Teilt oder Favt oder Liked er einen Inhalt des Verlages auf Sozialmedien: Credit.

Auf diese Weise könnte das Angebot für den User am Ende doch wieder kostenlos werden – allerdings im Rahmen einer ganz klaren Win-Win-Situation, denn der Leser hätte ja dann für den Verlag einen echten geldwerten Vorteil erzeugt.

Ich sage: Eine wirklich tolle Idee, die man weiter verfolgen sollte.

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Buchverleger? Braucht man nicht (sagt Amazon).

Heute war in der New York Times ein interessanter Artikel (danke an @mmeckel für den Hinweis!) darüber, wie Amazon sich in den USA gerade ein neues Geschäftsfeld erschließt: Das Unternehmen wirbt gezielt Bestsellerautoren von ihren Verlagen ab und beginnt selbst, Bücher zu verlegen. Dafür hat sich der Konzern schon im Frühjahr den ehemaligen Random House-Manager Laurence Kirshbaum geholt, der das Geschäft nun aufbauen soll.

Auf der anderen Seite gibt es Fälle, in denen Verlage ihre Autoren auf gut deutsch gesagt rausschmeißen, wenn die anfangen, bei Amazon selbst Bücher herauszugeben, z. B. für den Kindle. Prominentestes Beispiel dafür ist die hawaiianische Schriftstellerin Kiana Davenport (Bild), die es gewagt hat, bei Amazon eine Sammlung alter Kurzgeschichten herauszugeben. Damit war der Vertrag mit ihrem Verlag und ebenso der Vorschuß für ihr kommendes Buch futsch.

Offensichtlich liegen also vor allem auf der Verlegerseite die Nerven blank. Klar: Dort hat man in der Vergangenheit oft für sehr wenig Leistung von den Autoren sehr hohe Erlösanteile genommen. Inwieweit die Verlage tatsächlich die Funktion erfüllt haben, aktiv nach neuen Talenten zu suchen und auch mal ins Risiko zu gehen, um der Welt neue Literatur zu schenken – darüber kann man trefflich streiten.

Nicht zuletzt zeigen auch Initiativen wie das „Domino Project“ von Seth Godin (übrigens zufälligerweise „powered by Amazon“…), dass die Tage des traditionellen Buchverlagswesens gezählt sind: Spätestens, seit wirklich jeder Depp (sogar ich) per Upload einer simplen Word-Datei bei Amazon ein E-Book für den Kindle mit nur wenigen Mausklicks publizieren kann, stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung von Verlagen schon sehr ernsthaft. Gut, OK: Autoren müssen von irgendwas leben, während sie die Bücher schreiben, von deren Honoraren sie dann nach der Publikation zehren können. Aber das kriegt man auch irgendwie anders hin. Und das Thema „Marketing“ hat sich in Zeiten des Social Web auch weitgehend erledigt – jedenfalls, soweit es große Etats betrifft. Es gibt heute tatsächlich eine reelle Chance, auch ohne großen Apparat bekannt zu werden und Geld zu verdienen. Und die klassischen Produktionskosten gehören in den Zeiten der E-Books ja ohnehin der Vergangenheit an.

Was nun stattfindet, sind Abwehrkämpfe seitens der Buchverleger, die im Grund erkennen müssten, dass ihr Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert bzw. nicht mehr vorhanden ist – und sich ein Neues suchen müssten. Da ist es natürlich einfacher, weiterhin das mindestens scheintote Papierpferd zu reiten und eifersüchtig darüber zu wachen, dass nur ja niemand diesem Pferd ein Bein stellt. Aber auch ohne gestellte Beine wird man auf einem scheintoten Pferd nicht mehr allzuweit reiten können. Mich erstaunt dabei nur, dass nicht endlich jemand aus dem lernt, was man in der Musik- und Filmindustrie schon gesehen hat. Nämlich: Die Zeiten der Schallplatten, DVDs und Papierbücher sind vorbei.

Der Konflikt spielt sich also in Wahrheit nicht ab zwischen Kindle und den Buchverlegern, er spielt sich ab zwischen Vergangenheit und Zukunft, oder, schlimmer noch: Zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

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