Buchmarkt: Wie man mit Büchern Geld verdient

Mir hängt immer noch nach, was Gesine von Prittwitz neulich auf ihrem Blog angestoßen hat: Das Nachdenken darüber, wie Buchautoren auch und gerade in der digitalen Zeit überleben können – verbunden mit der Beobachtung, dass auch bei diesem Thema in Deutschland vorwiegend gejammert wird, während uns andere zeigen, wie es geht.

Zum Beispiel Stephen Fry. OK, er ist nun wahrlich kein Unbekannter in der britischen Kulturszene. ABER: Als einer der ersten hat er schon vor Jahren verstanden, welche enorme Macht in Sozialmedien wie Twitter liegt (und heute hat er über 4 Millionen Follower).

Auch in seiner Eigenschaft als Autor hat Fry früher als andere die neuen Möglichkeiten als Chance begriffen. Seine Autobiografie „MyFry“ ist beispielsweise schon vor zwei Jahren nicht nur als Buch, sondern auch als iPhone-App erschienen.

Frys aktuellstes Projekt ist ein Buch seines Alter-Egos „Mrs. Fry“ unter dem Titel „How to have an almost perfect marriage“. Dieses Buch ist sein erstes, das durch Crowdfunding (auf der britischen Plattform „unbound.com“ entstanden ist. Dieses Prinzip, das in den USA die Plattform „Kickstarter“ berühmt gemacht hat, lässt sich mit ein bißchen Geschick auch für Bücher sehr gut anwenden. Frys Idee: Es gibt nicht nur EIN Buch, es gibt verschiedene Fassungen, verschiedene Preise.

Das beginnt bei „How to…“ mit einer simplen E-Book-Fassung für 10 Pfund, geht weiter mit einer signierten Fassung (50 Pfund) über ein „Marriage Survival Kit“ (75 Pfund) bis hin zu einer personalisierten Fassung, in der Mrs. Fry persönlich auf den Käufer Bezug nimmt (500 Pfund). Wer ein bißchen die Autorenhonorare im deutschen Buchmarkt kennt der weiß: Gerade von letzterem Produkt müsste man nicht soooo furchtbar viele verkaufen, um einen besseren Schnitt zu machen.

Es kommt aber noch mehr dazu. Im Gegensatz zu den mageren 10%, die ein Autor normalerweise maximal vom Endverkaufspreis eines Buchs bekommt, sind es bei Unbound rund 60% – für die restlichen 40% übernimmt die Plattform sämtliche Aufgaben eines normalen „Verlegers“. Und das allerbeste daran: Die Kunden zahlen, BEVOR das Buch überhaupt geschrieben ist. DAS ist für mich ein echter Weg in die Zukunft.

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Buchmarkt: Die Probleme der (deutschen) Autoren

Image of Stephen Fry

Ein sehr lesenswerter Beitrag im Blog von Gesine von Prittwitz hat mich gestern Abend ins Grübeln gebracht. Letzten Endes geht es darin um ein Thema, das Gesine an anderer Stelle schon in einem Interview mit Schriftstellerin Kathrin Passig wunderschön auf den Punkt gebracht hat: Buchautoren hatten schon in der „klassischen“ Verlagswelt en schweres bis prekäres Leben, wenn sie nicht gerade Bestsellerautoren waren. Und nun, da Copyright-Diskussion und Digitalisierung noch dazu kommen, wird es noch schwieriger – und viele Autoren reagieren schlicht mit Angst und irgendwelchen Abwehrschlachten, die vermutlich wenig bis nichts bringen werden.
Der Punkt dabei ist folgender: Der Buchmarkt (derjenige auf Papierbasis) hat doch nur aus einem einzigen Grund funktioniert: Es gab mehr Leser als Bücher. Oder jedenfalls: Mehr Leser als Bestseller. Genau wie die Musik- und die Filmbranche war auch der Buchmarkt genau so lange erfolgreich, wie es die Verlage geschafft haben, einen Mangel (an interessantem Lesestoff) zu schaffen bzw. zu verwalten. Nun aber hat sich das “Buch” (der Inhalt) vom Buch (dem gebundenen Stapel bedruckten Papiers) losgelöst, das Buch wurde digital, die Grenzkosten der Produktion sind genau null, es gibt mehr Lesestoff (und sogar mehr guten) als irgendein Mensch im Laufe seines Lebens nur ansatzweise lesen könnte. Und damit kippt natürlich ein Geschäftsmodell, das a) für seinen geschäftlichen Erfolg auf industrielle Produktionsprozesse angewiesen ist und b) nicht eigentlich die Qualität der Idee oder des Textes eines Autors honoriert, sondern alleine die Höhe des bedruckten Papierstapels, den man erfolgreich an Leser verkaufen konnte. Wo das Papier als Metaphier für Mehrwert wegfällt, da kippt zwangsläufig das alte Modell.
Was mir fehlt, was ich mir wünsche und wo aus meiner Sicht tatsächlich die Zukunft für die Schriftstellerei liegen könnte, ist genau eine Frage. Nämlich die: “Womit, verdammt nochmal, kann ich als Autor mein Leben finanzieren, wenn sich kein Papier mehr zu Geld machen läßt”.
Und da gäbe es doch Möglichkeiten! Ich nenne mal nur “Kickstarter”, jene Crowdfunding-Plattform, die derzeit alleine für Berlin nicht weniger als 43 Projekte listet, darunter etliche aus dem Kunst- und Kulturbereich. Wenn jemand eine gute Idee für einen Roman hat, wenn er oder sie (noch besser) vielleicht schon mal ein paar spannende Zeilen geschrieben hat – warum soll er oder sie sich das “Werk” dann nicht von den Lesern vorfinanzieren lassen?
Oder so: Warum soll nicht kostenpflichtiges Lesegut aus einem Blog entstehen? In Deutschland haben das in letzter Zeit nicht nur Johnny Häusler mit seinem “Spreeblick” und Richard Gutjahr mit “G!” vorgemacht.
Oder so: Warum soll nicht ein Buch auch mal der reinen Textform entwachsen? Warum kann ich als Autor nicht darüber nachdenken, ob interaktivere, multimedialere Formen, wie ich sie heute etwa mittels “iBooks Author” sogar kostenfrei selbst herstellen kann – warum soll sowas nicht zu verkaufen sein? “Our Choice” von Al Gore oder “myFry” von Stephen Fry sind hier längst nicht die einzigen, wenn auch vielleicht die besten Beispiele. Dass man auch mit einfachen Mitteln etwas erreichen kann, zeigte im vergangenen Jahr mein Kollege Matthias J. Lange mit seinem Buch zu einem Thema, das auf den ersten Blick nicht so wirklich auf der Hand liegt: „Social Media für Friseure“. Matthias hat hier mit viel Engagement und Eigeninitiative eine Marktlücke besetzt – und das durchaus erfolgreich.
Und weshalb soll ich als Autor nicht darüber nachdenken, neben der “normalen” Version meines Buches auch noch “Premium-Varianten” anzubieten – mit einem von mir selbst eingesprochenen Audio-Kommentar, mit Original-Unterschrift, mit Goldschnitt, etc. pp. (siehe nur beispielsweise “Designing Obama”, mit dem Autor Scott Thomas genau das sehr erfolgreich praktiziert hat).
Also: Ich finde, es gäbe wirklich sehr viel besseres zu tun, als nur zu jammern (wobei: Disclaimer! Ich kann das Jammern verstehen!). Ich würde mir – auch in meiner Eigenschaft als Literaturwissenschaftler – wirklich sehr wünschen!

(noch ein Disclaimer: Im Auftrag meines Arbeitgebers habe ich selbst im vergangenen Jahr ein eBook bei Amazon „gemacht“ – Rohmaterial war eine Artikelserie in der Print-Version der Nürnberger Zeitung.)

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