Die Elefantenrunde und die Social Media

Gestern abend war ja Elefantenrunde, als guter Bürger habe ich interessiert zugehört. Neben der äußerst interessanten Diskussion über die aktuellen Pädophilie-Vorwürfe bei den Grünen (zu denen auch die politischen Gegner meinten, sowas sei kein Wahlkampfthema), bin ich an einer Stelle wirklich aus dem Stuhl gefallen: Da meinte Moderatorin Bettina Schausen, man habe „mal auf Twitter und Facebook die Zuschauer gebeten, Fragen an die Politiker zu stellen.“ Diese Fragen würde man nun im Laufe der Sendung vortragen.

Hallo?

Da hat wirklich mal wieder jemand (vermutlich nicht nur Frau Schausten, sondern auch die Redaktion, die hinter der Sendung steht) überhaupt nichts verstanden. Soziale Medien sind nicht (im Unterschied etwa zu Telefon und Postkarte) reine „Zuführungs-Kanäle“, auf denen der brave Bürger den Massenmedien seine Meinung mitteilt, die diese dann gnädigst verbreiten. Es sind eigene Massenmedien, die aus sich selbst heraus Massenkommunikation ermöglichen.

Oder, etwas weniger hochtrabend formuliert: Wenn ich Jürgen Trittin eine Frage stellen will, muß ich nicht warten, bis Bettina Schausten das (vielleicht) in ihrer Sendung für mich macht. Ich kann zu Twitter gehen (Trittin ist hier sehr aktiv) und entweder öffentlich oder sogar vertraulich via DM („Direct Message“) loswerden, was ich sagen möchte. UND, im Unterschied zum Fernsehen kann Jürgen Trittin dann sogar MIR antworten, es kann sich ein Dialog entwickeln. Und zwar im Unterschied zum klassischen Massenmedium Fernsehen, wo eben nicht ich selber, sondern nur ein Mittler, der deswegen ja auch „Moderator“ heißt, den Dialog stellvertretend führt.

Wenn man das zuende denkt, dann ist natürlich eines klar: In diesem Sinne verstanden, sind die Sozialmedien nicht nur eine,  sondern DIE Konkurrenz zu klassischen Massenmedien, weil sie zumindest die Chance bieten, ein indirektes Kommunikationsmodell durch ein direktes zu ersetzen. Und deshalb kann man wohl auch ruhig darüber nachdenken, ob das die Fernsehleute tatsächlich nicht verstanden haben. Oder ob sie es nur nicht verstehen wollen.

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