3D-Druck: Ein riesen Copyright-Problem?

„Der 3D-Druck wird mit realen Gegenständen das tun, was mp3 mit der Musik gemacht hat“. So zitiert die New York Times den Jura-Professor Steven R. Desay.

Klar: Das könnte passieren. Denn schicke Designerteile (jedenfalls, wenn sie nicht zu groß, zu bunt oder nicht aus Plastik sind) braucht man künftig nicht mehr kaufen. Man muß sie nur einscannen und kann sie dann auf dem 3D-Drucker daheim wieder ausgeben – und das theoretisch in unendlicher Auflage.

Jetzt reden wir mal nicht davon, dass die Technik derzeit noch nicht sehr weit ist, die heute verfügbaren Drucker ziemlich langsam sind und eine eher grobe Auflösung bieten. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, da es zwei Stunden gedauert hat, eine Audio-CD in mp3-Files zu verwandeln. Ich halte es für relativ sicher, dass wir eine ähnlich rasante Entwicklung wie im gesamten Computerbereich auch bei den 3D-Druckern bekommen – spätestens dann, wenn die Dinger noch ein bißchen billiger und noch ein bißchen nutzerfreundlicher geworden sind.

Sicherlich ist es aber so, dass manche „Objekte“ einfacher zu reproduzieren sind (die Sonnenbrille aus Plastik), andere schwerer (die Gucci- oder Prada-Schuhe) und wieder andere gar nicht (der handwerklich gearbeitete Kirschholz-Griff eines Designermessers). Will heißen: Digital gespeicherte Musik besteht aus Nullen und Einsen, die man problemlos kopieren und danach per DAC wieder in analoge Musik zurückverwandeln kann. Aber die physische Welt besteht aus Atomen. Und da gibt es halt Kohlenstoff (den Grundstoff jedweden Plastiks) ebenso wie Holz, Metalle, komplexe organische Verbindungen. Es wird sicherlich noch sehr lange dauern, bis man einen schönen Rotwein aus dem Bordeaux einfach nachdrucken kann.

Insofern glaube ich: Ja, es wird ein Problem geben, und auch der 3D-Druck wird die Welt ein Stück weit verändern. Aber die guten Dinge werden bleiben.

 

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IPRES: Die Urheberrechts-Debatte geht weiter

Das Thema „ACTA“ ist ja nun durch – doch die Frage, wie sich das Urheberrecht in Zeiten des Internets fortentwickeln kann – fortentwickeln muß – wird uns weiter beschäftigen. Mit IPRES ist auf europäischer Ebene schon die nächste Verordnung am Start, die möglicherweise Ungemach bringt.

Dahinter steckt auch hier wie schon bei ACTA das Bestreben der Verwerter, digitale Kopien möglichst zu verhindern und dort, wo das nicht möglich ist, mit drakonischen Mitteln dagegen vorzugehen. Wohlgemerkt: Nach meinem Eindruck sind es gar nicht so sehr die Urheber selbst, die sich lautstark zu Wort melden. Natürlich gibt es hier und da mal eine Initiative einiger Drehbuch-Autoren, die die Zukunft des Tatorts in Gefahr sehen (den man sich übrigens legal und kostenlos auf der ARD-Mediathek im Netz ansehen kann…). Aber im großen und Ganzen sind es eher Plattenfirmen als Musiker, die sich in dem Thema engagieren – nur sie haben schließlich die Etats, um tatsächlich wirkungsvolle Lobbyarbeit zu betreiben. Die Urheber selbst sind oft komplett aus dem Spiel, weil sie die Nutzungsrechte an ihren Werken mehr oder weniger komplett an Verwerter abgetreten haben, die sich dann um die Monetarisierung kümmern und dem Urheber einen mehr oder weniger niedrigen Anteil ihrer Umsätze abgeben, die sie mit seinem Werk erwirtschaften. Das ist ein Aspekt der Diskussion, der leider oft unter den Tisch gekehrt wird: Wir reden eigentlich über die Verwertung geistigen Eigentums, nicht so sehr die Urheberschaft daran.

Nun kann ich jede Filmproduktionsgesellschaft verstehen, die ihr Geschäftsmodel bedroht sieht, weil ihr neuer Film schon am Tag der Kinopremiere kostenlos im Netz steht. Ich kann auch jeden Autor verstehen, der viel Mühe und Arbeitszeit in ein Drehbuch für diesen Film gesteckt hat. Auch er muß fürchten, künftig keinen Job mehr zu haben. Diese beiden Punkte kann man nicht einfach wegwischen, denn in beiden Fällen geht es letztlich um Existenzen, die im Extremfall vernichtet werden.

Auf der anderen Seite verweise ich auf eine Veranstaltung in der letzten Woche im Rahmen des Münchner Filmfests. Da gab es eine Podiumsdiskussion im Münchner Gasteig zum Thema „Urheberrecht“. Mit auf dem Podium waren unter anderem Filmemacher Helmut Dietl („Monaco Franze“, „Kir Royal“, „Schtonk„, „Rossini“) und Produzent Oliver Berben.

Beide, vor allem aber Dietl, sind natürlich geradezu entrüstet ob der Tatsache, dass es im Web digitale Kopien gibt, die an Urhebern und Verwertern vorbei wenn nicht gehandelt, so zumindest verbreitet werden. Erstaunlich aber ist zweierlei:

  1. Dietls Hauptwerk, unter anderem „Monaco Franze“ und „Kir Royal“, ist im Web auf keiner einzigen Plattform als kostenpflichtige Digitalversion zu haben. Man muß schon auf Amazon eine DVD kaufen – oder kann sich beide Fernsehserien kostenlos (und illegal) zum Beispiel auf Youtube anschauen.
  2. Der Urheber Dietl hat auf diese Tatsache nicht den geringsten Einfluß (er kann also gar nicht dafür sorgen, dass er mit den eigenen Werken quasi „digitales Geld“ verdient), da die Rechte an beiden Serien der Münchner „Telepool“ gehören, an der wiederum der bayerische Rundfunk beteiligt ist.

An dieser Stelle stört es mich ehrlich gesagt schon ein bißchen, als Raubkopierer diffamiert zu werden, wenn es gleichzeitig keinerlei legale Möglichkeiten gibt, ein Video meiner Wahl zu kaufen, das an vielen Stellen im Internet kostenfrei, aber illegal bereitsteht. Oliver Berben hat völlig recht, wenn er sagt, dass das (aus meiner Sicht durchaus legitime) Vorgehen gegen gewerbsmässige Urheberrechtsverletzungen einhergehen muß mit einer vernünftigen Bezahlstrategie.

Ich frage mich allerdings, warum es die (noch) nicht gibt. Ein Grund könnte sein, dass man noch zu sehr in der alten Welt lebt, in der man seine gesamte Distributionskette im Griff hatte und selbst bestimmen konnte, wo wann welches Werk verwertet wurde und was man daran verdiente. Sicher: Es ist bitter, wenn man als Anbieter im iTunes Store 30 Prozent vom Umsatz an Apple abtreten muß. Wenn man sich aber anschaut, dass man in der alten Welt der Atome das gleiche Video, das man hier „körperlos“ als Datei verkauft, erst auf DVD pressen, in eine aufwändig gestaltete Verpackung stecken und per LKW in den Media-Store der Wahl chauffieren mußte – dann fielen hier doch auch gewisse Kosten an, die man heute nicht mehr hat.

Ich weiß nicht, aber mein Eindruck ist dieser: Man ist in Deutschland sehr gut im Verhindern (und nochmal: Gewerbsmässige Urheberrechtsverletzungen gehören verfolgt – Sie können schon mit der heutigen Rechtsgrundlage effektiv verfolgt werden und das geschieht ja auch). Aber wir tun uns relativ schwer damit, die neuen Mechanismen des Internet zu verstehen und sie zu unserem Vorteil zu nutzen. Ich kann mir nur wünschen, dass die vielen Chancen, die digitale Vertriebswege bieten, tatsächlich stärker gesehen werden.

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Nutzt das Urheberrecht den Urhebern?

Alle Reden zur Zeit immer über das Urheberrecht. Krimiautoren beschweren sich, dass durch illegale Downloads im Netz ihre Einkommensquellen beschnitten werden, es ist Aufregung allenthalben.
Aber worum geht es eigentlich? Die, die sich am lautesten beschweren, sind ja gar nicht die Urheber. Es ist die GEMA, es sind große Plattenfirmen oder Hollywood-Filmstudios – also: Verwerter. Denn sie sind es, die in einer industrialisierten Mediengesellschaft die Große Kohle machen. Nicht der Buchautor, der Filmregisseur oder der Musiker verdienen das meiste Geld, sondern Universal Music oder Disney Pictures.
Sie haben auch allen Grund, Angst zu haben. In der neuen Welt des Web 2.0 werden sie nicht mehr gebraucht. Jemand, der einen Film veröffentlichen will, braucht noch ein anderes Werkzeug außer YouTube. Jeder, der ein Buch geschrieben hat, kann es sehr leicht bei Amazon oder als iBook elektronisch veröffentlichen. Und auch das drucken eines Buchs ist nicht mehr das große Problem.
Schäbig ist an dieser Diskussion, die Lobbyvertreter angezettelt habe, dass dieser Umstand vielen Menschen gar nicht bewusst ist. Viele denken, es geht tatsächlich um den armen Dichter, der im Winter die Kohle nicht bezahlen kann, oder den Gitarristen, der sich im Dezember in die Fussgängerzone stellen muss, weil er mit CD’s kein Geld mehr verdienen kann. Aber das stimmt nicht: wenn die Urheber die neuen Möglichkeiten tatsächlich für sich nutzen, dann haben sie sogar mehr Chancen, Geld zu verdienen, als früher. Dafür gibt es schon genügend Beispiele, vor allem in den USA. Auch das wäre ein Grund, die unsägliche Diskussion zu beenden.

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Buchmarkt: Die Probleme der (deutschen) Autoren

Image of Stephen Fry

Ein sehr lesenswerter Beitrag im Blog von Gesine von Prittwitz hat mich gestern Abend ins Grübeln gebracht. Letzten Endes geht es darin um ein Thema, das Gesine an anderer Stelle schon in einem Interview mit Schriftstellerin Kathrin Passig wunderschön auf den Punkt gebracht hat: Buchautoren hatten schon in der „klassischen“ Verlagswelt en schweres bis prekäres Leben, wenn sie nicht gerade Bestsellerautoren waren. Und nun, da Copyright-Diskussion und Digitalisierung noch dazu kommen, wird es noch schwieriger – und viele Autoren reagieren schlicht mit Angst und irgendwelchen Abwehrschlachten, die vermutlich wenig bis nichts bringen werden.
Der Punkt dabei ist folgender: Der Buchmarkt (derjenige auf Papierbasis) hat doch nur aus einem einzigen Grund funktioniert: Es gab mehr Leser als Bücher. Oder jedenfalls: Mehr Leser als Bestseller. Genau wie die Musik- und die Filmbranche war auch der Buchmarkt genau so lange erfolgreich, wie es die Verlage geschafft haben, einen Mangel (an interessantem Lesestoff) zu schaffen bzw. zu verwalten. Nun aber hat sich das “Buch” (der Inhalt) vom Buch (dem gebundenen Stapel bedruckten Papiers) losgelöst, das Buch wurde digital, die Grenzkosten der Produktion sind genau null, es gibt mehr Lesestoff (und sogar mehr guten) als irgendein Mensch im Laufe seines Lebens nur ansatzweise lesen könnte. Und damit kippt natürlich ein Geschäftsmodell, das a) für seinen geschäftlichen Erfolg auf industrielle Produktionsprozesse angewiesen ist und b) nicht eigentlich die Qualität der Idee oder des Textes eines Autors honoriert, sondern alleine die Höhe des bedruckten Papierstapels, den man erfolgreich an Leser verkaufen konnte. Wo das Papier als Metaphier für Mehrwert wegfällt, da kippt zwangsläufig das alte Modell.
Was mir fehlt, was ich mir wünsche und wo aus meiner Sicht tatsächlich die Zukunft für die Schriftstellerei liegen könnte, ist genau eine Frage. Nämlich die: “Womit, verdammt nochmal, kann ich als Autor mein Leben finanzieren, wenn sich kein Papier mehr zu Geld machen läßt”.
Und da gäbe es doch Möglichkeiten! Ich nenne mal nur “Kickstarter”, jene Crowdfunding-Plattform, die derzeit alleine für Berlin nicht weniger als 43 Projekte listet, darunter etliche aus dem Kunst- und Kulturbereich. Wenn jemand eine gute Idee für einen Roman hat, wenn er oder sie (noch besser) vielleicht schon mal ein paar spannende Zeilen geschrieben hat – warum soll er oder sie sich das “Werk” dann nicht von den Lesern vorfinanzieren lassen?
Oder so: Warum soll nicht kostenpflichtiges Lesegut aus einem Blog entstehen? In Deutschland haben das in letzter Zeit nicht nur Johnny Häusler mit seinem “Spreeblick” und Richard Gutjahr mit “G!” vorgemacht.
Oder so: Warum soll nicht ein Buch auch mal der reinen Textform entwachsen? Warum kann ich als Autor nicht darüber nachdenken, ob interaktivere, multimedialere Formen, wie ich sie heute etwa mittels “iBooks Author” sogar kostenfrei selbst herstellen kann – warum soll sowas nicht zu verkaufen sein? “Our Choice” von Al Gore oder “myFry” von Stephen Fry sind hier längst nicht die einzigen, wenn auch vielleicht die besten Beispiele. Dass man auch mit einfachen Mitteln etwas erreichen kann, zeigte im vergangenen Jahr mein Kollege Matthias J. Lange mit seinem Buch zu einem Thema, das auf den ersten Blick nicht so wirklich auf der Hand liegt: „Social Media für Friseure“. Matthias hat hier mit viel Engagement und Eigeninitiative eine Marktlücke besetzt – und das durchaus erfolgreich.
Und weshalb soll ich als Autor nicht darüber nachdenken, neben der “normalen” Version meines Buches auch noch “Premium-Varianten” anzubieten – mit einem von mir selbst eingesprochenen Audio-Kommentar, mit Original-Unterschrift, mit Goldschnitt, etc. pp. (siehe nur beispielsweise “Designing Obama”, mit dem Autor Scott Thomas genau das sehr erfolgreich praktiziert hat).
Also: Ich finde, es gäbe wirklich sehr viel besseres zu tun, als nur zu jammern (wobei: Disclaimer! Ich kann das Jammern verstehen!). Ich würde mir – auch in meiner Eigenschaft als Literaturwissenschaftler – wirklich sehr wünschen!

(noch ein Disclaimer: Im Auftrag meines Arbeitgebers habe ich selbst im vergangenen Jahr ein eBook bei Amazon „gemacht“ – Rohmaterial war eine Artikelserie in der Print-Version der Nürnberger Zeitung.)

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Youtube und die GEMA

Ja gut, vielleicht lag es am Wochentag: erstaunlich, wie wenig Aufregung dieses Urteil am Freitag verursacht hat. Ein deutsches Gericht hättet entschieden dass YouTube einige Musikvideos entfernen muss, weil die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA daran die Rechte hat. Gleichzeitig wurde YouTube dazu verdonnert, eine Filtersoftware einzuführen, die zukünftig verhindert, dass urheberrechtlich geschützte Videos online gehen.
Natürlich: schon früher wurden auf YouTube hin und wieder Videos gelöscht, ein führendes Beispiel dafür ist Frank Sinatra. Dessen Erben hatten schon früh dafür gesorgt, dass Songs des großen Meisters auf YouTube nicht zu hören waren. Ob das den Verkaufszahlen Sinatras geschadet oder genützt hat, ist unbekannt.
Und das ist auch das Problem an der ganzen Diskussion. Niemand weiß so richtig, was nun besser ist: alles auf YouTube stellen, und hoffen, dass man dadurch mehr Platten oder DVDs verkauft – oder alles sperren und sich darauf verlassen dass die Leute schon in den Plattenladen gehen werden, wenn sie Musik haben wollen.
Eines nämlich steht ganz sicher fest: die Welt hat sich verändert in den letzten zehn Jahren. Und es bringt ganz sicher nichts, sich wie die Klima an alten Strukturen festzuhalten, ohne sich auch nur 1 mm zu bewegen. Was wir wirklich dringend brauchen, sind Lösungen, die kreativer sind als ein schlichtes ja oder nein. Aber die sind bisher nirgendwo zu sehen..

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Urheberrecht: „Win-win“ bei Wired

Es ist ja schon ein Kreuz mit diesem alten, analogen Copyright im digitalen Web. Wie leicht KANN man hier Bilder und Texte einfach kopieren – und wie selten DARF man das auch tatsächlich.

Die US-amerikanische Fachzeitschrift „Wired“ hat sich jetzt eine Lösung für das Problem ausgedacht, die wirklich allen Beteiligten nutzt: Ihre Fotos (zunächst nur 50) werden unter die so genannte „Creative Commons“-Lizenz gestellt (die übrigens 2012 zehn Jahre alt wird). Das bedeutet: Für nichtkommerzielle Zwecke (und das bedeutet auch: für die Berichterstattung) können die Bilder kostenfrei genutzt und legal kopiert werden.

Das Einzige, was Wired dafür möchte, ist ein Verweis auf den Original-Artikel auf der Wired-Website, in dem das Bild ursprünglich erschienen ist. Das bedeutet für jeden Verwender nur einen sehr kleinen Aufwand, bringt auf der anderen Seite über ein höheres Google-Ranking aber viel für Wired. Und ganz nebenbei hat Wired die Chance (wie bei diesem Bild hier) über den Weg der Bilder-Lizensierung uralte Artikel wieder mit frischem Traffic zu versorgen – und zwar ganz ohne Kosten.

Ich finde: Eine tolle Lösung, das sollten alle so machen! (und deshalb hier auch gleich das Bild von Mark Zuckerberg, aus dem Wired-Pool… Das Bild ist übrigens von Jim Merithew und der Originalartikel steht hier.)

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