Social Media: Das kommt 2012

Das Social Web werde 2012 „im Unternehmensalltag ankommen“, meint die Agentur GoldMedia, von der die hier gezeigte Grafik stammt.

Hallo? Was soll denn das bitte heißen? Ich finde, die Herrschaften machen es sich ein bißchen zu leicht.

Denn natürlich IST das Social Web längst im Unternehmensalltag angekommen – nur noch nicht vollständig, und nicht bei allen.

So ist etwa Fleischermeister Ludger Freese (bei Twitter alias @Lusches) schon seit gefühlten Ewigkeiten auf Twitter und mit seinem Blog „Essen kommen!“ aktiv, Herwig Danzer vom Einrichtungshaus die „Möbelmacher“ ist seit drei Jahren auf Twitter, Facebook und Co. zu finden und betreibt einen sehr lesenswerten „Nachhaltigkeits-Blog“. Von Leuten wie der Textil-Unernehmerin Sina Trinkwalder (http://www.manomama.de) oder der Saftproduzentin Kirstin Walther (@safttante) mal ganz zu schweigen. Klar: Freese, Danzer, Trinkwalder und Co. gehören sicher zu den Vorreitern unter den Unternehmern, die es bei jeder umwälzenden Neuerung gibt und für die es die schöne neudeutsche Bezeichnung „Early Adopters“ gibt.

Aber genau deshalb kann man nicht so schwarzweiß denken wie Goldmedia: Zuerst kommen Leute wie Freese und Danzer, dann kommen ein paar mehr, dann wieder ein paar mehr, und am Ende redet man über Social Media nur noch, wenn bei Facebook der Server ausfällt. Also alles genauso wie bei Fernseher, Telefon und Musik-CD.

Ja. Und nein.

Denn vieles ist eben doch anders, als wir es je gekannt haben:

  • Fernseher und Telefon begannen ihrern Siegeszug in regulierten Märkten, Social Media sind ein Unternehmer-Phänomen
  • Die beiden Wirtschaftstheorien des Web 2.0, nämlich der „Long Tail“ und die „Free Economy“ stellen so ziemlich alles auf den Kopf, was man in einem ordentlichen BWL-Studium lernt
  • Noch nie hatte der Einzelne so viel Einfluß aufs Ganze – ob dieser „Einzelne“ nun Mark Zuckerberg heißt oder Lieschen Müller.
  • Noch nie waren Medien derartig interaktiv und hatten gleichzeitig eine derartig enorme Reichweite.

Insofern: Ja, klar, irgendwann (und wahrscheinlich bald) werden noch mehr Social-Media-Komponenten in Unternehmen auftauchen – aber bis wirklich alle (oder wenigstens die meisten) verstanden haben, was sie da tun – das wird schon noch ein bißchen dauern.

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Bombay und die Blogger

Angesichts der Anschläge in Bombay hat man ja wieder mal gesehen, auf welchem Wege die News am schnellsten ins Netz kommen: Durch die Blogger. Einige davon sollen sogar im belagerten Hotel bereits erste Postings gesendet haben, als sie noch in Deckung unter dem Tisch im Restaurant lagen.

Jetzt geht natürlich die Diskussion wieder los: Nicht alles, was Blogger so bloggen, genügt ja strengen journalistischen Anforderungen. Manches war auch schlicht falsch oder bei irgendeinem anderen Blog abgeschrieben.

Flugs wird daraus eine Existenzberechtigung für uns Journalisten sowie für die klassischen Medien gezimmert.

Nun: Das wäre natürlich schön.

Allerdings glaube ich nicht, dass es wirklich so einfach ist und wir uns entspannt zurücklehnen können, weil unsere Dienste ja auch in Zeiten der Blogosphäre weiterhin gebraucht werden. Folgende Probleme gibt es:

  1. „klassische“ Journalisten haben oft noch große Berührungsängste, wenn es um sowas wie Blogs geht. Bloggen sie selbst, dann entstehen eigentlich fast immer keine Postings, sondern „Artikel“. Das ist aber kein Blogging, das ist Zeitungsschreibe.
  2. Es gibt (jedenfalls meines Wissens) keinerlei Ausbildungsbemühungen, um dem Nachwuchs beizubringen, wie man Blogs etc. für die Recherche verwenden kann. Dies vermutlich weil
  3. Die Branche selbst noch keine Meinung hat, ob es nun tatsächlich besser ist, Blogs als Quelle oder inhaltlichen „Steinbruch“ zu verwenden, oder ob man sie besser ignoriert, und schließlich
  4. Die Blogosphäre selbst derartig amorph und, ja, „schnell“ ist, dass sie sich den behäbigen Mechanismen des, sagen wir mal „journalistischen Establishments“ ganz einfach durch Geschwindigkeit entzieht.

Ich sehe da eigentlich nur die Chance, dass wir wirklich ernsthaft am Nachwuchs arbeiten. Denn ehrlicherweise muß ch sagen, dass auch ich jetzt nicht spontan wüßte, wie man im Falle Bombay die blogmässige Spreu vom Weizen trennen könnte.

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