Warum die Apple Watch süchtig macht

Apple Watch Thomas GerlachVorsicht! Suchtgefahr!

Dieser Hinweis müßte eigentlich groß vorne auf der Verpackung der Apple Watch stehen. Das glauben Sie nicht?

Die Apple Watch ist ja noch ein ganz neues Produkt. Und eigentlich – Pebble und Samsung hin oder her – auch eine ganz neue Produktkategorie. Da fällt es zunächst schwer, die berühmte Killer-Anwendung zu erkennen. Beim iPhone hat es schließlich auch eine Weile gedauert, dass die Killer-Anwendung – eigentlich gar keine Anwendung ist, sondern der Appstore.

Aber zurück zur Apple Watch.

Ich habe meine Uhr jetzt seit knapp 2 Monaten, und ich gestehe es ganz offen: Ich bin süchtig. Und das trotz aller anfänglichen Unzulänglichkeiten, die die Uhr derzeit noch plagen: Sie geht nicht immer an, wenn man die Uhrzeit sehen will, und dann muß man erstmal draufdrücken. Die Sache mit dem „Force Touch“ ist derzeit noch eher ein nutzloses und verwirrendes Gimmick als eine sinnvolle Art der Bedienung. Und richtig nervig ist, dass praktisch alle Apps völlig dumm sind, solange kein iPhone in der Nähe ist.

Aber, wie gesagt: Trotzdem bin ich süchtig.

Der Grund ist eine Anwendung (oder App, wie man ja neuerdings sagt), die mit der Apple Watch von Anfang an gleich mitgeliefert wird:  Es ist die „Aktivität“-App.

Diese Anwendung soll nichts weniger, als dem Träger der Apple Watch zu mehr Gesundheit zu verhelfen. Dazu muß man (auf dem iPhone) erstmal ein paar Angaben machen: Ob man männlich oder weiblich ist, das Alter, das Gewicht und die Körpergröße.

Daraus errechnet die App dann drei Kenngrößen: Wieviele Kalorien man jeden Tag durch Bewegung abtrainieren sollte, wie lange man trainieren  und wie oft man aufstehen sollte. Die letztere Größe ist dabei ziemlich starr: Einmal pro Stunde mindestens eine Minute lautet die Standardvorgabe für fast alle.

So weit wäre das Ganze noch völlig unspektakulär – wenn Apple nicht Apple wäre.  Weil Apple aber Apple ist, blieb es nicht bei den drei simplen Kenngrößen (deren Zielerreichung übrigens durch die diversen Sensoren der Uhr überprüft wird). Sondern es gibt außerdem eine wunderwunderschöne grafische Aufbereitung auf der Uhr, inklusive schicker Animationen. Für die Buchhaltertypen gibt es außerdem eine iPhone-App, bei der man sich seine „Aktivitäten“ über den Zeitverlauf anschauen und sie nach Herzens Lust auswerten kann.

Vor allem aber gibt es eine Mischung aus Drill und Fleißsternchen-System, das einen tatsächlich immer wieder motiviert, sich mehr zu bewegen, zu trainieren oder aufzustehen. Keiner außer Apple schafft es so genial, aus einer im Grund extrem simplen Sache ein so verspieltes, aber gleichzeitig so wirkungsvolles Dings zu bauen, das tatsächlich funktioniert – bei mir jedenfalls. Die bloße Möglichkeit, jederzeit prüfen zu können, ob ich mich heute schon genug bewegt habe, führt bereits dazu, dass ich mich mehr bewege als vorher. Ob ich dadurch gesünder bin? Ich fühle mich jedenfalls besser, nämlich einerseits wirklich fitter, auf der anderen Seite freuen mich die kleinen „Erfolgserlebnisse“, und seien sie noch so pseudo. Ob ich dadurch länger leben werde? Keine Ahnung, wohl eher nicht.

Aber süchtig bin ich auf jeden Fall.

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