Wikileaks ändert die Welt der Mächtigen

Jeff Jarvis, der amerikanische Internet- und Journalismus-Guru, schreibt heute in der „Welt“:

Regierungen sollten in der Regel transparent agieren – und im Geheimen nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Das ist natürlich nicht der Fall. Zu viel wird geheim gehalten. Warum? Weil jene, die Geheimnisse haben, Macht haben. Jetzt hat Wikileaks diese Macht ins Wanken gebracht. (Kompletter Text übrigens hier.)

Das ist natürlich erstmal eine schöne, idealistische Vision. Es wird sich jetzt zeigen, wie sehr die „alte“ Macht mit ihren „alten“ Machtmitteln (z. B. dem des internationalen Haftbefehls) gegen einen einzelnen Menschen wie Julian Assange noch auszurichten vermag. Dieser Teil der Geschichte ist durchaus ebenfalls spannend, er hat was von „Bourne Identity“, Teil fünf.

Aber egal: In der Tat zeigt der Wikileaks erstmals, wie durch das Werkzeug Internet tatsächlich heute ein Goliath wie Wikileaks in der Lage ist, nicht nur einzelne Nationen, sondern sogar mehrere zu erschüttern. Wer die Berichterstattung im Nachgang der Enthüllungen verfolgt hat, der sieht, wie sich jetzt schon Dinge verändern: Guido Westerwelles Büroleiter ist zurückgetreten, der amerikanische Botschafter in Berlin steht auf der Kippe. Wichtiger noch: Laut Spiegel hat das Auswärtige Amt sämtliches Botschaftspersonal angewiesen, die Depeschen über ausländische Machthaber doch bitteschön künfitg freundlicher zu formulieren als bislang.

Wenn sich das Modell „Wikileaks“ tatsächlich durchsetzt, wird sich noch mehr ändern. Denn letztlich, da hat Jeff Jarvis recht, wird das ganze Geheimhaltungs-Getue damit obsolet. Und die Frage stellt sich ganz akut: Gibt es eigentlich Herrschaft, wenn alles Herrschaftswissen öffentlich wird? Vermutlich nicht.

Aber dennoch glaube ich ganz persönlich nicht, dass die „schöne neue Welt“ a la Jeff Jarvis schon morgen Wirklichkeit wird. Da sei die CIA vor.

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