Coldplay, der DJV und das Recht am eigenen Bild

Coldplay ist eine sehr bekannte Band. Fotos der Konzerte haben also einen gewissen Marktwert – sind aber auch berichtenswerte Ereignisse für die Medien. Und hier gab es jetzt Ärger. Denn Coldplay läßt üblicherweise sämtliche Pressefotografen einen Vertrag unterschreiben, der unter anderem einen Passus enthält, nach dem alle Fotografen sämtliche beim Konzert gemachten Fotos der Band zur kostenfreien Nutzun überlassen müssen. Dagegen protestierte die deutsche Journalisten-Gewerkschaft DJV per Pressemitteilung und rief alle Kollegen zum Boykott auf.

Daran ist erstmal nichts ungewöhnliches. Ich selber habe schon vor über 20 Jahren bei Herbert-Grönemeyer-Konzerten ganz ähnliche Verträge unterschrieben – und mich dann natürlich nicht dran gehalten.

Der Unterschied ist nur: Wenn vor 20 Jahren sämtliche Pressefotografen ein Konzert boykottiert hätten, dann hätte es praktisch keine Bilder davon gegeben. Damals erhältliche Consumer-Kameras waren in technischer Hinsicht derartig unzulänglich, dass sie für Konzertfotografie schlicht nicht zu gebrauchen waren. Nicht zuletzt sorgte das für ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal und damit eine Geschäftsgrundlage für Pressefotografen: Sie alleine hatten teures Equipment, mit dem alleine man nur in der Lage war, brauchbare Fotos von Konzerten oder Sportereignissen anzufertigen.

Das ist heute ganz anders. Sogar Mobiltelefone stehen technisch kurz vor, wenn nicht sogar auf der Schwelle zu einer Bildqualität, wie sie vor 20 Jahren nicht einmal professionelle Kameras boten. Damit wird es schlichtweg immer egaler, was die einstige Elite der Pressefotografen denkt und tut.

Das kann man jetzt bewerten, wie man will – insbesondere kann man als Betroffener natürlich trefflich darüber jammern. Ich aber sage: Ein guter Fotograf war schon immer mehr als die Summe seiner Objektive und Kameras, denn nur wußte, wie ein gutes Bild auszusehen hat und wie man technisch dafür sorgt, dass dieses Bild auch tatsächlich so entstehen kann. Das ist noch immer wertvolles Wissen – und die Fotografen sollten lieber darüber nachdenken, wie sie dieses Wissen besser vermarkten können, als zu kurzsichtigen Boykottaktionen aufrufen.

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Fußball-EM: Der DFB hat das Internet verstanden

jogi löw

Wer den Verfasser dieser Zeilen auch nur ein ganz klein wenig kennt, der weiß: Das Thema Fußball geht an mir normalerweise völlig vorbei. Es interessiert mich einfach nicht. Aber dieser Tage komme ich trotz allem nicht umhin, mich mit der deutschen Nationalmannschaft unter Bundestrainer Jogi Löw zu beschäftigen. Genauer gesagt: Mit deren Kommunikations-Strategie.

Die nämlich hat sich nun schon seit einer Weile geändert: In der Vergangenheit gab es noch relativ viele Pressekonferenzen auch in den Trainingslagern der Nationalmannschaft, die Spieler sprachen am Rande der Trainings häufiger mal mit Journalisten und plauderten aus dem Nähkästchen.

Das ist mittlerweile komplett vorbei, wie man am aktuellen Fall gut sehen kann: Gestern schickte Jogi Löw vier Spieler aus dem Trainingslager in Südfrankreich nach Hause. Was die aussortierten darüber denken, konnte man ausschließlich einer einzigen Quelle entnehmen: Der Website des DFB, die dann auch von Medien wie dem Bayerischen Rundfunk oder Spiegel online brav zitiert wurde.

Die alte Tante DFB offenbart hier ein erstaunlich tiefgreifendes Verständnis des Mediums Internet: Die Verantwortlichen haben offenbar klar verinnerlicht, dass sie keine „externen“ Massenmedien mehr brauchen, um ihre Botschaft an die Leute zu bringen. Natürlich ist es viel kommoder, die Aussagen der Nationalspieler auf diese Art unter kompletter Kontrolle zu haben, als wenn die sich irgendeinem externen Medium gegenüber eventuell unbotmäßig äußern. Neutrale, gar kritische Berichterstattung kann man so natürlich erst mal vergessen.

Ganz nebenbei erzeugt man auf diese Art natürlich noch jede Menge Zugriffe auf die DFB-Website. Das Angebot ist zwar (noch) nicht bei der offiziellen Online-Reichweitenpolizei Infonline registriert – aber die auch auf der oben erwähnten DFB-Seite platzierte Werbung von Coca Cola hat man der Brausefirma sicherlich nicht für umme angeboten.

Wenn man das, was der DFB hier beginnt, aber andere wie etwa Regierungssprecher Steffen Seibert via Twitter auch schon längst betreiben, mal zu Ende denkt, dann ist es nichts weniger als eine Revolution: Immer mehr Themen finden ihre Leser ohne „Medium“, sprich: Der Absender einer Botschaft, sei es nun der DFB oder Bundeskanzlerin Angela Merkel, kann selbst und ohne weitere Hilfsmittel eine beliebig große Öffentlichkeit erreichen. Und den klassischen Medien bleibt nichts anderes mehr übrig, als sich als fünftes, weil komplett überflüssiges Rad an diesen Wagen mit anzuhängen. Aber eigentlich braucht man sie nicht mehr.

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In Sachen Leistungsschutzrecht

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=wRVGzhD60S4&hd=1]

Also, erstmal ein Disclaimer: Ich bin derzeit hauptberuflich bei einem deutschen Zeitungsverlag angestellt. Dies hier ist aber mein privater Blog, in dem ich meine private Meinung äußere (steht ja auch im Impressum).

So, worum geht es? Die deutschen Verlegerverbände versuchen seit geraumer Zeit, bei der Politik ein so genanntes „Leistungsschutzrecht“ durchzusetzen. Das Ganze soll so ähnlich funktionieren wie die so genannte „Kopierer-Abgabe“, mit der man beim Kauf eines Kopierers oder Scanners einen kleinen Betrag an die Verwertungsgesellschaften (z. B. VG Wort) bezahlt. Denn man könnte ja mit dem Kopierer urheberrechtlich geschütze Sachen kopieren.

So ähnlich soll auch das Leistungsschutzrecht funktionieren.

Unter dem Strich ist das also je nach Betrachtungsweise eine versteckte Subvention für ein nicht mehr wirklich gut funktionierendes Geschäftsmodell (gedruckte Tageszeitungen) oder ein dringend notwendiger Ausgleich für böse Urheberrechtsverletzungen im Web, die aus Sicht der Verlger hauptsächlich von Firmen wie Google begangen werden. Die Argumentation ist hier: Google verdiene schließlich „auf dem Rücken der Verlage“ Geld, in dem es neben den Suchergebnissen (die ja auch aus Links auf  Zeitungsinhalte bestehen können) auch noch Werbung verkaufe.

Natürlich kann man an dieser Stelle lange streiten, und das geschieht auch. Vermutlich ist es aber auch hier so wie oft im Leben: Es ist an beidem ein bißchen was dran.

Was jetzt allerdings nicht passieren darf: Dass sich die Verlage auf dem schönen Geld aus dem Leistungsschutzrecht ausruhen.

Denn das ändert ja nichts daran, dass das Modell „Tageszeitung“ auf den Prüfstand gestellt werden muß. Niemand glaubt schließlich ernsthaft, dass auf einen Schlag alles wieder gut würde, wenn es kein Google (OK: und kein Bing…) gäbe. Nein, stattdessen brauchen wir eine Suche nach neuen Konzepten.

Ich finde zum Beispiel toll, wie die Nürnberger Zeitung (zweiter Disclaimer: ich arbeite da…) jeden Tag versucht, nicht den Fernsehnachrichten nachzulaufen, sondern auf ihrer Seite 1 ganz bewußt die Themen zu setzen, die am Erscheinungstag (gerne auch regional) für die Zielgruppe der Familien interessant sind. Das sind oft Dinge, die ich nicht schon aus der Tagesschau oder dem Web kenne, oft auch noch schön layoutet. So macht Tageszeitung Spaß, und so, glaube ich, hätte sie auch eine Zukunft. Aber leider sehe ich in der deutschen Presselandschaft allgemein viel, viel zu wenige Initiativen in diese, die richtige Richtung.

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Online-Journalismus: Wolf Schneider und das Web

Deutsch: Wolf Schneider (* 7. Mai 1925 in Erfu...

Wolf Schneider (Bild) ist ein Mensch, den jeder deutsche Journalist kennt: Sein Bücher „Deutsch für Profis“ und „Das neue Handbuch des Journalismus“ sind Standardwerke, die den heute 86-jährigen zum absoluten Branchen-Promi gemacht haben.

Allerdings: Jetzt ist Schneider ins Zentrum eines regelrechten „Shit-Storms“ gerückt. Die Neuauflage seines Journalisten-Handbuchs hat auch ein Kapitel über Online-Journalismus, das vielen offenbar nich gefällt, weiles angeblich nicht gerade vor Sachkenntnis strotzt.

Sei dem, wie ihm wolle. Das Ganze hat jetzt aber der Online-Branchendienst „Meedia.de“ zum Anlaß genommen, Wolf Schneider zu interviewen – und dieses Interview ist sehr lesenswert. Einerseits offenbart sich darin eine gewisse Geringschätzung des Grandseigneurs für das Medium Internet im Allgemeinen und die Blogosphäre (die den Shit-Storm ausgelöst hat) im Besonderen. Nun gut, irgendwie kommt hier das Alter wohl schon ins Spiel.

Auf der anderen Seite aber sagt Schneider auch Sätze, die man immer noch, selbst im Jahr 2012, jedem Volontär ins sprichwörtliche Stammbuch schreiben möchte. Zum Beispiel jenen, in dem Schneider erklärt, was das wirkliche Wesen von gutem Journalismus ist:

Man darf nicht darauf warten, dass die Leute von sich aus sagen, was sie wollen. Man muss die Witterung haben, was sie morgen wollen werden.

Für diesen Satz kann man Schneider immer noch gerne haben – aber wie gesagt: Das ganze Interview ist sehr lesenswert; hier bei Meedia.de.

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„La Tribune“: Zeitungssterben in Frankreich

Heute melden es die Agenturen: Die renommierte französische Wirtschaftszeitung „La Tribune“ stellt nach rund 25 Jahren ihr Erscheinen auf Papier ein und geht ins Internet. Nach „France Soir“ ist das der zweite große Print-Titel, den es (jedenfalls in der hergebrachten Form) nicht mehr gibt.

Für mich ist das ein Indiz dafür, dass eine Entwicklung, die schon vor Jahren ihren Anfang in den USA genommen hat, nun zu uns nach Europa überschwappt. Vordergründig gesagt: Zeitungen sterben.

Es lohnt sich aber, über die Gründe nachzudenken. Damit meine ich nicht die Anzeigen- und Auflagenschwünde, über die ohnehin genug diskutiert wird. Das sind alles nur Symptome einer größeren Entwicklung. Denn: Warum schwinden die Anzeigen denn? Weil sie keiner mehr braucht.

Hier ist der Umkehrschluß sehr interessant: Früher mal, so vor 20 Jahren, brauchte man die Tageszeitungen. Sie waren alternativlos. So (um an dieser Stelle mal einen etwas gewagten Vergleich zu bemühen), wie vor 40 Jahren mechanische Uhren alternativlos waren. Das sind sie schon längst nicht mehr. Digitaluhren sind genauer, wartungsfreier, billiger und können mehr. Aber dennoch gibt es nach wie vor Zeitmesser ohne Batterie – und mechanische Chronografen sind nicht nur am teuersten, sie sind auch diejenigen Uhren, an denen die Hersteller am meisten verdienen.

Insofern ist dieses Beispiel vielleicht doch nicht so gewagt, denn den Zeitungen steht ein Wandel noch bevor, den die Uhrenindustrie schon hinter sich hat: Der Wandel nämlich vom notwendigen Alltagsgegenstand zum Luxusartikel, zum Status-Symbol.

Wie groß die Chance ist, die darin liegt, hat mittlerweile schon der eine oder andere begriffen. Aber: Nur wenige Verlage haben den Mut, die Konsequenzen zu ziehen. Um nochmal zu meinem Uhrenvergleich zurückzukommen: Mit billigen Leiharbeitern aus der dritten Welt kann ich keine Rolex zusammendengeln, die dem Namen Ehre macht. Mit Blech und Schrauben aus der zweiten Wahl wird das ebenfalls nix werden. Klar: Hochwertige Rohstoffe (für Zeitungen etwa: moderne Technik) und perfekt ausgebildete Mitarbeiter, die freilich immer auch ihren Preis haben – ohne diese Komponenten wird der Wandel nicht gelingen.

Das Schöne aber ist: Noch können sich die Verlage aussuchen, welchen der beiden Wege sie gehen wollen. Aber vielleicht nicht mehr lange.

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Die neue „Süddeutsche.de“

[slideshow]Die armen Kollegen in München: Den Relaunch einer großen Website wie der „süddeutsche.de“ auf den Jahreswechsel zu legen, grenzt an Folter: Üblicherweise wird es ja zum Projektende hin immer etwas hektisch – ich möchte nicht wissen, ob aus den Reihen der SZ-Onliner irgendjemand die Chance hatte, Weihnachten oder Silvester zu feiern. Aber so ist der Krieg, und das Ergebnis der Mühen ist nun online zu bestaunen.

Die Macher selbst loben sich erstmal: Ordentlicher sei das alles, die Ressorts nun in einer festen Abfolge auf der Homepage vertreten. Ehrlich gesagt: Mir egal. Ich nutze eine Homepage, um schnell einen Überblick über die wichtigsten Themen zu bekommen. Und  wenn im Sport gerade nichts los ist, will ich einfach keinen Sport lesen. Aber gut.

Gaaanz wichtig sind natürlich Social Media. Dass der neue SZ-Online-Chef Stefan Plöchinger auf seinem Twitter-Account gerade mal gute 600 Tweets vorzuweisen hat (was ihn als ziemlichen Anfänger auf dem Gebiet outet), läßt nicht unbedingt Gutes ahnen. Immerhin: Die SZ hat ihre Twitterei besser strukturiert als früher, es gibt nach dem Vorbild von Vorreitern wie etwa der Bahn AG verschiedene Accounts für verschiedene Bereiche, und offenbar kürzeln die Mitarbeiter ihre Tweets auch – sehr gut, denn nur so bekommt man mit, wer was geschrieben hat.

Ansonsten fällt mir wenig spektakuläres auf – mithin auch wenig, das wirklich „besser“ ist als in der alten Version. Interessant ist aber, welche Rolle derdiedas „Print“ auf der neuen Seite spielt. Hier hat man ein paar Ideen aufgegriffen, die sich schon vor über 10 Jahren als falsch herausgestellt haben. Zum Beispiel diese hier: Da liest man in der Marginalspalte der Homepage doch tatsächlich, was „morgen in der SZ“ steht. Liebe Leute: Das ist einfach Quatsch. Niemand will das wissen. Wenn die Themen wichtig sind, will ich sie HEUTE lesen, bitteschön. Nicht fehlen darf offenbar auch der Hinweis im Redaktionsblog, dass es auf der Website nicht „um die komplette tägliche SZ mit Hunderten Artikeln, Analysen, Hintergründen und viel Lesestoff handelt“, die man ja auch „ja auch digital kaufen“ könne. Nachdem man neuerdings selbst vom weltweiten Vorreiter der so genannten „Paywall“ im Zeitungsmarkt, der New York Times nämlich, in jüngster Zeit keine Erfolgsgeschichten mehr hört, zeigt auch dieses Detail eine gewisse Ratlosigkeit, wie denn nun online Geld zu verdienen sei. Wenn den schwäbischen Herrschern im Reich der SZ dazu nicht mehr einfällt als das, sehe ich zumindest grau.

Alles in allem: Es ist vieles neu an der Online-SZ (ach, stimmt ja: Auch der Umlaut im Titel zählt dazu!!!), aber wahrlich nicht alles besser.

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Jeff Jarvis: Wenn die Bezahlschranke auf dem Kopf steht

Jeff Jarvis wieder mal. Der bekennende Google-Fan, Buchautor („What would Google do?“, „Public Parts“) und Journalismus-Dozent hatte jüngst eine Idee, die er auf seinem Blog „Buzzmachine“ veröffentlicht hat.

Die Idee bezieht sich auf die „weiche Bezahlschranke“, wie sie die New York Times und andere Medientitel eingeführt hatten. Das Modell heißt ja vereinfacht in etwa: Lies eine Anzahl von x Artikeln umsonst (oder folge einem Link auf Twitter und Facebook und lies den verlinkten Content for free), aber bezahle ab einer Anzahl von x+1 Artikeln eine monatliche Gebühr. Mit diesem Modell hat die NYT nach eigenen Angaben über 300.000 neue Abonnenten gewonnen.

Jarvis sagt nun sinngemäß: Was wür ein Quatsch. Durch das Modell werden seiner Meinung nach „Freibiergesichter“ belohnt, die nur mal schnell ein paar Artikel lesen wollen. Ernsthafte Nutzer und „Fans“ der Times aber werden bestraft: Sie müssen ja zahlen.

Jarvis´ These ist so einfach wie bestechend: Warum dreht man das ganze Modell nicht einfach um? Das heißt also: Vom ersten Artikel an kostet die Nutzung der NYT Geld, etwa in Form einer artikelbezogenen Gebühr oder einer Art „Deposit“, die man einmal einzahlt und dann nach und nach „abarbeitet“. Auf diese Art wäre ausgeschlossen, dass Heavy User die Schnorrer subventionieren müssen. Aber es geht noch weiter. Jarvis schlägt vor, dass ein User immer dann eine Art „Credit“ bekommt, wenn er einen Mehrwert für die NYT schafft. Also: Schaut jemand einen Werbebanner an: Credit. Klickt er auf den Banner: Credit. Teilt oder Favt oder Liked er einen Inhalt des Verlages auf Sozialmedien: Credit.

Auf diese Weise könnte das Angebot für den User am Ende doch wieder kostenlos werden – allerdings im Rahmen einer ganz klaren Win-Win-Situation, denn der Leser hätte ja dann für den Verlag einen echten geldwerten Vorteil erzeugt.

Ich sage: Eine wirklich tolle Idee, die man weiter verfolgen sollte.

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Journalismus: Hoffnungsschimmer mal zwei

[youtube=http://www.youtube.com/watch?feature=player_profilepage&v=vK2_3WRRqgQ]Journalisten sind derzeit arg verunsichert – siehe das obige Video der „Axel Springer Akademie“ zur Zukunft der Zeitung. Aber: Zum Jahresende ist man ja eher versöhnlich gestimmt. Deswegen hier angesichts der vielen, vielen schlechten Nachrichen, die insbesondere Print-Journalisten in 2011 zu erdulden hatten, mal zwei Ansätze, die uns alle Hoffnung geben können – auch wenn sie aus ganz verschiedenen Richtungen kommen.

Der eine, vorgetragen von dem britischen Journalisten und Journalismus-Fachmann Steve Dyson, singt das Hohelied der Lokalzeitung. Am Beispiel der „Gazette & Herald“ wird erklärt, warum guter Lokaljournalismus noch immer sein Geld wert ist: Weil er eine lokale Geschichte mit allen Details erzählen kann – und das kann man nur, wenn man tatsächlich Reporter (erfahrene Reporter!) am Ort des Geschehens hat. Weil er weiß, was für die Menschen vor Ort wichtig ist und was sie interessiert. Weil er akribisch sein kann, weil er durchaus auch in der Print-Ausgabe genügend Platz hat, um seine Geschichten in hinreichender Ausführlichkeit zu erzählen. Und weil eine Print-Zeitung für die vielen Geschichten, die sie exklusiv bringen kann, immer noch saubillig ist.

Der zweite Ansatz ist ein digitaler. Er reflektiert auf die Ereignisse des arabisch-afrikanischen Frühlings, aber auch auf Themen wie die Erschießung von Osama Bin Laden, also insgesamt auf die Tatsache, dass „Breaking News“ heute in den Sozialmedien stattfinden und selbst klassische Nachrichtenagenturen das Primat der Nachrichtensetzung an diese Sozialmedien – allen voran Twitter – verloren haben. Und nicht nur das: Selbst dann, wenn klassische Medien die News etwas später „nachtwittern“, erzielen sie damit oft weniger Reichweite als „echte“ Blogger oder einfach Leute, die schlicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Folgerichtig nennt die Journalismus-Website „GigaOm“ diesen Paradigmenwechsel „News as a Process“ – und sieht ihn als Chance.

Denn: Den unglaublichen Wust an sich teilweise widersprechenden Info-Schnipseln, der dadurch entsteht, dass jeder Handybesitzer plötzlich eine Stimme hat, die potenziell alle hören können, muß ja irgendjemand ordnen. Und wer wäre dafür besser qualifiziert als Journalisten, die Nachrichtenauswahl und das Verifizieren von Quellen gründlich gelernt haben?

Eben. Die Zukunft an dieser Stelle könnte also so aussehen: Die Breaking News kommen von Twitter und Facebook zunächst mal ungefiltert in die Welt. Professionelle Journalisten filtern und verifizieren das Material und geben etwas später eine quasi „offizielle“ Version der Ereignisse heraus. Diese Version kann und wird sich solange ändern, wie eine Geschichte in Fluß ist – nehmen wir die Proteste in Ägypten, die sich über Wochen und Monate hinzogen. Wenn die Vorgänge hinreichend klar sind, kommen wiederum die professionellen Journalisten, stellen alles in einen Zusammenhang und erklären es – wobei sie sich an dieser Stelle durchaus auch schon mal vom hektischen Tagesgeschäft zurückziehen, um eben wirklich gründlich sein zu können. An letzter Stelle stehen im „Journalismus als Prozess“ dann ebenso wie heute: Die Geschichtsbücher.

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QR-Codes: Zukunft für Zeitungen?

Lange hat´s gedauert: QR-Codes, jene 1994 für den Autobauer Toyota entwickelten Pixelmuster, treten derzeit einen kleinen Siegeszug durch deutsche Printmedien an: Der „Spiegel“ setzt sie ein, um seinen Lesern komfortabel digitale Mehrwerte anzubieten, auch der Stern. Ganz aktuell überlegen sogar Fernsehsender, ob der geneigte Zuschauer nicht vielleicht eher zu einem Spontankauf via Bildschirm zu überreden sei, wenn er dazu nur kurz sein Handy vor den Bildschirm halten muß.

Aber ach, das mit den QR-Codes („QR“ steht übrigens für „Quick Response“) ist so einfach nicht. Erstmal muß man ja prinzipiell wissen, was das bitteschön überhaupt sein soll. Dann braucht man ein Smartphone mit Kamera und die passende App. Und dann hat man, wie jüngst die „Zeit“ feststellte, auch noch ein Sicherheitsproblem: Keine der aktuellen QR-Code-Apps zeigt nämlich den Inhalt des Codes vorab an, sondern alle öffnen gleich die codierte Website. Wenn aber in der URL z. B. via Javascript ein Schadcode eingebettet ist, hat man den Datensalat.

Auf der anderen Seite aber steht ein potenziell hoher Nutzwert – und endlich mal ein echtes, komfortables „Crossmedia“-Erlebnis, ohne dass man mühselig irgendwelche in der Zeitung abgedruckten Links nachtippen muß.

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Lokaljournalismus wirkt

Eine Geschichte fast wie aus dem Märchen: Am Nürnberger Stadtpark gab es schon seit einiger Zeit immer wieder Streß: Auf einer Gruppe von Parkbänken am Rande der Anlage ließen sich regelmässig – sprich: täglich – einige Menschen nieder, die den Tag über offenbar nichts besseres zu tun hatten, als sich schön professionell und schön langsam (aber keineswegs leise) vollaufen zu lassen. Von dem Lärm, der teilweise bis in die Nacht dauerte, fühlten sich die Anwohner teils massiv gestört. Trotz zahlreicher Beschwerden ist aber lange nichts passiert. Bis der Nürnberger Stadtanzeiger, eine Publikation meines Arbeitgebers, des Verlags Nürnberger Presse, sich des Themas angenommen hat (im Bild sieht man, wie ein Anwohner die Geschichte nebst weiteren Materialien im Treppenhaus eines Anlieger-Hauses aufgehängt hat).

Seit einigen Tagen sind die Parkbänke abmontiert und die Trinker weg.

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