DAB-Radio: Eine Nachlese.

Vergangene Woche hatte ich ja hier auf dem Blog meinen ersten kleinen Shitstorm – und ganz nebenbei auch den Tag mit den zweitmeisten Zugriffen überhaupt. Ich hatte mich in einem Beitrag (sicherlich etwas provokant) mit der Frage beschäftigt, ob man mit DAB+ eine neue Hörfunk-Struktur einführen sollte, wenn es mit Webradio bereits eine Technologie gibt, die meiner Meinung nach wesentlich zukunftssicherer ist, weil sie dem Medium einfach mehr Möglichkeiten bietet.

Ich hätte nie gedacht, dass in dem Thema so viel Emotion ist. Vielen Kommentaren war eine deutliche Leidenschaft fürs Radio anzumerken, deswegen habe ich auch jeden einzelnen Kommentar (auch die nicht ganz so sachlichen) beantwortet. In der Diskussion haben sich ein paar „Highlight-Argumente“ herausgestellt, die immer wieder genannt wurden. Ich möchte sie hier nochmal aufschreiben und dann nochmal in geordneter Form darauf eingehen, weil vielleicht nicht jeder Leser sämtliche Kommentare und meine Antworten darauf anschauen konnte.

  1. Web-Radio ist zu teuer (viele Leute haben heute noch keine hinreichend günstigen Datentarife für ihre Mobilgeräte).
  2. Über Mobilfunk verbreitetes Webradio funktioniert noch nicht in allen Gebieten zuverlässig.
  3. DAB+ ist „gut genug“, weil besser als UKW und mit mehr empfangbaren Sendern ausgestattet.

In meinen Antworten auf die Kommentare habe ich es mehrfach schon gesagt: Die Argumente 1 und 2 sind mit heutigem Stand vollkommen korrekt. Man kann zwar auch da trefflich darüber streiten, ob nun x Euro für eine LTE-Flatrate „zu teuer“ oder „billig genug“ sind. Und noch viel trefflicher kann man darüber streiten, ob die 64 oder maximal 128 kbit/S. Bandbreite, die man für Webradio braucht, angesichts von aufs Handy gestreamten Youtube-Videos nun tatsächlich so dramatisch sind.

Aber vielleicht muß man ja gar nicht streiten. Meine Thesen haben sich (und das wurde vielleicht nicht hinreichend deutlich) mit der (nahen) Zukunft beschäftigt. Und da glaube ich einfach, dass die Themen „Bandbreite“ und „Abdeckung“ gelöst werden. Und die Preisentwicklung bei Mobilfunk in der Vergangenheit zeigt m. E. sehr deutlich, wohin die Reise mutmaßlich geht. Aber natürlich kann ich mich da irren.

Damit kommen wir zum dritten Argument. Und da lohnt sich aus meiner Sicht tatsächlich ein weiteres Nachdenken. Denn DAB ist inhaltlich (!!!) nichts weiter als alter Wein in neuen Schläuchen. Dadurch, dass das Programm der Sender nun digital statt analog verbreitet wird, ändert sich überhaupt nichts – außer, dass sich die Hörer neue Geräte kaufen müssen.

Aber wenn ich Radiomann wäre, dann wäre ich begeistert von den völlig neuen Möglichkeiten, die mir das Internet als völlig anders gearteter, weil mit einem Rückkanal ausgestatteter „Sendeweg“ böte – und ich hätte Lust, sie auszuprobieren.

Klar: Das tun heutige Webradiosender zum allergrößten Teil auch nicht. Auch hier findet meist einfach nur „Radio“ statt.

Aber was könnte man alles machen!

  • Dadurch, dass man in vielen Fällen den Standort des Hörers kennt, könnte man lokale Werbung einblenden. Ich würde also, während ich in Nürnberg den Londoner Sender „Jazz FM“ höre, keine Londoner Werbung eingeblendet bekommen (die mich nicht interessiert), sondern Angebote aus meiner eigenen Gegend. Auf Webseiten ist derlei schon lange üblich – man gehe einfach mal zu Amazon, schaue sich dort irgendwelche Produkte an und surfe hernach zu Spiegel online – und siehe da: Dort werden als Werbung genau jene Produkte eingeblendet, die man gerade erst auf Amazon angeschaut hat.
  • Man könnte technisch sehr einfach eine Möglichkeit anbieten, den gerade laufenden Song bei iTunes oder Amazon zu kaufen.
  • Man könnte die Sendungen nicht nur live, sondern auch zum „Nachhören“ anbieten
  • Man könnte Interaktion mit dem Zuhörer anbieten, zum Beispiel könnte man aus drei Songs voten lassen, welcher davon als nächstes gespielt werden soll, oder die Hörer könnten bei jedem laufenden Song ein „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ signalisieren, was die Programm-Macher dann wiederzum zur weiteren Optimierung einsetzen könnten
  • Und, und. und.

Bei meinem Text in der vergangenen Woche ging es mir eigentlich darum, folgendes zu sagen: Wollen wir angesichts dieser vielen spannenden Möglichkeiten wirklich noch in eine Brückentechnologie investieren, die eigentlich heute schon obsolet ist und die es in fünf Jahren allerspätestens sein wird? Ich glaube immer noch: Eher nicht.

3 Kommentare zu “DAB-Radio: Eine Nachlese.

  1. Viele der oben aufgezeigten Argumente sind gut nachvollziehbar. Auch ich hab mich gefragt warum DAB+ einführen wenn’s Webradio gibt. Die Technikexperten sagen mir allerdings, daß es noch sehr lange dauern wird (und wohl immer teurer sein wird) bis die entsprechenden Kapazitäten für Webradio in derselben Qualität wie DAB+ zur Verfügung stehen.

  2. Ich möchte eigentlich gerade keinen Rückkanal. Ich möchte keine personalisierte Werbung von lokalen Geschäften. Wenn ich Radio aus London höre, dann will ich genau das gelche wie wenn ich selbst dort wäre. Da geht doch die Stimmung verloren, wenn der Sender aus London plötzlich unterbrochen wird und mir einen lokalen Werbespot auf deutsch vorspielt, der mir schon zum Hals raus hängt weil ich ihn hundert mal auf anderen Sendern anhören musste.

    1. Ein interessantes Argument! Mir geht es ehrlich gesagt persönlich ganz genauso, ich finde die Londoner Werbung auch ganz schick. Aber: Das Geschäftsmodell der Sender (und damit die wirtschaftliche Chance von Webradio) liegt ja gerade darin, sich über Werbung zu refinanzieren… Das ist ein Problem.

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