… One more thing: Das „Fire-Phone“ von Amazon

Fire-Phone, das neue Smartphone von Amazon. Wer es kauft, bekommt kostenlos ein Jahr Mitgliedschaft bei Amazon Prime.
Fire-Phone, das neue Smartphone von Amazon. Wer es kauft, bekommt kostenlos ein Jahr Mitgliedschaft bei Amazon Prime.

Häufig hat man die These in letzter Zeit gelesen: Bei Apple ist die Luft raus. Dem Konzern, so lamentieren landauf, landab die Fachjournalisten, falle spätestens seit der Einführung des iPads (das war, for the record, im Jahre des Herrn 2010) nichts wirklich neues mehr ein. Zwar munkelt es hinter den Kulissen beständig, das nächste große „one more thing“ käme bald, demnächst, asap, ganz bestimmt…. Nur: Es kommt nichts.

Mag sein, dass den Innovations-Stab von Apple nun einer übernimmt, dem man genau das als allerletztes zugetraut hätte: Der als biederer Kaufmann verschrieene Jeff Bezos, seines Zeichens Chef von Amazon und irgendwie die Knickerigkeit in Person. Es ist keine Legende, sondern die schlichte Wahrheit, dass Bezos sich in der Regel von seiner Gattin im familieneigenen Mini-Van aus japanischer Produktion ins Büro chauffieren läßt. Oder daß die Schreibtische bei Amazon traditionell aus aufgebockten Türen bestehen, die man vorher billigst im Baumarkt erworben hat. Das sei schließlich günstiger als „richtige“ Schreibtische, wird Bezos zitiert.

So einer ist in der Regel gegen Visionen immun. Und: So einem ist die buddhistisch-esoterisch-ganzheitliche Auffassung eines Steve Jobs davon, was ein disruptives Produkt ist, ziemlich fremd.

Was man an den frühen Erzeugnissen von Amazon auch überdeutlich ablesen konnte: Die ersten Kindles hatten nichts von der Eleganz, der Radikalität der auf einen einzigen Bedienknopf reduzierten iPhones oder iPads. Sie waren klobig, die Bedienung ein mittlerer Alptraum, die billige Plastik-Tastatur an der Grenze zur Unbenutzbarkeit.

Doch eines kann man Bezos nicht vorwerfen: Er sei nicht lernfähig.

Aktuelle Kindles (ich selbst besitze die erste Ausgabe des Kindle Touch) sind eine wahre Freude für alle, die gerne lesen: Leicht, einfach zu bedienen und mit einer Batterielaufzeit, die ihresgleichen sucht. Auch die Fire-Tablets sind attraktiv für Leute, die mit ihrem Tablet vornehmlich Amazon-Inhalte, also Bücher, Musik oder Videos, konsumieren möchten und die im Produktiv-Bereich höchstens mal ein E-Mail-Programm brauchen.

Auf dieser Vorgeschichte bauen Amazon und Bezos nun auf.

Das neue „Fire Phone“, das Bezos heute vorgestellt hat, könnte ein echter Meilenstein werden. Und das gerade weil es alles andere als radikal ist – jedenfalls im landläufigen Sinne.

Was man so hört, kommt die Hardware des Fire Phone von der Stange: Ein „normaler“Quadcore-Prozessor, 16 oder 32 Gigabyte Speicher (nicht erweiterbar), ein Preis zwischen 200 und 300 Dollar, ein Display mit 4,7 Zoll und 1280 Pixeln horizontaler Auflösung.

Aber das ist alles nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie das Fire-Phone konzipiert ist.

Denn das Telefon bietet seinen Nutzern nicht weniger als einen völlig neuen Zugang zur Welt. Und dieser Zugang funktioniert nach dem Prinzip: „Was auch immer Dich interessiert, was auch immer Dich wundert, was auch immer Du wissen oder – vor allem – haben willst: Richte einfach Dein Fire-Phone darauf, und Amazon hilft Dir.“ Also beispielsweise: „Du willst wissen, was gerade im Fernsehen läuft? Richte einfach Dein Handy drauf!“ Das Fire-Phone erkennt nämlich, welche Folge welcher Serie gerade läuft – und natürlich auch, wie man diese Folge (oder die ganze Serie) bei Amazon kaufen kann. Oder: „Du weißt nicht, wo Du gerade bist? Richte einfach Dein Handy auf ein Straßenschild, und Dein Handy zeigt Dir auf Google Maps, wo Du Dich befindest.“

Das alles klingt vielleicht nicht wirklich spektakulär – schließlich gibt es längst Produkte wie Google Glass, die ähnliche Fähigkeiten versprechen. Nur: Google Glass gibt es noch immer nicht für Normalbürger zu kaufen (und schon gar nicht für 300 Dollar…). Und auch all die anderen Produkte, die angeblich alles können, sind noch nicht auf dem Markt.

Das Fire-Phone aber kommt am 25. Juli (zunächst nur in die USA). Ich bin gespannt, was dann passiert.

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