Apple WWDC: Der Krieg der Öko-Systeme

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Die WWDC von Apple hat diese Woche gezeigt, wo der Weg der Computer-Welt in Zukunft (und zwar schon in allernächster Zukunft) hingehen wird.

Die zahlreichen Neuerungen, die Apple-Chef Tim Cook und Software-Chef Craig Federighi vorgestellt haben, weisen alle in dieselbe Richtung: Die verschiedenen Apple-Geräte, die ein Mensch so hat (zum Beispiel ein Mac oder Macbook, ein iPad und ein iPhone) sollen noch enger, noch nahtloser, noch komfortabler zusammenarbeiten. Die Veränderungen an iCloud, das nun auch als universelles „Datengrab“ dienen kann, die hübschen Gimmicks, dass man zum Beispiel eine Mail auf dem Mac beginnen kann, und eine Sekunde später auf dem iPhone nahtlos weiterschreiben: Das alles ist erstmal toll.

Man muß aber auch sehen, welche Folgen es hat: Man ist als User immer stärker in der Apple-Welt gefangen. Die Handschellen sind zwar aus rosa Plüsch, aber es sind Handschellen. Denn erstens funktionieren all die schönen Funktionen natürlich nur in der Apple-Welt und nicht etwa mit Windows- oder Android-Geräten. Man ist also letztlich gezwungen, alle seine digitalen Endgeräte bei Apple zu kaufen (und nur am Rande: Das Ganze setzt sich im Home-Entertainment mit Sachen wie Airplay oder Apple TV noch weiter fort… und in diesem Bereich scheint Apple ja auch einiges zu planen, das sicherlich auch noch stärker in diese Richtung gehen wird.).

Zweitens ist Apple ja nicht das einzige Unternehmen, das im Moment die Plüsch-Handschellen ausgepackt hat. Mindestens Google macht es genauso – und Amazon versucht es im Rahmen seiner noch etwas beschränkten Möglichkeiten.

Dafür nur ein Beispiel: Appple hat trimmt seine Produktivitäts-Software, die unter dem Namen „iWork“ läuft und die Programme Pages, Numbers und Keynote enthält, immer mehr in Richtung Cloud. Schon seit der vorletzten Version kann man seine Dokumente mit der Cloud synchronisieren und sie z. B. auch über den Browser abrufen. Und: Die ehemals kostenpflichtigen Anwendungen gibt es jetzt bei neuen Geräten einfach so kostenlos dazu. Und das natürlich sowohl auf dem klassischen Rechner als auch auf iPhone und iPad. Aber wenn man es mal etwas böse formuliert, dann ist das ganze Unterfangen wenig mehr als die Reaktion auf das, was Google schon seit Jahren mit seinen „Docs“ (vor einiger Zeit umbenannt in „Drive“) macht. Nur ist der Google-Ansatz zumindest derzeit noch ein stück weiter offen. Denn die Google-Dokumente bearbeitet man plattformübergreifend im Browser, und Apps gibt es sowohl für Android als auch für iOS. Dennoch sind auch bei Google Tendenzen erkennbar, das eigene Öko-System noch weiter abzuschotten, etwa dadurch, dass bestimmte Funktionen in Drive nur (oder zumindest am besten) mit Googles eigenem Browser Google Chrome funktionieren.

Letztlich, denke ich, wird es kurz- und  mittelfristig auf einen Krieg der Ökosysteme hinauslaufen, da letztlich alle der großen drei (oder vier, wenn man Amazon noch dazurechnet), nämlich Microsoft, Apple und Google, mehr oder weniger die gleichen Leistungen fürs gleiche Geld anbeiten – allerdings jeweils mit einem hohen Jägerzaun drumrum, der den Austausch zwischen den Systemen zumindest stark erschwert.

Der Dumme is bei der ganzen Angelegenheit der Kunden, und zwar gleich zweifach. Zum Einen ist es ja so, dass jedes der verschiedenen Systeme seine ganz speziellen Vorteile hat. So ist etwa Google Drive supereinfach zu bedienen, hat (lgosich!) eine extrem tolle Suche eingebaut und funktioniert auch über eine nicht ganz so schnelle Internet-Anbindung. Dafür sind die Apple-Dokumente optisch wesentlich hübscher, und gegen das extrem ausgereifte iTunes-Ökosystem hat Google auch nicht so richtig etwas entgegenzusetzen. Aus (jedenfalls meiner) User-Sicht wäre also ein Mix aus den verschiedenen Plattformen das Optimale. Aber das geht ja leider immer weniger.

Zum zweiten aber habe ich meine Daten in der Regel bei einem der Anbieter in dessen Cloud gespeichert. Es macht ja keinen Sinn, etwa jedes zweite Textdokument bei Apple und den Rest verteilt auf Google und Microsoft zu speichern. Es hat also EIN Anbieter ALLE meine Daten. Zu schweigen von der Frage, ob ich das möchte: Es wird schon spannend werden, im Zweifelsfall die Daten alle aus diesem Gefängnis wieder zu befreien.

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Google setzt „Recht auf Vergessen“ um

20140530-075138-28298374.jpgEs ist eine kleine Überraschung: nur zwei Wochen nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs zum „Recht auf Vergessen“ im Internet setzt er Suchmaschinenbetreiber Google das Urteil auch schon um. seit gestern gibt es hier ein Formular, das man ausfüllen kann, wenn man bestimmte Seiten aus dem Suchindex von Google gelöscht haben möchte. Freilich ist dafür als Legitimation eine Kopie des Ausweises oder Führerscheins notwendig. Außerdem behält sich Google die Prüfung der Anträge und eine eigene Entscheidung darüber vor. Auf der Seite selbst steht als Begründung zu lesen, man wolle sich und den Antragsteller vor Identitätsdieben schützen.
Eines sollte jedem Antragsteller allerdings klar sein: mit der Löschung bei Google passiert auch „nur“ das. Bei anderen Suchmaschinen wie etwa Microsofts Bing bleibt man weiterhin auffindbar. Und außerdem verschwinden durch die Löschung bei Google natürlich nicht die eigentlichen Webseiten aus dem Netz, auf die Google verlinkt hatte. Es wird lediglich der Link im Google Index entfernt.
Google selbst legt in Person von CEO Larry Page und Aufsichtsratschef Eric Schmidt größten Wert auf die Feststellung, dass man das Urteil des EuGH nach vor nicht gut finde. Schmidt verweist darauf, man habe es bei dem Thema mit Balance aus „Recht auf Vergessen“ und „Recht auf Wissen“ zu tun. Und diese Balance sei mit dem Urteil aus dem Gleichgewicht gekommen.
Da ist sicherlich etwas dran. Und außerdem stellt sich die Frage, ob nun nicht andere Anbieter auf den Plan treten werden, die etwa aufgrund eines Firmensitzes außerhalb der EU das Urteil einfach umgehen können. Unter dem Strich steht zweierlei: einerseits ein für viele sicherlich überraschend gesetzestreues Verhalten von Google. Und auf der anderen Seite ein weiteres Beispiel dafür, dass die Justiz technisch und inhaltlich nicht unbedingt auf der Höhe der Internetzeit angekommen ist.

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„Sozialer Journalismus“ – ein neuer Beruf?

Jeff Jarvis
Jeff Jarvis – Foto: Eirik Solheim

In seinem immer sehr lesenswerten Blog „Buzzmachine.com“ hat der US-Journalist und Hochschullehrer Jeff Jarvis über eine Initiative seiner Hochschule Berichtet. Die „City University of New York“ will auf Vorschlag von Jarvis ein Curriculum namens „Social Journalism“, also zu deutsch etwa „sozialer Journalismus“ einführen.

Was aber soll das sein? Jarvis schreibt in seinem Antrag,

We see the need and opportunity to meet journalism’s mission of informing communities in new ways using the new tools afforded by the internet, resetting the profession’s relationship with the public and shifting its focus from content toward service.

Eine „Verlagerung des Schwerpunkts von Inhalt zu Service“ – aha? Heißt das etwa, wir berichten nicht mehr nur über die Eierpreise auf dem örtlichen Marktplatz, wir verkaufen jetzt auch die Eier?

Nicht ganz. Der scheinbar künstliche Widerspruch zwischen „Inhalt“ und „Dienstleistung“ (wir Journalisten sehen uns schließlich schon immer als Dienstleister) läßt sich relativ leicht auflösen.

Wenn ich ihn richtig verstehe, geht es Jarvis zwar durchaus um einen „tieferen“ Leserservice, als klassische Tageszeitungen ihn heute anbieten. Er meint, das „da sein für den Leser“ lasse sich auch über das Erstellen eines Berichts über gewisse Missstände hinaus noch weiter denken, etwa dahin, dass man etwa Diskussionsveranstaltungen organisiert (was es ja heute auch schon gibt) oder ähnliches.

Aber der Kern des Gedankens dreht sich um etwas anders. Nämlich um die von vielen klassichen Medien immer noch unterbewertete Tatsache, dass im Internet und in den sozialen Netzwerken sehr viel Inhalt „schon da ist“. Wenn etwa in einer dörflichen Gemeinde Jahrmarkt, Kirchweih oder Dorffest ist, dann findet sich darüber garantiert etwas auf Facebook. Wer unter den Lesern nicht bei Facebook ist, hat jedoch derzeit Pech gehabt, denn er sieht diesen Inhalt nicht.

Und natürlich: Vieles (bis das meiste), was „normale Leute“ online so posten, genügt natürlich keinerlei journalistischen Qualitätsansprüchen. Vulgo: Man weiß nicht, ob´s stimmt. Von handwerklichen Fragen wie dem korrekten Aufbau eines Textes oder auch nur dem Vorhandensein von Bildzeilen mal ganz abgesehen.

Insofern kann ich mir durchaus vorstellen, dass Journalisten ein neues und wichtiges Tätigkeitsfeld im so genannten kuratieren von Inhalten finden könnten. Auch neue Themen, sogar ganze Themenfelder können sich so erschließen. Und nicht zuletzt schärft ein genauerer Blick auf das im Netz bereits vorhandene sicherlich das Gespür, wenn nicht sogar das Wissen um die tatsächlichen Bedürfnisse des Lesers.

Und Insofern sage ich: Social Journalism ist möglicherweise eine richtig gute Sache – besser jedenfalls (zumindest auf den ersten Blick) als so viele eierlegende-wollmilchsau-Studiengänge an deutschen Hochschulen, in denen versucht wird, den medizinisch gebildeten Journalismus-Juristen mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund zu züchten – was ab und zu mal leider schief geht. Besser ist es da schon aus meiner Sicht, mein bleibt  – wie die CUNY – erst mal beim inhaltlichen und entwickelt dieses Aufgabengebiet aber Richtung Zukunft weiter.

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Netflix kommt nach Deutschland – Fernsehen wird wieder spannend

 

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Wie der amerikanische Tech-Blog „Recode.net“ berichtet, kommt der amerikanische Streaming-Anbieter Netflix noch dieses Jahr nach Deutschland. Bereits jetzt kann man sich auf der Netflix-Website (s.o.) für den Dienst registrieren und wird dann rechtzeitig vor dem Start benachrichtigt.
Damit stehen uns deutschen Fern-Sehern spannende Zeiten bevor. Denn derzeit gibt es ja bereits mehrere Anbieter, die im Streaming-Video-Bereich aktiv sind. Alle diese Dienste arbeiten nach einem Flatrate-Modell, man bezahlt also eine monatliche Gebühr und kann dafür so viele Filme oder Serien gucken, wie man möchte. Solche Angebote gibt es beispielsweise von Amazon („Lovefilm“) oder Watchever – am letzteren Dienst ist unter anderem der Springer Verlag beteiligt.
Netflix hätte das Zeug, den etwas betulichen Streaming-Markt so richtig aufzumischen. Schließlich hat das Unternehmen etwa dadurch von sich reden gemacht, dass es mit „House of Cards“ eine extrem aufwändige Eigenproduktion mit Kevin Spacey in der Hauptrolle hingelegt hat – tendenziell deckt Netflix also die komplette Wertschöpfungskette von der Herstellung eines Films bis zu dessen Vermarktung ab.
Auf der anderen Seite ist die Frage, inwieweit ein halbwegs „anderes“ oder „besseres“ Angebot überhaupt möglich ist. Denn bei vielen Filmen erlaubt die Rechte-Situation ein Streaming einfach nicht, deshalb kann sie keiner der heutigen Anbieter zeigen. Auf jeden Fall aber betritt mit Netflix ein extrem großer Player das Feld, sodass die Luft für kleinere Anbieter wie Watchever oder Maxdome vermutlich eher dünner wird. Ich bin gespannt!

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Die Polizei-Drohnen kommen!

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Eine Drohne eines amerikanischen Herstellers, die auch der Polizei angeboten wird (Foto: Draganfly)

Und wieder wird eine düstere Prophezeihung aus der Welt der Science Fiction wahr: Die Polizei geht jetzt auch mit Drohnen auf Verbrecherjagd. Zwar noch nicht in Deutschland (und noch nicht im Regelbetrieb) – aber immerhin: Wie heise online heute berichtet, geht der Sheriff von North Dakota mittlerweile auch per Drohne auf die Pirsch.

Müssen wir uns da Sorgen machen?

Ich meine: Es kommt drauf an. Natürlich ist es ziemlich egal, ob eine Verfolgungsjagd per Hubschrauber oder per Drohne durchgeführt wird, und ob man einen Tatort von einer Feuerwehrleiter oder mittels Drohne fotografiert. Beziehungsweise: In beiden Fällen ist die Drohne sicher die bessere Wahl, da billiger, schneller einsetzbar, flexibler und ohne Gefahr für Menschen.

Aber eine Drohne kann ja noch viel mehr als ein Hubschrauber. Zum Beispiel in Gebäude eindringen, falls zufällig ein Fenster offen steht. Oder, wenn sie besonders klein ist (solche Maschinchen sind ja schon in der Entwicklung) kann sie auch einfach durchs Schlüsselloch fliegen. Und ob sich der jeweilige Operator jedesmal vorher einen Durchsuchungsbeschluß holt, ist da schon sehr die Frage.

Und natürlich ist auch die Frage, ob die Schlüsselloch-Drohne für immer und alle Zeiten unbewaffnet sein wird…

Der andere Punkt ist: Drohnen können sich wesentlich besser verstecken als Hubschrauber. Das muß kein Nachteil sein, wenn man berechtigterweise irgendwelchen Schwerverbrechern auf der Spur ist. Aber auf der anderen Seite hat man hier ein spottbillig zu habendes in großer Stückzahl beschaffbares Mittel zur Observation großer Menschenmengen an der Hand. Man sollte hier auch nicht vergessen, dass viele Drohnen heute schon völlig autonom fliegen können, man also keine Heerscharen von „Piloten“ braucht, um sie zu bedienen. Das ist insgesamt schon eine Gemengelage, über die der Gesetzgeber sehr genau nachdenken sollte, bevor er Drohnen-Einsätze der Polizei in Deutschland zuläßt.

Aber wie gesagt: Wenn dieser Denkprozess tatsächlich stattfindet, dann kann das Ganze sogar ein Fortschritt sein. Aber es muß nicht.

 

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Die Fotolia-App: Fotos verkaufen – überall

 

Vor vielen Jahren, als Foto-Plattformen wie Fotolia und iStockphoto noch relativ neu waren, habe ich mich viel damit beschäftigt: Endlich gab es eine Plattform, auf der ich meine ach-so-tollen Fotos online zum Verkauf anbieten konnte. Die Ernüchterung aber kam schnell: Nicht nur verfehlte ich mein Ziel, mithilfe der Plattformen sofort Millionär zu werden (sogar ziemlich deutlich…). Vor allem aber hat alles ziemlich genervt: Man mußte erstmal mit der großen Spiegelreflex losziehen, seine Motive suchen, fotografieren, dann in Photoshop aufwändig nachbearbeiten, dann über eine langsame Internet-Verbindung hochladen… und dann konnte man weder sicher sein, ob die Bilder überhaupt angenommen, noch, ob sie verkauft werden.
Dieser Aufwand war mir relativ schnell zu viel.
Aber jetzt habe ich Fotolia neu entdeckt und bin richtig begeistert. Denn mittlerweile bietet das Unternehmen eine recht schöne App an, die ich auf meinem iPhone nutzen kann. Und schwupps: Weg sind alle Probleme, die ich früher mit Fotolia hatte: Die Fotos macht man jetzt natürlich ganz einfach mit der iPhone-Kamera – die Fotolia-App bringt sogar eine eigene Kamera-Anwendung mit, die ich besser finde als das Original von Apple. Ich habe auch den (subjektiven) Eindruck, dass dabei techisch etwas bessere Bilder herauskommen.
Sind die Bilder „im Kasten“, kann man sie gleich innerhalb der App ein wenig bearbeiten und natürlich über LTE oder WLAN blitzesschnell hochladen. Und das war´s denn auch schon. Zwar kommt jetzt immer noch eine Phase des bangen Wartens, ob die Bilder von Fotolia zum Verkauf angenommen werden – aber in den zwei Wochen, die ich die App jetzt teste, war ich überrascht, wie viele Bilder im Verhältnis zu früher angenommen werden. Jetzt müssen nur noch die Verkäufe kommen…;)

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Facebooks „Newswire“: Hübsche Idee, (noch) wenig dahinter

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„Eine Anlaufstelle für Journalisten“ soll sie sein, die neue Facebook-Seite „FB Newswire“, die das Unternehmen vor Kurzem an den Start gebracht hat. Die Idee dahinter ist eigentlich recht hübsch: Facebook weiß schließlich, welche Nachrichten wann wo auf dem Dienst erscheinen und was wie oft geteilt wird. Kombiniere das mit den vielen persönlichen Daten, die Facebook über die User gesammelt hat – und Du hast eine personalisierte Nachrichtenmaschine, gegen die Google News erstmal sehr alt aussieht.
Im praktischen Test enttäuscht das Ganze jedoch noch sehr. Ich lese zwar allerlei kurioses wie etwa Geschichten über eine in Oklahoma gefangene besonders große Wasserschildkröte oder eine losgerissene und in die Luft gewehte Hüpfburg – aber richtige Nachrichten sind das eher nicht, und die Auswahl ist auch eher zufällig. Außerdem spielt sich mehr oder weniger das gesamte Geschehen in den USA ab. Ich werde FB Newswire trotzdem weiter im Auge behalten und berichten, wenn es sich noch irgendwohin entwickelt.

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Saturn und Amazon: der Logistik-Krieg

Leipzig_Innenansicht_mit_Amazon_Logo_1In einer Meldung bei Heise.de war heute folgendes zu lesen: die Media Saturn AG startet in einigen Städten Deutschlands einen Testlauf. Der besteht darin, dass man Waren bestellen kann, die am selben Tag geliefert werden. Das ist nichts weniger als eine Kampfansage – oder auch ein Ausdruck von Todesangst.

Denn es ist ja bekannt, dass der große Mega Konkurrent Amazon gleiches – wenn auch im Bereich der Lebensmittel – zumindest in den USA – ganz konkret plant. Und es sagt noch etwas: der nächste große Krieg im Einzelhandel ist nicht mehr der Krieg online gegen stationär – es ist der Krieg um die Frage, wer die Waren nicht nur verkauft, sondern auch liefern kann. Denn Anbieter wie Amazon – oder auch Media Saturn – können ihre Margen irgendwann nur noch dadurch optimieren, dass sie auch die Lieferung noch selbst übernehmen. Pb das funktioniert, kann man heute nicht sagen. Es besteht aber durchaus die Gefahr, dass einige der heutigen großen Logistiker dabei auf der Strecke bleiben.

Das muß für uns „Verbraucher“ zunächst kein Nachteil sein. Denn, sind wir doch mal ehrlich: Die „klassischen“ Logistiker können ziemlich nerven. Und ich rede jetzt noch nichtmal davon, dass keiner der aktuellen großen Player die Lieferung am selben Tag hinbekommt. Nein, auch halbwegs genaue Lieferzeiten kann man nicht vereinbaren. Wer ein größeres Paket erwartet, sollte am besten einen Tag frei nehmen, damit er bei der Lieferung auch ganz sicher da ist.

Also: Es gibt noch viel Raum für Verbesserungen. Von daher bin ich sehr gespannt, wie das Saturn-Experiment weiter geht, und wie eventuell die Konkurrenz darauf reagiert.

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Journalismus der Zukunft: seid mutig!

Fakten sind Müll, sagt Constantin Seibt. Der Schweizer Journalist ist nach Berlin auf die re:publica gekommen, um über die Zukunft der Zeitung zu sprechen. Aber er beginnt erst mal mit der Vergangenheit: Damals, sagt Seibt, sei die wichtigste Aufgabe im klassischen Journalismus gewesen, einfach nur nichts falsch zu machen. Wer das schaffte, hatte keine Probleme: die Abonnenten waren zufrieden, weil sie nicht aufgeregt wurden. Langeweile als Existenzberechtigung: Goldene Zeiten.

Doch die sind lange vorbei. Seit es das Internet gibt, sind Nachrichten keine Ware mehr: es gibt sie überall, und es gibt sie umsonst. Und auch Meinung, so sagt Seibt ein Stück weit überraschend, kann kein Alleinstellungsmerkmal mehr sein. Sie sei zu beliebig, zu leicht herzustellen. stattdessen, meint er, müssten Zeitungen etwas entwickeln, das deutlich weiter geht als Meinung: Haltung.

Er meint das im Sinne einer tiefer reflektierten, durchdachteren Form von Standpunkt, als es der kleine Kommentar auf Seite 2 auszudrücken oder zu leisten vermag.

Es ist das eine These, die für den überregionalen Journalismus sicher in weit stärkerem Ausmaße gilt als für die klassische Lokalzeitung. Dennoch aber lohnt es sich, darüber nachzudenken. Denn letztlich ist einer der wichtigsten Gründe für den oft überraschenden Erfolg von nicht formal als Journalisten ausgebildeten Bloggern genau jenes stärkere Engagement für Themen, Akteure und Ziele, das sich der klassische Journalismus, sicherlich oft zurecht, selbst verbietet.

Hier brauchen wir vielleicht sogar eine neue Ethik des Journalismus, die die klassische, im deutschen Pressekodex niedergelegte Zurückhaltung dort aufgibt, wo man sich mit dieser Aufgabe nicht gleichzeitig noch weit größere Probleme an anderer Stelle erkauft. Das ist eine ebenso wichtige wie gefährliche Überlegung, die man mit allem zu Gebote stehenden Fingerspitzengefühl anstellen muss.

Eines jedoch ist sicher: wenn alles so bleibt, wie es ist, dann bleibt es nicht.

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re:publica 2014 – Mein Fazit

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Klar, es war wieder schön. Es war größer. Es war auch anders. Aber zunächst einmal: Ich ziehe den Hut vor den Organisatoren der re:publica. Sie haben es geschafft, auch mit über 8.000 Besuchern die ganz spezielle Atmosphäre der Veranstaltung im Wesentlichen zu erhalten. Um es mal mit dem alten abgedroschenen Vergleich zu sagen: Die re:publica ist sicher nicht erwachsen geworden – aber die frühen Pickeljahre hat sie so langsam hinter sich.

Das bedeutet zunächst: Vieles ist professioneller geworden. Das W-LAN hat tatsächlich funktioniert (jedenfalls, bis die Jungs vom Linuxtag es am 3. re:publica-Tag dann doch in die Knie gezwungen haben), es gab genügend Essens-Aufnahmestellen (jaja, im eigentlichen Restaurant war das Personal dennoch meistens planlos), die im Programm genannten Zeiten wurden eingehalten – alles also (fast) wie bei einer „richtigen“ Konferenzveranstaltung.

Aber: Es gab auch immer noch den Affenfelsen, die Grillstation im Außenbereich und die lebensrettende Ausleihstation für Zusatz-Akkus. Neu (jedenfalls für mich) waren in diesem Jahr einige Veranstaltungsorte, die keine Lautsprecher hatten. Stattdessen mußte man sich am Eingang einen Funk-Kopfhörer besorgen, über den man dann dem Vortrag lauschen konnte. Eine erstmal gute Idee (weil man so keine Nebengeräusche von Nachbarveranstaltungen hatte), nur leider mit einem echt gravierenden Nachteil: Die Besucherzahl war quasi automatisch auf die Zahl der Kopfhörer begrenzt. Bei manchen Talks hätte ich gerne nicht nur zugeschaut, sondern auch zugehört – aber mangels Kopfhörer ging das dann nicht. Ein Problem waren für mich auch die „Nebenbühnen“ A-E. Die waren in den letzten Jahren immer im Obergeschoß der Berliner „Station“ untergebracht. Da war die Akustik schlecht, aber der Raum reichlich vorhanden, sodass auch mal mehrere hundert Leute einem solchen Talk lauschen konnten. Diesmal hatte man das Ganze in das Erdgeschoß verlegt, und dort mit Trockenbauwänden einzelne Räume abgeteilt. Die waren leider in vielen Fällen zu klein, sodass ich viele potenziell interessante Talks verpaßt habe. Die einzige Alternative wäre gewesen, so rechtzeitig dazusein, dass man dafür anderswo etwas verpaßt.

Überhaupt: In diesem Jahr war es aufgrund der Vielzahl der Veranstaltungen endgültig nicht mal ansatzweise möglich, wenigstens eine Mehrzahl der Talks mitzukriegen. Das liegt irgendwie in der Natur der Sache, ist aber dennoch sehr schade. Es kommt dazu, dass auch der größere gewordene „Mini-Messe-Bereich“ im Foyer und natürlich die zahlreich vorhandenen Twitter-, Facebook- und IRL-Bekanntschaften Zeit gebraucht haben. Deswegen wäre mein größter Wunsch für die nächste re:publica: Vier Tage statt drei. Ich würde dafür gerne auch mehr Geld zahlen. Denn inhaltlich war auch diese re:publica für mich das absolute Highlight des Jahres.

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