Was Big Data, Wearables und Quantified Self miteinander zu tun haben

Es tut sich derzeit wieder ein neuer Trend auf, der mittel- und sogar kurzfristig großen Einfluss auf unser aller Leben und damit auch auf die Politik gewinnen wird: Der Zusammenhang zwischen Big Data, Wearable Computing und QS (“Quantified Self”). In den USA und teilweise auch in den Europa gibt es eine wachsende Anzahl von Leuten, die ihre gesamten Lebensdaten mitloggen. Also etwa: Den Aufenthaltsort, die momentane Stimmung, den Ausblick aus dem Bürofenster – aber auch solche Sachen wie: Was habe ich heute gegessen? Wieviele Kalorien hatte das? Wieviele davon habe ich wieder abgebaut (und diesen Abbau mit meinem Nike Fuelband gemessen)?

Und das ist noch längst nicht alles. Amerikanische Forscher haben herausgefunden, dass die Art, wie jemand auf seiner Computertastatur tippt, eine Demenz-Diagnose stellen kann. Eine Analyse mehrerer Millionen Tweets hat ergeben, dass sich damit eine Grippewelle akkurater vorhersagen lässt, als es etwa das “Center for Disease Control” (CDC) oder Google können.

Das alles wird Realität, weil immer mehr Geräte auf immer einfachere Art immer mehr Daten liefern. Wer heute alle Möglichkeiten nutzt, der erzeugt eine Datenmenge von 1,8 Millionen Megabyte pro Jahr (oder neun komplette CD-ROMs jeden Tag). Eine normal ausgestattete Boeing 777 hat so viele Sensoren an Bord, dass während eines nur dreistündigen Fluges ein Terabyte Daten gesammelt werden – das entspricht der Textmenge sämtlicher Bücher in der Washingtoner “Library of Congress”. Und es kommt noch wilder: Herzschrittmacher sprechen mit dem WLAN. Ich selbst habe seit kurzem einen „Narrative Clip“, ein kleines Plastik-Ansteckerchen, das automatisch alle 30 Sekunden ein Foto macht, mit GPS-Koordinaten versieht und dann in die Cloud hochlädt. Mein Freund Matthias liebäugelt mit einer Google-Brille – er wird sich sicher eine kaufen, wenn sie in Deutschland erhältlich und vielleicht nicht mehr ganz so teuer ist. Immer mehr Leute haben also immer mehr vernetzte Gadgets. Schon seit 2008 gibt es mehr Geräte, die mit dem Internet verbunden sind, als Menschen auf der Welt wohnen.

Die Chancen sind gigantisch, die Risiken enorm: Mithilfe großer Datenströme lassen sich Dinge anstellen, die wir eigentlich nicht für möglich halten. So hat ein großes Forschungsprojekt bei Microsoft, bei dem die GPS-Daten von einigen tausend Smartphone-Nutzern ausgewertet wurden, ein mathematisches Verfahren ergeben, das schier unglaubliches leistet: Es kann – nur aufgrund der GPS-Daten – mit ca. 80%iger Wahrscheinlichkeit den Aufenthaltsort eines Menschen auf ca. 100 Meter genau voraussagen – und das anderthalb Jahre im Voraus.

Genauso lassen sich aber auch Krankheiten vorhersagen, und damit vielleicht auch verhindern. Ein weiteres Forschungsprojekt hat mehrere Millionen Tweets aus New York daraufhin analysiert, ob darin Informationen über eine Infektionskrankheit (z. B. Grippe) enthalten sind. Der Algorithmus, der als Ergebnis dieser Studie entstanden ist, kann die Ausbreitung einer Infektionskrankheit tatsächlich vorhersagen.

Alle diese Einzel-Phänomene lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: Es gibt keinen Ausweg. Viele Menschen denken ja immer noch: „Wenn ich bei Facebook und Googlemail nicht mitmache, kann mir ja nix passieren“ . Aber das ist schlicht falsch. Man denke nur an ein Phänomen namens „Data Leakage“, das fast schon im Alleingang dafür sorgt, dass diese Prämisse falsch ist. Nehmen wir nur mal an, ich selbst mache bei keinerlei Social Network oder ähnlichem mit. Aber mein bester Kumpel registriert sich für WhatsApp. Dann wird automatisch sein Telefonbuch zu WhatsApp hochgeladen – und damit auch meine gesamten Daten, denn ich stehe ja auch in diesem Telefonbuch.

Also: Wir haben definitiv keine Chance mehr, den Datenkraken zu entkommen. Also bleibt nur eines: Wir (und das bedeutet auch: Wir als Gesellschaft) müssen lernen, in der Welt der Daten zu leben und mit ihr klarzukommen. Das heißt: Der Schulunterricht muß sich ändern und diese Dinge berücksichtigen. In den Familien muß die Kompetenz dafür wachsen – das heißt vor allem: Bei den Eltern. Aber auch der Gesetzgeber muß sich besser mit Facebook und Co auskennen, als das heute der Fall ist. Und schließlich braucht man politisch-gesellschaftliche Mechanismen, wie man in einer Welt der Nationalstaaten, die wir ja heute immer noch haben, mit übernationalen Phänomenen wie Facebook und Co. umgehen kann.

Das sind wahrlich alles große Aufgaben. Aber anfangen müssen wir irgendwann.

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Die „Data Natives“ sind da!

„Digital Natives“, das wissen wir mittlerweile alle, sind Leute, die mit iPad und Internet aufgewachsen sind. Kinder, die versuchen, die Bilder in einer Zeitung (aus Papier) anzuklicken. Leute, die den Siedepunkt von Olivenöl nicht bei Brockhaus, sondern Wolfram Alpha nachschlagen.

Aber „Digital Natives“ sind jetzt auch schon von gestern. Die allerneueste Generation ist da. Sie heißt: „Data Natives“.

Was das ist, habe ich in einem sehr schönen Beitrag von Monica Rogati bei recode.net gelesen. In aller Kürze: Digital Natives programmieren ihren Heizungs-Thermostat. Data Natives erwarten, dass sich der Thermostat von selbst programmiert. Digital Natives benutzen voller Stolz die mobile App von Starbucks. Data Natives erwarten, dass die App gelernt hat, welche Sorte Kaffee sie mögen, und ganz von alleine die Bestellung aufgibt.

Gibt es solche Leute überhaupt? Ja klar. Vielleicht bin ich sogar einer davon. Wie viele wir sind, das ist derzeit noch die ganz andere Frage. Aber interessant ist das Phänomen hinter dem Phänomen.

Monica Rogati macht hier zwei wichtige Punkte aus. Einmal das sattsam bekannte „Big Data“, also vereinfacht gesagt die Tatsache, dass man mehr oder weniger alles machen kann, wenn man nur genügend Daten(sätze) von genügend Menschen hat. Und zweitens der Trend zu „Wearables“, also Rechnern in irgendeiner Form, die man am Körper trägt.

Dafür nur ein kleines Beispiel aus meinem eigenen Erleben, auf das ich demnächst hier noch ausführlicher eingehe.

Seit kurzem bin ich stolzer Besitzer eines so genannten „Narrative Clip“. Das ist ein kleiner Anstecker, ca. drei mal drei Zentimeter groß, in dem ein kleiner Rechner, ein GPS und eine Handy-Kamera steckt. Das Ding heftet man sich einfach ans Revers, und dann macht es alle 30 Sekunden automatisch ein Foto.  Am Ende des Tages lädt man alle Fotos hoch in die Cloud, wo sie von einem Algorithums ausgewertet werden. Der schmeißt unscharfe, unterbelichtete oder seiner „Meinung“ nach irrelevante Fotos weg und teilt den Tag in so genannte „Moments“, also Ereignisse auf.

Das Ganze funktioniert beileibe noch nicht perfekt. Aber es funktioniert schon so gut, dass ich mittlerweile erwarte, dass eine bestimmte Situation oder Szene aus meinem Tagesablauf „automatisch“ in meinen „Moments“ auftaucht. In Meinem Kopf hat sich also etwas verändert. Früher habe ich gedacht: „Ui, das ist grade spannend/schön/skurril, da hol ich doch mal die Kamera oder das Handy raus und mache ein Foto“.Und heute erwarte ich, dass der Narrative Clip automatisch das Foto macht.

Auf dieses Phänomen gibt es im Grunde zwei mögliche Reaktionen. Die eine heißt Panik, und sie ist durchaus nicht ganz unberechtigt.

Die andere aber ist die Vision einer vielleicht nicht nur einfacheren (nie mehr schwere Kameras schleppen!), sondern vielleicht sogar besseren Welt. Einer Welt, in der uns IT im weitesten Sinne viele Alltags-Probleme abnimmt und uns mehr Zeit verschafft für die wirklich wichtigen Dinge. Welche das aber sind – das müssen wir schon noch selbst entscheiden.

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