Die Parallelwelt der Buchverlage

Vor ein paar Tagen ging die Leipziger Buchmesse zu Ende. Über die wichtigsten Neuigkeiten hat heise.de berichtet. Ich fasse es mal mit meinen Worten zusammen: Amazon ist böse, E-Books sind keine richtigen Bücher (also auch böse), digital ist sowieso doof und die wichtigste Frage für die Zukunft lautet: Wie kann man Bücher auf noch schöneres Papier drucken.

Leute, Leute.

Da hat es eine Branche offenbar immer noch nicht verstanden. In der gleichen heise-Meldung steht nämlich auch etwas über die Wirklichkeit, in der wir heute leben: 52 der 100 meistverkauften Kindle-Bücher in Deutschland sind  im Self-Publishing (also ohne Verlag) über die Plattform „Kindle Direct“ erschienen. Das ist nach meiner Rechnung mehr als die Hälfte. Der meistverkaufte Kindle-Direct-Titel, „Der 7. Tag“ von Nika Lubitsch, liegt auf Platz 2 der Jahres-Bestsellerliste aller Kindle-Books. Der Hammer ist: Die Autorin hat das Buch vor 13 Jahren geschrieben und vergeblich versucht, einen Verlag für das Buch zu finden.

Das heißt im Klartext: Bei Lubitsch haben die Buchverlage komplett versagt, weil keiner von Ihnen gesehen hat, welches Marktpotenzial für „Der 7. Tag“ besteht. Die knallharte Frage lautet: Wozu brauche ich eine Branche, die ihren Job nicht macht? Antwort: in der analogen Welt sind die Verlage, wie es immer so schön heißt „alternativlos“, weil sie den Zugang zu den Produktionsmitteln (den Druckmaschinen) und zum Vermarktungsapparat kontrollieren.

In der digitalen Welt aber gibt es kein Monopol auf Produktionsmittel, und fürs Marketing braucht man heute auch nicht viel mehr als ein geschicktes Händchen mit Twitter und Facebook und vielleicht noch einen gut gemachten Blog.

Aber eines verstehe ich wirklich nicht: Warum lamentieren die Verlage allenthalben über das böse, böse Kindle und sein böses, böses „Kindle Direct Publishing“. Sie könnten alle das Gleiche mit sehr, sehr wenig Aufwand auf die Beine stellen. Damit hätten sie ihre Existenzberechtigung zumindest teilweise wiederhergestellt.

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