Rösler versteht Ortungsdienste (nicht).

Jetzt geht es wirklich los. Heute früh hat unser aller Wirtschaftsminister Philipp Rösler (falls es jemand noch nicht weiß: FDP) stolz verkündet, dass er jetzt den Datenschutz besser macht. Dabei hat es Rösler vor allem auf die so genannten Ortungsdienste abgesehen, die unter Namen wie Foursquare, Facebook Places, Gowalla oder Foodspotting via GPS-Handy oder Funkortung Ortsinformationen des Users erheben. Das, meint Rösler, ist böse.

Genauer gesagt: Der User würde oft gar nicht mitbekommen, wenn sein Handy gerade eine Ortsinformation abspeichert oder versendet. Also, so Röslers geniale Lösung, muß der Dienstbetreiber jedes Mal eine SMS schicken, wenn eine Ortung stattfindet.

Oh Mann. Ab dem Zeitpunkt, da dieser hirnrissige Schwachsinn eingeführt würde, wäre für mich SMS als solches sofort unbenutzbar. Denn mein Handy speichert – mit Absicht und mit meinem Einverständnis – alle paar Sekunden, wo ich mich gerade befinde. Das tut es aus vielen Gründen – etlichen spaßigen und ein paar ernsten. Außerdem sind ortsbasierte Dienste schon alleine deshalb die Zukunft, weil man hier mit interessanten Dienstleistungen, die die Menschen tatsächlich haben wollen (um nur ein Beispiel zu nennen: Die Ortung eines verlegten Handys…), Geld verdienen kann. Das sollte ein deutscher Wirtschaftsminister, gerade wenn er von der FDP kommt, doch irgendwie auch im Blick haben.

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Aka-aki: Social Media 3.0

Es gibt ein kleines und im Medien-Mainstream noch ziemlich unbekanntes Social Network, das die Idee der sozialen Interaktion via Web bzw. Mobil-Devices auf die nächste Stufe hebt: Aka-aki, ein Berliner Start-Up, das vor drei Jahren aus einem studentischen Projekt der Universität der Künste hervorgegangen ist.

Dreh- und Angelpunkt des Konzepts ist eine Smartphone-App. Die zeigt (ständig!!!) an, wenn sich ein Aka-Aki-Nutzer in der Nähe befindet. Mir ist das zum Beispiel neulich in der U-Bah passiert: Das iPhone fiept, und ein Blick aufs Display offenbart, dass eine aka-aki-Nutzerin offenbar gerade auf dem gleichen Bahnsteig steht. Man könnte jetzt hingehen und ein lockeres Gespräch beginnen – den Gesprächsanlaß liefert aka-aki frei Haus. Und natürlich kann ich vorher gucken, ob die Nutzerin auch zu mir passen würde, welche Interessen sie hat etc.

Das Ganze geht sogar noch weiter als Dienste wie Google Latitude: Bei Latitude muß ich vorher angeben, wer meine Freunde sind, und erst danach kann ich sehen, wo die gerade sind.

Natürlich kann man da die deutschen Datenschützer im Prinzip bereits schreien hören – auf der anderen Seite: Hey, wie cool!

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Digitale Identitäten

Schon mal versucht, auf Xing oder meinVZ oder Stayfriends oder irgendeinem anderen dieser schicken Social-Web-2.0-Plattformen einen alten Studienkollegen wiederzufinden?

Pech, wenn der „Andreas Meier“ heißt und Sie nicht wissen, ob er gerade in Paderborn, München oder doch eher Zürich lebt. Denn dann hat man eigentlich keine Chance.

Die Suche nach dem Namen ergibt Millionen Treffer, Ortssuche geht eigentlich nicht, die Schuhgröße hat man vergessen – also: es ist alles Mist.

Das eigentliche Problem liegt darin, dass wir Menschen noch nicht gemacht sind fürs Web 2.0: Im digitalen Bereich sind wir viel zu verwechselbar. Und das, obwohl die Datenschützer immer alle jammern, wir seien zu transparent. Papperlapapp!

Aber wie könnte es gehen? Suche nach Geburtsdatum? Suche nach der Schule, die man gemeinsam besucht hat? Suche nach „kennt der jemanden den ich kenne“? Sie haben es gemerkt: Das eine kann meinVZ, das andere Stayfriends, das dritte Xing. Alles kann keiner.

Aber nur das könnte in ansonsten völlig hoffnungslosen „Andreas-Meier-Fällen“ zum Erfolg führen. Google hat also auch hier wieder recht (und die Nase ebenso im Wind wie vorn), wenn es einen Standard zur Interkonnektivität zwischen Web 2.0-Plattformen fordert und anstrebt.

Eigentlich eine Schande, dass wir auch dieses Problem offenbar nicht ohne Google lösen können.

Zum Beispiel wäre das doch mal eine lohnende Zukunftsvision für die „Gelben Seiten“???

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Der Wert der Daten

Eben auf Bayern 5 gehört: Der Herr Bundesdatenschutzbeauftragte gibt zu Protokoll, er sei dagegen, daß persönliche Daten der Deutschen, die auf kommunaler Ebene gespeichert sind, auch nochmal zentral in Berlin abgelegt werden. Also Familienstand, Steuernummer, Religion und sowas.

Süß.

Manchmal frage ich mich ernsthaft, auf welchem Planeten diese Leute leben. Hat er denn keinen Payback-Account? Ist er nicht bei Xing? Noch nie mit Kreditkarte bezahlt? Kein Profil bei Neu.de, der Herr Datenschutzbeauftragte?

Wir alle geben doch unsere Daten längst freiwillig her. Für zwei Prozent Rabatt bei Obi oder eine Teflonpfanne für die Hälfte bei Kaufhof. Also: Die Sache mit der Datenvermeidung ist längst durch.

Aber kaum jemand (Endesunterfertigter ausdrücklich eingeschlossen) kapiert, wo das Problem ist.

Ich stelle mir nur mal vor, jemand wie die GfK (also noch nicht jemand wirklich böses) hätte Zugriff auf alles, was von mir so im Internet rumschwirrt: Mailaccount bei Web.de, rund 150 meiner Geschäftskontakte auf Xing, Profile bei Digg, Twitter, Skype, mein Google-Account – und nicht zuletzt dieses Blog.

Ja was will man denn noch mehr? Ein ordentlicher Software-Roboter wüßte dann alles über mich. Oder zumindest vermeintlich.

Ein Beispiel: In meinen Xing-Kontakten gibt es eine Mitarbeiterin einer bestimmten politischen Partei. Außerdem zwei Leute, die bei einer politischen Stiftung angestellt sind, der man eine gewissen Nähe zu ebenjener Partei nachsagt. Bin ich also ein Wähler dieser Partei? Ein Software-Roboter würde vielleicht sagen: Ja.

Das muß nicht stimmen. Aber je mehr Informationen über mich der Roboter hätte, umso „schlauere“ Annahmn über mich könnte er treffen.

Mein Problem ist: Ich möchte gerne, dass man auf Xing mein Netzwerk sehen kann. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass jemand daraus falsche Schlüsse zieht. Oder, schlimmer noch: korrekte Schlüsse.

Meine informationelle Selbstbestimmung ist damit längst im Eimer. Und bis zu einem gewissen Grad verstehe ich jeden, der jetzt in Panik verfällt und seine Visa-Karte verbrennt.

Aber eigentlich wären das die Aufgaben für den Datenschutzbeauftragten. Ich wünsche mir von ihm nicht, dass er alles verhindert. Ich wünsche mir besseren Durchblick. Was genau macht Payback mit meinen Karten? Kann ich einen Google-Account riskieren, oder mache ich mich damit völlig gläsern? Wer erfährt, welche Bücher ich bei Amazon gekauft habe?

Diesen Durchblick brauchen wir nicht nur aus hehren Gründen. Wir brauchen ihn auch, damit die digitale Wirtschaft funktionieren kann.

Denn nur ein Verbraucher, der keine Angst hat, wird am Empfehlungs-Marketing teilnehmen, seine Top-Ten-Pornovideos bei Amazon veröffentlichen oder in einem Blog-Kommentar seine Meinung über den Bundesdatenschutzbeauftragten hinterlassen. Die Leute müssen glauben (können), was Google bloß von sich behauptet: „Wir tun nichts Böses“.

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