„Free Economy“ – weshalb der Vergleich hinkt

Nach seinem Mega-Erfolg mit dem „Long Tail“ hat Chris Anderson wieder zugeschlagen. Sein neues Buch wird sich mit der „Free Economy“ beschäftigen. Also dem Phänomen, dass aufgrund der geringen Kosten für Speicherplatz und Datentransfer im Web viele Produkte und Dienstleistungen kostenlos angeboten werden (können).

In einem Youtube-Video zieht Anderson dazu einen Vergleich mit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals, so Anderson, habe es die Vision gegeben, dass durch das Aufkommen der Kernenergie Elektrizität so billig werden könnte, dass man sie quasi „verschenken“ kann.  Was aber wäre dann passiert? „Wir würden alles mit Strom machen“, lautet Andersons Antwort auf diese Frage.

Schon richtig: Sicherlich hätten wir heute elektrische Autos, elektrische Gartengrills, elektrische – ja was eigentlich noch?

Das ist der erste Fehler im Vergleich: Obwohl Elektrizität bis heute nicht kostenlos ist, gibt es ungeheuer viele Dinge, die (trotzdem?) mit Elektrizität funktionieren. Weil es einfach ist, sauber und bequem. Und in den wenigen Bereichen, wo das nicht so ist (Autos!), hat es andere Gründe: Auch in einer Welt mit kostenlosem Strom gäbe es einfach riesige technische Hürden, bevor man Strom-Autos bauen könnte.

Weiterlesen

Printcasting – eine Revolution?

Beim immer lesenswerten Steve Outing eben einen Hinweis auf ein Projekt der Knight Foundation, das eine echte Revolution der Medienbranche bedeuten könnte: Printcasting.

Die Idee dahinter: Jeder, der möchte, kann selbst erstellten Content (in diesem Falle print-taugliches, also Texte und Bilder) auf einen Server hochladen. Dort läuft eine Software, die offenbar mehr oder weniger automatisch daraus ein Layout erstellt. Ähnliches hat man ja vor Jahren schon beim Handelsblatt gesehen, damals allerdings noch voller Kinderkrankheiten.

Das Ergebnis ist ein PDF, dass dann entweder das System oder man selbst an „Abonnenten“ verschicken kann, die es sich wiederum am heimischen Tintenstrahler ausdrucken.

Ich sehe da einerseits einen riesen Charme. Denn für den, der sich ein bißchen auskennt, bietet so ein Print-Format für, sagen wir mal, einen Blog, enorme Vorteile: Man kann wichtige Themen zum „Aufmacher“ machen und daneben „Kurzmeldungen“ stellen – zu schweigen natürlich davon, dass sich „Print“ ganz einfach besser liest als Bildschirm.

Für Zeitungsverlage könnte das Ganze auch eine Chance sein: Was spräche eigentlich dagegen, in so einen „Printcast“ auch sowas wie „gedruckte RSS-Feeds“ von Zeitungen (oder aus anderen Quellen) mit einzubinden.

Im Printcast meines Blogs wären natürlich „Nürnberger Nachrichten“ und „Nürnberger Zeitung“ mit drin, dann vielleicht die „Süddeutsche“, der „Spiegel“. Aber auch die Buzzmachine, Steve Outing und Robert Basic.

Allerdings: Auch dies wäre eine Ausprägung der von Chris Anderson postulierten „Free Economy“ – mithin: Keine Ahnung, wo hier das Geschäftsmodell wäre. Oder halt, EINE Ahnung hätt ich schon: Wenn das Verwenden von Content daran gebunden wäre, dass man aus dem betreffenden Medium gleichzeitig Anzeigenmaterial übernehmen muß – dann könnte es Sinn machen, wenn sich Verlage an einem solchen Modell beteiligen würden.

Weiterlesen

Chris Anderson – alles nix Neues

Wir kennen ja Chris Anderson. Der mit dem „Long Tail“ und so. Schreibt gerade ein neues Buch, Kernthese: Das neue am Web 2.0/2.1/2.5/3.0 ist die Tatsache, dass es die Produkte meist kostenlos gibt. Zum Beispiel auch die Software, mit deren Hilfe dieses Blog hier geschrieben wird.

Schön.

Aber erstens: Es ist ja schon noch in allem ziemlich viel „Old Economy“ drin, und im Negroponte´schen Sinne Atom-Rumschieberei. Amazon, die ganzen Webshops und so weiter – und selbst bei iTunes wird ja schön brav bezahlt.

Davon mal abgesehen.

Die Mechanik hinter der ganzen Kostenlos-Kultur ist ja diese: Ich schenke Dir was (zum Beispiel Blogsoftware), und dafür generierst Du Inhalt oder wenigstens Reichweite. Das Ganze dann vor dem Hintergrund, dass man die Reichweite durch Werbung vermarkten kann.

Und da sind wir beim klassischen Werbegeschenk. Die ganzen Kugelschreiber, Luftballons, USB-Sticks usw. gibt´s ja auch schon immer umsonst (nebenbei: Deren Produktion und Vertrieb ist genausowenig wirklich „kostenlos“, wie es Anderson offenbar für die Publikation von Web-Inhalten postuliert) – und auch schon immer um denselben „Preis“: Ich akzeptiere, zur Litfaßsäule für jemand anders zu werden.

Klar, die Skala ist anders, mithin auch die negativen Auswirkungen auf jene, die das digitale Äquivalent eines Kugelschreibers gerne gegen Geld verkaufen möchten. Nur, was passierte denn in der alten, langweiligen Welt der Atome: Wirklich schöne Kugelschreiber kriege ich nur geschenkt, wenn ich wirklich VIP bin – ansonsten muß ich sie kaufen. Vielleicht ist diese These wenigstens für bestimmte Branchen erlaubt, zum Beispiel die Medien. Allerdings sicher nur dann, wenn man sie sozusagen umdreht: Hochwertiger Content im Web zieht eine hochwertige Zielgruppe (denn die anderen sind mit dem 1-Euro-Kugelschreiber vollauf zufrieden) und bildet eine Plattform für hochwertige Werbung. Das könnte doch funktionieren.

Weiterlesen