Zen und die Kunst des Cloud Computing

Wer sich schon mal – und sei es nur am Rande – mit der fernöstlichen Zen-Philosophie beschäftigt hat, der weiß: Weniger ist mehr, Reduktion aufs Wesentliche ist besser als Masse, Leere bedeutet Freiheit. Das sind Prinzipien, wie sie beispielsweise dem Design der Produkte von Apple zugrunde liegen. Man könnte behaupten, dieses Prinzip sei der Grund dafür, weshalb iPad, iPhone und Co. die Welt der Computer (mindestens diese) revolutioniert haben.

Nun findet derzeit gerade noch eine andere Revolution statt: Diejenige des so genannten „Cloud Computing“ nämlich. Sprich: Immer mehr gehen wir dazu über, unsere Daten nicht mehr lokal zu speichern, sondern sie auf irgendeinem Server in der sprichwörtlichen „Wolke“ abzulegen – ohne dass wir häufig überhaupt wissen (oder wissen müssen), auf welchem konkreten Server die Bits und Bytes nun eigentlich physisch vorhanden sind.

Um ein ganz konkretes Beispiel zu nennen: Im neuen Tablet von Amazon, dem Kindle Fire HD, ist es gar nicht mehr möglich, beispielsweise Videos aus dem Amazon-Store lokal abzuspeichern. Stattdessen werden die Inhalte immer direkt aus der Cloud aufs Gerät gestreamt.

Klar: Hier hat derjenige verloren, dessen Internet-Anbindung zu langsam ist. Aber darum geht es nicht.

Der Punkt ist vielmehr: Was passiert eigentlich, wenn wir unsere Daten nicht mehr physisch „besitzen“ – oder, noch ein Stückchen weiter gedacht, was ist dann eigentlich „Besitz“, beziehungsweise: Ist unser Begriff von „Besitz“ nicht lediglich eine Folge davon, dass wir bis dato ausschließlich in einer Welt der Atome und nicht in einer Welt der körperlosen Daten gelebt haben? Klar: Ein Buch aus Papier (d.h. ein Exemplar eines Buches) kann immer nur einer „besitzen“. Wenn ich das Buch einer Bekannten leihe, dann hat die es – und ich habe es nicht mehr.

Aber Daten sind fundamental anders, Daten lassen sich verlustfrei kopieren, und jede Kopie ist dem Original ununterscheidbar. Die Tatsache, dass ich eine Datei kopiere, ändert nichts am Original. Das nutzt sich nicht ab, wird nicht schlechter – und wenn ich die Kopie kopiere, gilt genau das gleiche.

Aber: In der Welt der Cloud muß ich ja gar nichts mehr kopieren, ich kann ja synchronisieren. Alle großen Cloud-Dienste, ob nun von Google, Amazon oder Apple, arbeiten so: Eine Datei wird zunächst vorgehalten, in der Cloud. Bei Bedarf wird diese Datei auf das jeweilige Endgerät „gestreamt“, das ich gerade in der Hand halte. Und bin ich fertig, dann sind auch die Daten wieder Weg. Auf dem Endgerät bleibt keine Spur, wird kein Speicher verbraucht. Was natürlich bedeutet: Große Speicherkapazitäten brauche ich nicht mehr, das Endgerät kann damit billiger, kleiner und leichter sein – und schon hat man das schlanke Design und den günstigen Preis des Amazon Kindle Fire erklärt.

Es geht aber noch weiter. Denn in der Welt der Cloud entfällt nicht nur die Notwendigkeit des physischen „Besitzes“. Die Welt der Cloud ist eine Welt des Überflusses: Wieviel Musik ich höre, wieviele Filme ich schaue – das wird alleine begrenzt durch die Größe meines Abonnements bzw. meinen Vertrag mit dem Cloud-Anbieter – und davon, wie viel (oder wie wenig) Zeit ich eigentlich habe.

Und damit wird der Überfluß schnell zum Problem: Ich kann mir gar nicht mehr alles anschauen was ich zwar nicht besitze, aber „gekauft habe“. Lange nicht alles.

Womit wir wieder am Anfang wären und bei der Philosophie des Zen: Gerade in der Welt des Überflusses wird es vielleicht wieder wichtig, sich zu beschränken auf Weniges. Vielleicht auf Gutes.

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Standortfaktor Mobilfunknetze und LTE

Es ist ein Jammer in Deutschland. Alle Welt spricht von LTE, dem neuen Mobilfunkstandard, der bis zu 100 MBit Bandbreite für mobile Internetverbindungen verspricht – das ist immerhin doppelt so schnell wie der derzeit schnellste Festnetz-Anschluß der Telekom für Privatkunden (der so genannte VDSL-Anschluß bietet im Downstream maximal 50 MBit).

Doch ach, die Realität sieht arg anders aus. Noch immer bekommt man selbst in teuren Seminarhotels im ebenfalls sündteuren hauseigenen WLAN Bandbreiten, die diesen Namen eigentlich gar nicht verdienen, sondern eher „Bandschmalheiten“ heißen müssten. Wohl gemert: Das Hotel verlangt für diese Frechheit auch noch Gebühren von mehreren Euro pro Stunde. In der Nürnberger U-Bahn etwa hat man generell nach meinen Stichproben nur „Edge“-Verbindungen (für technische Laien: Das ist der vorletzte Funkstandard, der im Downstream maximal 250 Kbit/S. liefert) – man ist damit um einen Faktor 400 (!!!) langsamer als mit LTE . Und das gerade an einem Ort, da viele Leute nicht so recht wissen, was sie gerade mit sich anfangen sollen, während sie gleichzeitig ein internetfähiges Handy dabeihaben.

Und so wird das Ärgernis zum Wirtschafts- und Standortfaktor: Mit 250 kbit lassen sich weder moderne (mobile) Webseiten vernünftig nutzen, noch E-Mails abrufen, noch kann man damit in sozialen Netzwerken agieren – schon gar nicht in solchen, die wie etwa Instagram oder Pinterest stark bilder- und damit datenlastig sind.

Wenn das aber wiederum so ist, dann wird Deutschland in all diesen Themen auf Sicht noch weiter ins Hintertreffen geraten, als das eh schon der Fall ist. Nicht umsonst gibt es schließlich außer Xing kein einziges soziales Netzwerk mehr, das aus Deutschland kommt und in Deutschland erfolgreich ist.

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Was Cloud-Dienste mit Turnschuhen zu tun haben

Heute startet Amazon in Deutschland einen neuen Dienst, den es (sicher nicht zuletzt deshalb, weil dort keine GEMA existiert…) in den USA schon länger gibt: Den „Amazon Cloud Player“, mit dem man seine Musik in der „Wolke“ speichern und auf allen persönlichen Geräten abspielen oder herunterladen kann.

Aber Moment mal: Das ist doch genau das gleiche wie iCloud bei Apple? Richtig. Bis hin zu den Preismodellen sind beide Musik-Dienste so gut wie identisch. Damit herrscht jetzt auch bei Musik eine Situation, wie es sie im Bereich der reinen File-Speicherer a la „Dropbox“, „Safesync“, „Crashplan“ etc. schon länger gibt: Mehrere Anbieter machen zum gleichen Thema ein bis in die Details gleiches Produkt.

Als Kunde brauche ich die jeweilige Dienstleistung natürlich immer nur einmal. Die Frage ist also: Wieviele (und welche) dieser Anbieter werden überleben? Werden es etwa sogar alle sein?

Da hilft vielleicht ein Blick in die Welt der Turnschuhe – was für mich als gebürtigen Mittelfranken natürlich heißt: Ein Blick nach Herzogenaurach. Dort hat vor vielen Jahrzehnten ein Herr namens Adi (korrekt eigentlich: Adolf) Dassler aus der elterlichen Manufaktur für Filzpantoffeln den heute weltweit agierenden Sportartikel-Hersteller Adidas geformt. Adis Bruder Rudolf hingegen gründete nach einem Streit seinen eigenen Laden ebenfalls in Herzogenaurach und nannte ihn „Puma“. Klar, und dann gibt es da auch noch Nike und ein paar andere, die ähnlich wie heute die Cloud-Anbieter schon seit Jahrzehnten sehr ähnliche Produkte anbieten: Fußballschue beispielsweise machen sie alle.

Warum aber gibt es diese Unternehmen alle bis heute (wenn auch mit unterschiedlichen Marktanteilen)? Ganz einfach: Auch wenn Schuhe der einen Marke vielleicht ein bißchen besser sind als jene der anderen: Es ist kein allzu großes Problem, wenn innerhalb ein- und derselben Fußballmannschaft der eine Spieler auf Adidas, der andere jedoch auf Puma-Schlappen den Ball ins gegnerische Tor zu treten versucht. Mit anderen Worten und in Computer-Sprech formuliert: die Schuhe sind kompatibel zueinander. Marktwirtschaftlich gesehen verhindert das, dass ein einzelner Hersteller zum Monopolisten wird – und auf der anderen Seite sorgt es für stetige Innovation und günstige Preise bei Fußballschuhen.

Bei den Cloud-Diensten läuft es möglicherweise anders. Derzeit versuchen sie natürlich alle, sich gegenseitig das Wasser abzugraben. So hat etwa Amazon natürlich klar erkannt, dass Apples iTunes in Sachen „Musik am Rechner“ derzeit klar die Nase vorne hat. Demzufolge gibt es im „Cloud Player“ von Amazon die Option, seine Musik aus iTunes zu exportieren und in der Amazon-Cloud abzuspeichern. Umgekehrtes gibt es von Apple bislang noch nicht – vermutlich aber nur deshalb, weil Amazon bislang noch nicht die große Rolle spielt.

Schwierig wird es insbesondere dann werden, wenn die Verknüpfiung von Software (hier also der Musikdateien) und Hardware (Apples iPhones und iPads, Amazons Kindles und ab demnächst auch in Deutschland Kindle Fires) enger und undurchlässiger wird. Schon jetzt ist zu befürchten, dass man sich dann bei der Anschaffung seines Geräteparks auf einen Anbieter festlegen muss, also nur ENTWEDER die Amazon- oder die Apple-Welt wird nutzen können – oder seine Musik parallel auf beiden Diensten vorhalten muß. Mit dem riesigen Nachteil eines enormen Synchronisationsaufwandes und dem Problem, dann doppelt bezahlen zu müssen. Man kann nur hoffen, dass die Anbieter es nicht soweit kommen lassen und ihre Schnittstellen offenhalten werden.

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Apple gegen Google: Ein Kampf der Titanen

Apple Inc.  New Headquarters

Auf golem.de stand dieser Tage die Meldung, dass Google jetzt mit dem „Nexus Q“ einen Streaming-Client für alle möglichen Medien vorgestellt hat. Das Gerät ist als direkter Angreifer gegen das kleine „Apple TV“-Kästchen positioniert.

Fast zeitgleich veröffentlichte Google mit der „Drive“-App eine Software für iOS, die Apples eigener „Cloud“-Lösung Konkurrenz macht. Und auch in den Bereichen „Office“ (hier tritt das ehemalige „Google Docs“, das jetzt auch „Drive“ heißt, gegen Apples „Pages“, „Numbers“ und „Keynote“ an) und Mail, wo sich GMail und Apples „Mail“ beharken. Im Bereich der Smartphones tobt der Krieg zwischen iPhone und Android schließlich schon länger.

Das Ganze hat für uns User einen gravierenden Nach-, aber auch einige Vorteile.

Der Hauptvorteil: Da es derzeit zwei sehr mächtige Player in diesen Märkten gibt, die beide eigentlich in Geld schwimmen, sind die Produkte beide sehr gut, die Innovationszyklen sehr kurz. Auf diese Art profitieren wir alle von dem Kampf der Gigangen – schließlich sind die meisten Produkte, die dabei herauskommen, sogar kostenlos.

Auf Dauer könnte sich allerdings der größte Nachteil als echtes Problem erweisen: Es gibt im Grunde für beide Player keine große Motivation, ihre Produkte zueinander kompatibel zu machen. Das heißt konkret: Man wird auf dem kommenden Apple-Fernseher sicher keine Google-Inhalte anschauen können (sofern Apple das nicht, wie etwa bei der Suche, mangels eigener Alternativen zulassen muß) – man wird auch mit dem Nexus Q keine Musik von iTunes streamen können. Und da wir heute wesentlich vernetzter sind als vor 20 Jahren, droht nicht „nur“ eine Neuauflage von Scharmützeln wie denjenigen zwischen Video 2000, Betamax und VHS in den 80ern – es geht vielmehr um die gesamte Elektronik-Ausstatung einer Familie.

Es wird also sehr spannen.

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Diktieren in die Cloud: Die nächste Weltrevolution

Ich gebe es zu: ich habe diesen Text nicht geschrieben. Ich habe ihn diktiert. Mit meinem iPad 3. Das hat eine Diktierfunktion eingebaut, so ähnlich wie sie auf dem iPhone, nur eben nicht als Frage- und Antwortspiel, sondern ähnlich einen klassischen Diktaphon. Der Unterschied ist: auch hier wird – wie bei Siri – der gesprochenen Text digitalisiert, hochgeladen und dann in der Cloud von Apple in Buchstaben umgewandelt.
Dadurch funktioniert die Spracherkennung umso besser, je mehr Leute sie benutzen – also in meinem Fall mittlerweile sehr gut. Dadurch brauche ich für einen Blogeintrag nur etwa 20 % der Zeit, die ich brauchen würde, wenn ich klassisch die Tastatur benutzen würde. Das steigert meine Produktivität enorm, das ändert mein Leben.
Nun kann man sagen: schön, eine nette Spielerei. Aber es ist mehr als das.
Wenn sich die Technik nur noch ein bisschen verbessert, wenn sie nur noch mehr Leute benutzen, dann wird sie die Welt verändern. Ganze Berufszweige (Sekretärinnen sind nur ein Beispiel) werden verschwinden, Fertigkeiten wie das Tippen mit zehn Fingern oder Rechtschreibkenntnisse werden obsolet. Das kann man beklagen, aber ich sage: schön, dass es nun ganz neue Chancen gibt. Vielleicht ist es ja gar nicht schlecht, wenn nun auch Leute Texte schreiben können, die gar nicht schreiben können.

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Schöne neue iPhone-App von Google+

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Ganz aktuell gibt es eine völlig überarbeitete App von Google+ fürs iPhone. Mein erster Eindruck: SEHR, sehr schön, sieht richtig edel aus. Siehe die Screenshots!

Ich werde jetzt mal testen, ob mich diese App dazu animiert, künftig mehr Google+ zu nutzen und auch selbst dort zu posten. Nach wie vor ist für mich das große Manko, dass es offenbar keine ordentliche Schnittstelle gibt, die es erlauben würde, mit einer professionellen Social-Media-Management-Lösung wie z. B. HootSuite die Posts gemeinsam mit den Posts für andere Netzwerke wie Twitter und Facebook zentral zu verwalten. Oder kennt jemand eine Lösung, mit der das geht?

 

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EBooks und Tablets: offene gegen geschlossene Systeme

Heute habe ich – mit etwas Verspätung – die wirklich gute Steve-Jobs-Biografie von Walter Isaacson gelesen.

Einer der spannendsten Punkte darin, der im Läufe des Buchs immer wieder auftaucht, ist der Zweikampf zwischen Apple und Microsoft. Es ist dies ja, schon seit den 80er Jahren, nicht „nur“ der Kampf zweier Firmen, sondern vor allem der Kampf zweier Systeme.
Hie Microsoft mit seinem  Kernprodukt Windows, das den Siegeszug des PCs vor allem dadurch ermöglicht hat, dass jeder Hardware-Hersteller, der das wollte, Windows für sich lizensieren konnte. Dort Apple, das seit den Zeiten des Mac Classic auf eine untrennbare Verschmelzung von Hard- und Software setzte.

Die Vor- und Nachteile sind klar: Das Microsoft-Modell bringt potenziell mehr Marktanteil, während das Apple-Modell tendenziell ein besseres Produkt, aber auch höhere Gewinnspannen ermöglicht – weil eben alles aus einer Hand kommt und folglich derjenige, der sein iPad wirklich ausreizen will, zur Ergänzung eigentlich auch einen Mac braucht und keinen PC.
Wenn man so will, dann steht die gesamte Internet- und Computerbranche derzeit indessen Kampf offener gegen geschlossene Systeme.

  • Telefone: iPhone (geschlossen) gegen Android (offen)
  • PCs: Apple (geschlossen) gegen Windows (ein bisschen offen) und Linux (sehr offen)
  • Tablets: iPad (geschlossen) gegen Windows und Android
  • E-Books: Amazon Kindle (geschlossen) gegen iBooks (auch geschlossen) und ePub (offen)

Die Erfolgsgeschichte von Apple scheint nahe zu legen, dass geschlossene Systeme einen Vorteil haben. Andererseits holt gerade Android (jedenfalls bei Mobiltelefonen) als offenes System ziemlich auf. Wiederum andererseits spielen offene Systeme wie ePub im noch sehr jungen Markt der digitalen Bücher fast keine Rolle; der Markt wird mit Amazons Kindle und Apples iBooks von zwei geschlossenen Systemen dominiert.

Vielleicht gibt es auf der Welt ja auch Platz für beides. Denn geschlossene Systeme haben noch einen ganz anderen Nachteil: Sie neigen dazu, böse zu sein.

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