Fußball-EM: Der DFB hat das Internet verstanden

jogi löw

Wer den Verfasser dieser Zeilen auch nur ein ganz klein wenig kennt, der weiß: Das Thema Fußball geht an mir normalerweise völlig vorbei. Es interessiert mich einfach nicht. Aber dieser Tage komme ich trotz allem nicht umhin, mich mit der deutschen Nationalmannschaft unter Bundestrainer Jogi Löw zu beschäftigen. Genauer gesagt: Mit deren Kommunikations-Strategie.

Die nämlich hat sich nun schon seit einer Weile geändert: In der Vergangenheit gab es noch relativ viele Pressekonferenzen auch in den Trainingslagern der Nationalmannschaft, die Spieler sprachen am Rande der Trainings häufiger mal mit Journalisten und plauderten aus dem Nähkästchen.

Das ist mittlerweile komplett vorbei, wie man am aktuellen Fall gut sehen kann: Gestern schickte Jogi Löw vier Spieler aus dem Trainingslager in Südfrankreich nach Hause. Was die aussortierten darüber denken, konnte man ausschließlich einer einzigen Quelle entnehmen: Der Website des DFB, die dann auch von Medien wie dem Bayerischen Rundfunk oder Spiegel online brav zitiert wurde.

Die alte Tante DFB offenbart hier ein erstaunlich tiefgreifendes Verständnis des Mediums Internet: Die Verantwortlichen haben offenbar klar verinnerlicht, dass sie keine „externen“ Massenmedien mehr brauchen, um ihre Botschaft an die Leute zu bringen. Natürlich ist es viel kommoder, die Aussagen der Nationalspieler auf diese Art unter kompletter Kontrolle zu haben, als wenn die sich irgendeinem externen Medium gegenüber eventuell unbotmäßig äußern. Neutrale, gar kritische Berichterstattung kann man so natürlich erst mal vergessen.

Ganz nebenbei erzeugt man auf diese Art natürlich noch jede Menge Zugriffe auf die DFB-Website. Das Angebot ist zwar (noch) nicht bei der offiziellen Online-Reichweitenpolizei Infonline registriert – aber die auch auf der oben erwähnten DFB-Seite platzierte Werbung von Coca Cola hat man der Brausefirma sicherlich nicht für umme angeboten.

Wenn man das, was der DFB hier beginnt, aber andere wie etwa Regierungssprecher Steffen Seibert via Twitter auch schon längst betreiben, mal zu Ende denkt, dann ist es nichts weniger als eine Revolution: Immer mehr Themen finden ihre Leser ohne „Medium“, sprich: Der Absender einer Botschaft, sei es nun der DFB oder Bundeskanzlerin Angela Merkel, kann selbst und ohne weitere Hilfsmittel eine beliebig große Öffentlichkeit erreichen. Und den klassischen Medien bleibt nichts anderes mehr übrig, als sich als fünftes, weil komplett überflüssiges Rad an diesen Wagen mit anzuhängen. Aber eigentlich braucht man sie nicht mehr.

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Große Frage: Was ist eigentlich Journalismus?

In einem recht schlauen Artikel bei GigaOM stand jetzt eine große Frage: Was eigentlich ist Journalismus – in Zeiten, da es so einfach ist wie nie, hier und da ein paar Zeilen aus Webseiten, Blogs oder von Twitter abzuschreiben und selbst auf einer eigenen Seite ins Netz zu stellen? Ist der pakistanische Blogger, der live über die Tötung Osama Bin Ladens berichtete, ein Journalist?

Nun: Der Kern des Wortes „Journalismus“ ist das „Journal“, also die Tageszeitung. Eigentlich, wenn man mal SEHR haarspalterisch sein möchte, ist also nichts, das originär im Web passiert, Journalismus. Logisch: Es hat ja nichts mit der Zeitung zu tun. Also müßte es eher Webalismus, Blogalismus oder Tweetalismus heißen.

Aber das ist natürlich Quatsch. Denn tatsächlich hat sich das Wort längst von seiner strengen Ursprungsbedeutung gelöst – sonst würde ja niemand etwa von „Fernseh-Journalisten“ reden.

Vielleicht kann man die Frage so beantworten: Journalismus ist die Berichterstattung und Kommentierung von aktuellen Ereignissen, die gewissen Handwerksregeln folgt. Also: Er erfüllt die Bestimmungen der Landespressegesetze (Schmähkritik!), gehorcht dem Pressekodex („Audiatur et altera pars!!!“), hat das Ziel, die Menschen zu informieren und eine Meinung zu relevanten Themen zu publizieren.

Diese Antwort hätte den Vorteil, nicht auf berufsmäßige Journalisten beschränkt zu sein, sondern auch Leute zu umfassen, die keine klassische Ausbildung haben, aber trotzdem nach Grundsätzen arbeiten, die ihre Erzeugnisse dem „richtigen“ Journalismus vergleichbar machen. Von ihnen gibt es mittlerweile ja einige – und ich persönlich empfinde das weniger als Konkurrenz sondern als Bereicherung der Medienlandschaft. Es bleibt ja jedem „richtigen“ Journalisten freigestellt, eine Geschichte, die er irgendwo auf einem Blog aufliest, selbst weiter zu recherchieren und in die Mainstream-Medien hineinzutragen.

Über den umgekehrten Weg – also: Irgendein Blogger schreibt irgendwas aus „Spiegel Online“ ab – würde ich mir mangels Masse ehrlich gesagt im Moment keine Sorgen machen.

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Blogs sind anders. Geschrieben.

Am Wochenende hatte ich Zeit, mal wieder etwas ausführlicher die Blogosphäre zu durchstreifen.

Aber eigentlich gibt es zwei. Blogosphären.

Also die „echte“ von „Ur-Bloggern“ wie Robert Basic. Leute, die aus dem Web kommen und sich nie irgendwo nennenswert geäußert haben als genau dort.

Dann die andere, die, na ja, „Journalistenblogosphäre“, mit Menschen wie Niggemeier; auch die diversen Handelsblatt- und Focus-Blogs gehen in diese Richtung.

Der Unterschied liegt für mich in der Schreibe.

Zum Beispiel: Bei den „Ur-Bloggern“ sind Teilsätze erlaubt, ist Umgangssprachliches erlaubt, darf man generell gerne so schreiben, wie man spricht (oder chattet oder skypt). Die Sätze sind kürzer, aber vor allem die Absätze. Und auch die Posts an sich dürfen schon mal aus lediglich drei Zeilen bestehen.

Anders die „klassisch“ gebildeten Bloger-Journalisten-Blogger: Hochdeutsch, komplette Sätze, lange (teilweise SEHR lange) Absätze.

Es wird ja oft und gerne räsoniert, weshalb „Journalisten-Blogs“ nicht immer so viele Zugriffe bzw. so viel Relevanz erleben. Vielleicht liegt es genau daran.

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