„La Tribune“: Zeitungssterben in Frankreich

Heute melden es die Agenturen: Die renommierte französische Wirtschaftszeitung „La Tribune“ stellt nach rund 25 Jahren ihr Erscheinen auf Papier ein und geht ins Internet. Nach „France Soir“ ist das der zweite große Print-Titel, den es (jedenfalls in der hergebrachten Form) nicht mehr gibt.

Für mich ist das ein Indiz dafür, dass eine Entwicklung, die schon vor Jahren ihren Anfang in den USA genommen hat, nun zu uns nach Europa überschwappt. Vordergründig gesagt: Zeitungen sterben.

Es lohnt sich aber, über die Gründe nachzudenken. Damit meine ich nicht die Anzeigen- und Auflagenschwünde, über die ohnehin genug diskutiert wird. Das sind alles nur Symptome einer größeren Entwicklung. Denn: Warum schwinden die Anzeigen denn? Weil sie keiner mehr braucht.

Hier ist der Umkehrschluß sehr interessant: Früher mal, so vor 20 Jahren, brauchte man die Tageszeitungen. Sie waren alternativlos. So (um an dieser Stelle mal einen etwas gewagten Vergleich zu bemühen), wie vor 40 Jahren mechanische Uhren alternativlos waren. Das sind sie schon längst nicht mehr. Digitaluhren sind genauer, wartungsfreier, billiger und können mehr. Aber dennoch gibt es nach wie vor Zeitmesser ohne Batterie – und mechanische Chronografen sind nicht nur am teuersten, sie sind auch diejenigen Uhren, an denen die Hersteller am meisten verdienen.

Insofern ist dieses Beispiel vielleicht doch nicht so gewagt, denn den Zeitungen steht ein Wandel noch bevor, den die Uhrenindustrie schon hinter sich hat: Der Wandel nämlich vom notwendigen Alltagsgegenstand zum Luxusartikel, zum Status-Symbol.

Wie groß die Chance ist, die darin liegt, hat mittlerweile schon der eine oder andere begriffen. Aber: Nur wenige Verlage haben den Mut, die Konsequenzen zu ziehen. Um nochmal zu meinem Uhrenvergleich zurückzukommen: Mit billigen Leiharbeitern aus der dritten Welt kann ich keine Rolex zusammendengeln, die dem Namen Ehre macht. Mit Blech und Schrauben aus der zweiten Wahl wird das ebenfalls nix werden. Klar: Hochwertige Rohstoffe (für Zeitungen etwa: moderne Technik) und perfekt ausgebildete Mitarbeiter, die freilich immer auch ihren Preis haben – ohne diese Komponenten wird der Wandel nicht gelingen.

Das Schöne aber ist: Noch können sich die Verlage aussuchen, welchen der beiden Wege sie gehen wollen. Aber vielleicht nicht mehr lange.

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