GEZ: Kriegen wir ein Fernseh-Ministerium?

Head of ZDF in Mainz, Germany.

In einem sehr lesenswerten Beitrag setzt sich die „WELT“ mit der neuen „Rundfunkgebühr“ auseinander. Das Prinzip ist ja mittlerweile bekannt: Seit 1. Januar zahlen wir nicht mehr dafür, dass wir fernsehen – sondern eigentlich dafür, dass wir wohnen. Sprich: Die Frage, ob jemand Rundfunkgebühr zahlt, hängt nicht mehr wie früher davon ab, ob er oder sie überhaupt ARD oder ZDF (im Bild: Die Zentrale in Mainz) guckt.

Das Prinzip dahinter erinnert natürlich schon sehr stark an die Steuerfinanzierung anderer Aufgaben: Die Frage, ob mit meinen Steuergeldern Spielplätze gebaut werden, hängt nicht davon ab, ob ich Kinder habe.

Deshalb macht der WELT-Autor auch den Vorschlag, die Rundfunkgebühren durch eine Steuerfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender zu ersetzen. Denn, nur mal nebenbei bemerkt, deren Jahresetat ist mittlerweile um ein paar Milliarden größer als etwa der des Berliner Familienministeriums.

Dieser Vorschlag hätte für mich noch eine Reihe weiterer Vorteile.

  1. Das jetzige Verfahren ist ein Win-Win-Lose-Modell: Die Sender definieren nach Art eines Wunschzettels, wie viel Geld sie denn gerne hätten (win), die Politik genehemigt das Ganze (win), aber der Verbraucher, der alles bezahlt, hat keinerlei Einfluß auf die Höhe der Gebühr oder die Frage, was damit passiert (Lose).
  2. Wenn man schon anfängt, Journalismus (nämlich den öffentlich-rechtlichen) mit Steuern zu finanzieren, könnte man auch noch den einen oder anderen Schritt weitergehen. Beispielsweise ließe sich dann die Frage vielleicht etwas eleganter lösen, ob und wie es auch im Internet eine Art staatlich finanzierte „Informations-Grundversorgung“ der Bürger geben soll. Bislang machen das ARD und ZDF sehr aufwändig (und jeweils doppelt) in Konkurrenz zu nicht gebührenfinanzierten (also für den Steuerzahler „kostenlosen“) Angeboten privatwirtschaftlich finanzierter Medien
  3. Verwandte Fragen wie etwa das geplante Leistungsschutzrecht für die Inhalte privater Medien könnten im selben Atemzug behandelt werden – zwar wären das dann streng genommen Subventionen, die man an anderer Stelle mühsam abbaut, aber durch die Ansiedlung etwa in einem „Medien-Ministerium“ (das man natürlich sauber konstruieren müsste, allen schon deshalb, um Parallelen mit dem „3. Reich“ vorzubauen) ließe eine bessere Austarierung der Interessen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien zu.
  4. Die Konstruktion böte die Chance, auch „neue“ Medien wie etwa die Social Media ebenfalls staatlich mit zu begleiten. Es besteht derzeit hier ja das Problem, dass alle großen Social Media in den USA ansässig sind und sich damit deutscher Rechtsprechung weitgehend entziehen – die leidige Dauer-Diskussion um den Datenschutz bei Facebook ist die Folge. Da aber andererseits für das Gros der deutschen Bevölkerung heute Facebook quasi ebenso zur informationellen „Grundversorgung“ gehört wie ARD und ZDF, könnte man darüber nachdenken, auch diese Grundversorgung staatlich sicherzustellen. Und zwar auf eine Art, die deutschen Bestimmungen entspricht.

Man sieht also: Eine grundsätzlich veränderte Konstruktion der Finanzierung von ARD und ZDF böte tatsächlich viele Chancen, das Modell der öffentlich-rechtlichen Informationsversorgung, das im Grunde aus der 1. Hälfte des vorigen Jahrhunderts stammt, gründlich zu überarbeiten und auf die Höhe der Zeit zu bringen. Das Ganze hat nur einen Nachteil: Es wird nicht passieren.

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Leistungsschutzrecht: Google zeigt Wirkung

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=OvhrC2eWIxw&hd=1]Unter Bergsteigern gibt es eine alte Redensart: „Dem Berg ist es egal, ob ich ihn besteige“. Das bringt jenen Fatalismus zum Ausdruck, mit dem selbst Spitzenleute letztlich akzeptieren (müssen), dass bei allem Können immer ein Restrisiko bleibt, weil der Berg einfach immer größer ist als der Mensch.

Was das mit der aktuellen Diskussion um das Leistungsschutzrecht für deutsche Verlage zu tun hat?

Eine Menge.

Aber der Reihe nach: Seit vergangene Woche wird ein geplantes Gesetz sehr breit diskutiert, von dem der Laie zuvor vermutlich noch nie gehört hatte. Seit einiger Zeit schon versuchen deutsche Zeitungsverlage durchzusetzen, dass sie an den Erlösen beteilgt werden, die Google dadurch erwirtschaftet, dass es in seinen Suchergebnissen kurze Anreißer von Pressetexten veröffentlicht und dazu Werbung anzeigt. Das ist ein Thema, das für den berühmten Otto Normalverbraucher mutmaßlich keine lebensverändernde Wirkung haben wird – gleich, wie die Diskussion am Ende ausgeht. Bis vorige Woche konnte man der Meinung sein: OK, das werden Verlage, Gesetzgeber und Google unter sich ausmachen.

Wobei dem Suchgiganten Google hier natürlich die Rolle des Berges in dem obigen Spruch zukommt. Ich selbst hätte erwartet, dass der Quasi-Monopolist aus Kalifornien das Ganze mit einer gewissen Gleichmut an sich vorüberziehen lässt – denn auch für Google ist das Thema sicher nicht kriegsentscheidend.

Dachte ich.

Doch dann begann Google mit einem ziemlichen Aufstand: Sogar auf der Homepage der Suchmaschine versuchte man, mit Hilfe eines Youtube-Videos für den eigenen Standpunkt zu werben und bei den geneigten Usern für eine „Initiative gegen das Leistungsschutzrecht“ zu agitieren. Pikant war dabei übrigens am Rande, dass hier gerade der eh als Daten-Krake verschrieene Suchmaschinenkonzern fleißig Userdaten sammeln wollte, um „über das Thema zu informieren“.

Unter dem pseudo-dramatischen Titel „verteidige Dein Netz“ hängt Google das Leistungsschutzrecht zumindest sprachlich sehr hoch auf. Das wirkte zumindest auf mich etwas, na ja, hysterisch. Und ob Google mit einer derartig über-dramatisierten und deutlichst gefärbten Stellungnahme zur Versachlichung der Diskussion beiträgt, ist doch sehr die Frage.

Wie auch immer die Sache mit dem Leistungsschutzrecht am Ende ausgeht: Ich finde es schon mal äußerst spannend, dass es dem Berg Google offenbar so gar nicht egal ist, wer ihn besteigt.

(DISCLAIMER: Ich bin hauptberuflich bei einem Zeitungsverlag angestellt. Die hier dargestellte Meinung ist jedoch meine persönliche und nicht notwendigerweise diejenige meines Arbeitgebers.)

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