Seth Godin: „Poke the Box“

Er schafft es immer wieder: Die Bücher von Seth Godin sind auch im englischen  Original leicht zu lesen und trotzdem nicht flach. Im Gegenteil: Wer ab und zu einen Motivationsschub braucht, dem sei der Autor (er hat übrigens in den 90er Jahren den Begriff des „Permission Marketing“ erfunden…) wärmstens ans Herz gelegt.

Godins jüngstes Buch hat einen programmatischen Titel: „Poke the Box“ (deutsch etwa: „Stups die Schachtel“) bezieht sich auf das Verhalten kleiner Kinder: Man lege einem Kleinkind eine schwarze Box mit allerlei Lichtern, Schaltern und Hebelchen ins Kinderbett. Was wird passieren? Richtig: Das Kind wird bald anfangen, die Box zu anzustupsen, um zu sehen was passiert. Es wird die Schalter drücken, die Hebelchen umlegen – und feststellen, dass dann vielleicht ein Licht zu leuchten beginnt oder ein kleines Lied ertönt.

Godins Fazit für uns Erwachsene: Probiert Dinge aus! Riskiert es, Veränderungen anzustoßen! Schaut einfach mal, was passiert, wenn man sich nicht mit dem Status Quo zufrieden gibt.

Ohne jetzt hier zu sehr ins Detail zu gehen: „Poke the Box“ ist ein sehr, sehr gutes (und vor allem motivierendes) Buch über Veränderungsprozesse und darüber, wie man sie anstößt (und dass man sie anstoßen muß, wenn man auch persönlich weiterkommen will). In diesem Sinne: Lesebefehl!

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Der Wert der Daten

Eben auf Bayern 5 gehört: Der Herr Bundesdatenschutzbeauftragte gibt zu Protokoll, er sei dagegen, daß persönliche Daten der Deutschen, die auf kommunaler Ebene gespeichert sind, auch nochmal zentral in Berlin abgelegt werden. Also Familienstand, Steuernummer, Religion und sowas.

Süß.

Manchmal frage ich mich ernsthaft, auf welchem Planeten diese Leute leben. Hat er denn keinen Payback-Account? Ist er nicht bei Xing? Noch nie mit Kreditkarte bezahlt? Kein Profil bei Neu.de, der Herr Datenschutzbeauftragte?

Wir alle geben doch unsere Daten längst freiwillig her. Für zwei Prozent Rabatt bei Obi oder eine Teflonpfanne für die Hälfte bei Kaufhof. Also: Die Sache mit der Datenvermeidung ist längst durch.

Aber kaum jemand (Endesunterfertigter ausdrücklich eingeschlossen) kapiert, wo das Problem ist.

Ich stelle mir nur mal vor, jemand wie die GfK (also noch nicht jemand wirklich böses) hätte Zugriff auf alles, was von mir so im Internet rumschwirrt: Mailaccount bei Web.de, rund 150 meiner Geschäftskontakte auf Xing, Profile bei Digg, Twitter, Skype, mein Google-Account – und nicht zuletzt dieses Blog.

Ja was will man denn noch mehr? Ein ordentlicher Software-Roboter wüßte dann alles über mich. Oder zumindest vermeintlich.

Ein Beispiel: In meinen Xing-Kontakten gibt es eine Mitarbeiterin einer bestimmten politischen Partei. Außerdem zwei Leute, die bei einer politischen Stiftung angestellt sind, der man eine gewissen Nähe zu ebenjener Partei nachsagt. Bin ich also ein Wähler dieser Partei? Ein Software-Roboter würde vielleicht sagen: Ja.

Das muß nicht stimmen. Aber je mehr Informationen über mich der Roboter hätte, umso „schlauere“ Annahmn über mich könnte er treffen.

Mein Problem ist: Ich möchte gerne, dass man auf Xing mein Netzwerk sehen kann. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass jemand daraus falsche Schlüsse zieht. Oder, schlimmer noch: korrekte Schlüsse.

Meine informationelle Selbstbestimmung ist damit längst im Eimer. Und bis zu einem gewissen Grad verstehe ich jeden, der jetzt in Panik verfällt und seine Visa-Karte verbrennt.

Aber eigentlich wären das die Aufgaben für den Datenschutzbeauftragten. Ich wünsche mir von ihm nicht, dass er alles verhindert. Ich wünsche mir besseren Durchblick. Was genau macht Payback mit meinen Karten? Kann ich einen Google-Account riskieren, oder mache ich mich damit völlig gläsern? Wer erfährt, welche Bücher ich bei Amazon gekauft habe?

Diesen Durchblick brauchen wir nicht nur aus hehren Gründen. Wir brauchen ihn auch, damit die digitale Wirtschaft funktionieren kann.

Denn nur ein Verbraucher, der keine Angst hat, wird am Empfehlungs-Marketing teilnehmen, seine Top-Ten-Pornovideos bei Amazon veröffentlichen oder in einem Blog-Kommentar seine Meinung über den Bundesdatenschutzbeauftragten hinterlassen. Die Leute müssen glauben (können), was Google bloß von sich behauptet: „Wir tun nichts Böses“.

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