Buchmarkt: die Chancen der deutschen Autoren

Jeff Jarvis

Das Thema lässt mir keine Ruhe: deshalb habe ich nochmal nachgedacht und möchte ihren drei Beispielen zeigen, wo die Chancen liegen, die sich deutschen Buchautoren durch die neuen Werkzeuge, die iBooks und das Social Web bieten.
Beispiel eins: „Universal Code -Journalismus im digitalen Zeitalter“. Das ist ein teilweise hoch spannendes, teilweise nicht ganz so aufregendes Buch über online Journalismus, gerade neu rausgekommen, 550 Seiten von insgesamt 20 Autoren. Das Gute daran: hier können Autoren mit wenig Aufwand Geld verdienen, indem sie relativ kurze Beiträge veröffentlichen. Sie müssen sich dafür nur zusammentun und miteinander kommunizieren. Ich frage mich manchmal, ob die Dichterstube als alleiniger Ort des Wirkens eines Schriftstellers nicht langsam ausgedient hat. In Zeiten der sozialen Netze können doch tatsächlich auch Schriftsteller ganz leicht miteinander kommunizieren, gemeinsame Projekte entwickeln und, wie im vorliegenden Fall, gemeinsame Publikationen veröffentlichen. Gemeinsam sind sie stärker, gemeinsam finden Sie einen größeren Markt und gemeinsam können Sie so auch zusätzliches Geld verdienen. Für mich absolut wegweisend.
Beispiel zwei: „Die digitale Gesellschaft“ von Markus Beckedahl und Falk Lüke. Dieses Buch ist vor kurzem im dtv Verlag frisch herausgekommen, der Autor Beckedahl ist bekannt unter Blogger nals Autor des „Netzpolitik“-Blogs. Das Buch möchte ich zwar nicht direkt als „Spinoff“ bezeichnen, aber dennoch belohnt es natürlich auf Gedanken und Texten, die zuvor im Blog erschienen sind. Dieses Modell, also eine erste Veröffentlichung im Blog, die natürlich durch die Kommentare der Leser noch mehr Qualität erhält, und danach eine Veröffentlichung auf Papier oder als E-Book, die letztendlich das eigentliche Geld bringt – auch das kann für mich ein sehr gutes Modell für die Zukunft sein.
Beispiel drei: der amerikanische Autor Jeff Jarvis (Bild oben) erzählt in seinem Buch „Public Parts“ eine schöne Geschichte: er habe sich mit dem Kollegen Seth Godin darüber unterhalten, weshalb man heutzutage eigentlich überhaupt noch ein Buch schreiben sollte, man verdiene schließlich kein Geld mehr damit. Godins Antwort ist spannend: er gibt mehr zu bedenken, dass das Buch an sich heute teilweise nur noch eine Werbemaßnahme für den Autor ist. Das Geld wird dann anders verdient, zum Beispiel mit Vorträgen oder mit Beratung. Dieses Modell ist sicherlich eher für Sachbuchautor geeignet als für Leute, die im klassischen Literaturbereich unterwegs sind.
Aber für Letztere ist vielleicht ein anderes Modell brauchbar, das auch von Jeff Jarvis stammt. Es handelt sich hier um die so genannte Sinne, worunter man sich ähnliches vorstellen kann wie früher zu Zeiten der Vinylschallplatte. Also einen kurzen Text, der entweder eine Skizze darstellt für etwas längeres oder auch durchaus für sich alleine stehen kann. Auf dem amerikanischen iBook Markt hat sich diese Form schon sehr gut etabliert. Für ein paar wenige Euro oder Cent kann man hier“Singles“ kaufen und auf dem mobilen Lesegerät nutzen. Im Falle von Jeff Jarvis ist die Single „Gutenberg The Geek“ die eine Ergänzung oder auch eine Variante zu dem großen Buch Public Parts. In der Single finden sich teilweise wortgleiche Passagen wie im Buch, also ist die Produktion sehr effizient. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass die Single, die für sich alleine schon Geld verdient, zusätzlich noch ein Anreiz sein kann, nach der Lektüre auch das richtige Buch zu kaufen.
Ein letzter Punkt noch: nach meinem Eindruck entsteht gerade eine junge Generation von Autoren wie zum Beispiel die Twitterer @vergraemer und @silenttiffy, die zwar teilweise noch zu sehr mit der eigenen Selbststilisierung beschäftigt sind, die aber im Unterschied zu ihrem älteren Kollegen genau wissen, wie man die sozialen Medien als Werbeinstrument einsetzen kann. Bei Ihnen habe ich die starke Hoffnung das sie mithilfe der oben dargestellten Modelle tatsächlich in der Lage sein werden, auch in Zukunft von Ihrer Leidenschaft und ihrer Berufung leben zu können. Verlage brauchen sie dazu allerdings eher nicht mehr.
[vimeo http://www.vimeo.com/23585998 w=400&h=300]

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Buchverleger? Braucht man nicht (sagt Amazon).

Heute war in der New York Times ein interessanter Artikel (danke an @mmeckel für den Hinweis!) darüber, wie Amazon sich in den USA gerade ein neues Geschäftsfeld erschließt: Das Unternehmen wirbt gezielt Bestsellerautoren von ihren Verlagen ab und beginnt selbst, Bücher zu verlegen. Dafür hat sich der Konzern schon im Frühjahr den ehemaligen Random House-Manager Laurence Kirshbaum geholt, der das Geschäft nun aufbauen soll.

Auf der anderen Seite gibt es Fälle, in denen Verlage ihre Autoren auf gut deutsch gesagt rausschmeißen, wenn die anfangen, bei Amazon selbst Bücher herauszugeben, z. B. für den Kindle. Prominentestes Beispiel dafür ist die hawaiianische Schriftstellerin Kiana Davenport (Bild), die es gewagt hat, bei Amazon eine Sammlung alter Kurzgeschichten herauszugeben. Damit war der Vertrag mit ihrem Verlag und ebenso der Vorschuß für ihr kommendes Buch futsch.

Offensichtlich liegen also vor allem auf der Verlegerseite die Nerven blank. Klar: Dort hat man in der Vergangenheit oft für sehr wenig Leistung von den Autoren sehr hohe Erlösanteile genommen. Inwieweit die Verlage tatsächlich die Funktion erfüllt haben, aktiv nach neuen Talenten zu suchen und auch mal ins Risiko zu gehen, um der Welt neue Literatur zu schenken – darüber kann man trefflich streiten.

Nicht zuletzt zeigen auch Initiativen wie das „Domino Project“ von Seth Godin (übrigens zufälligerweise „powered by Amazon“…), dass die Tage des traditionellen Buchverlagswesens gezählt sind: Spätestens, seit wirklich jeder Depp (sogar ich) per Upload einer simplen Word-Datei bei Amazon ein E-Book für den Kindle mit nur wenigen Mausklicks publizieren kann, stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung von Verlagen schon sehr ernsthaft. Gut, OK: Autoren müssen von irgendwas leben, während sie die Bücher schreiben, von deren Honoraren sie dann nach der Publikation zehren können. Aber das kriegt man auch irgendwie anders hin. Und das Thema „Marketing“ hat sich in Zeiten des Social Web auch weitgehend erledigt – jedenfalls, soweit es große Etats betrifft. Es gibt heute tatsächlich eine reelle Chance, auch ohne großen Apparat bekannt zu werden und Geld zu verdienen. Und die klassischen Produktionskosten gehören in den Zeiten der E-Books ja ohnehin der Vergangenheit an.

Was nun stattfindet, sind Abwehrkämpfe seitens der Buchverleger, die im Grund erkennen müssten, dass ihr Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert bzw. nicht mehr vorhanden ist – und sich ein Neues suchen müssten. Da ist es natürlich einfacher, weiterhin das mindestens scheintote Papierpferd zu reiten und eifersüchtig darüber zu wachen, dass nur ja niemand diesem Pferd ein Bein stellt. Aber auch ohne gestellte Beine wird man auf einem scheintoten Pferd nicht mehr allzuweit reiten können. Mich erstaunt dabei nur, dass nicht endlich jemand aus dem lernt, was man in der Musik- und Filmindustrie schon gesehen hat. Nämlich: Die Zeiten der Schallplatten, DVDs und Papierbücher sind vorbei.

Der Konflikt spielt sich also in Wahrheit nicht ab zwischen Kindle und den Buchverlegern, er spielt sich ab zwischen Vergangenheit und Zukunft, oder, schlimmer noch: Zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

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Seth Godin: „Poke the Box“

Er schafft es immer wieder: Die Bücher von Seth Godin sind auch im englischen  Original leicht zu lesen und trotzdem nicht flach. Im Gegenteil: Wer ab und zu einen Motivationsschub braucht, dem sei der Autor (er hat übrigens in den 90er Jahren den Begriff des „Permission Marketing“ erfunden…) wärmstens ans Herz gelegt.

Godins jüngstes Buch hat einen programmatischen Titel: „Poke the Box“ (deutsch etwa: „Stups die Schachtel“) bezieht sich auf das Verhalten kleiner Kinder: Man lege einem Kleinkind eine schwarze Box mit allerlei Lichtern, Schaltern und Hebelchen ins Kinderbett. Was wird passieren? Richtig: Das Kind wird bald anfangen, die Box zu anzustupsen, um zu sehen was passiert. Es wird die Schalter drücken, die Hebelchen umlegen – und feststellen, dass dann vielleicht ein Licht zu leuchten beginnt oder ein kleines Lied ertönt.

Godins Fazit für uns Erwachsene: Probiert Dinge aus! Riskiert es, Veränderungen anzustoßen! Schaut einfach mal, was passiert, wenn man sich nicht mit dem Status Quo zufrieden gibt.

Ohne jetzt hier zu sehr ins Detail zu gehen: „Poke the Box“ ist ein sehr, sehr gutes (und vor allem motivierendes) Buch über Veränderungsprozesse und darüber, wie man sie anstößt (und dass man sie anstoßen muß, wenn man auch persönlich weiterkommen will). In diesem Sinne: Lesebefehl!

„Poke the Box“ bei Amazon kaufen

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Lesebefehl: „Linchpin“ von Seth Godin

Also: Bücher von Seth Godin sind ihr Geld eigentlich immer Wert. Aber dieses hier besonders. Es geht um ein Thema, das uns eigentlich alle angeht (zumindest diejenigen, die arbeiten…) – vielleicht manchmal, ohne dass wir es merken.

Die Arbeitswelt ändert sich. OK. Einfache (Büro-)Jobs macht entweder der Computer oder der Inder. Auch OK. Das haben auch andere Leute schon gemerkt, zum Beispiel Daniel Pink in seinem brillianten Buch „A Whole New Mind“ (ebenfalls Lesebefehl!).

Aber bisher hat noch niemand so richtig deutlich gemacht, was das Ende der Industriegesellschaft, das Ende der Fabriken (und auch eine Versicherungsgesellschaft ist in diesem Sinne eine „Fabrik“) für uns alle bedeutet. Für die Art, wie wir Arbeiten.

Von vorne: Fabriken brauchen möglichst billige, möglichst austauschbare Arbeitskräfte. Der Gewinn einer Fabrik kommt aus der Differenz zwischen dem Lohn, den die Arbeitskräfte bekommen, und dem Mehrwert, den sie erwirtschaften. Um den Gewinn zu optimieren, muß dieses Delta möglichst hoch sein.

In der Industrie funktioniert das prima: Der Monteur am Fließband eines Autoherstellers, der Sachbearbeiter einer Bank, der „Barista“  bei Starbucks: Sie alle tun mehr oder weniger immer das gleiche, und sie alle sind im höchsten Maße austauschbar. Oder, in den Worten von Seth Godin: „Heben“ kann mehr oder weniger jeder, „Lesen und schreiben“ oder „Microsoft Word bedienen“ auch.

Nur, wie gesagt: „Heben“ kann der Vietnamese, „Lesen und schreiben“ mittlerweile der Rechner ganz alleine – also wozu noch nach Jobs streben, die derart uniform sind, dass sie quasi ohne uns günstiger zu erledigen sind? Seth Godin sagt: Weil unsere Erziehung uns dazu zwingen will. Und zwar deshalb, weil nun bald hundert Jahre lang dieser Deal prima funktioniert hat: „Sei brav, funktioniere. Begehre nicht auf, hab keine originellen Ideen. Und Du wirst ein Leben lang einen sicheren Job in irgendeiner „Fabrik“ haben und Dein Auskommen.“

Aus, vorbei.

Karstadt ist pleite, AEG kaputt, Opel kämpft. Alles klassische Beispiele für das alte Fabrikmodell.

Was müssen wir anders machen?

In Zeiten der Globalisierung muß der Erfolg von Unternehmen (ich sage bewußt nicht: Fabriken) aus den Ideen, aus dem Engagement ihrer Mitarbeiter kommen. Das heißt aber: Buckeln, Maul halten und auf den Feierabend oder die Rente warten funktioniert nicht mehr. Menschen mit Ideen sind unbequem, Engagement macht Arbeit, Aufbegehren, eine Meinung haben bedeutet Risiko. Eine völlig neue Situation. Für Unternehmen, aber auch für Arbeitnehmer. Nur: Es hilft ja nichts.

Der Erfolg des iPods kommt nicht daher, dass in einer (vermutlich) chinesischen Fabrik brav irgendwelche Arbeiter irgendwelche Elektronikteile zusammenstöpseln. Der Erfolg kommt aus dem guten Design, der Erfolg kommt aus dem einzigartigen Bedienkonzept – und letztlich kommt daher auch der Mehrwert und der Aktienkurs von Apple. Ganz bewußt steht auf den Geräten nicht „Made in China“, sondern: „Designed by Apple in California“.

Nun also: Wir brauchen einen neuen Typus von Mitarbeiter, damit aber auch einen neuen Typus von Unternehmer. Denn wer Ideen hat, sich einbringt, Engagement zeigt, der wird für das Unternehmen zunehmend unersetzlicher. Und davor haben viele Unternehmen Angst, weil es eben dem jahrzehntelang gelernten Mantra „Jeder ist ersetzbar“ diametral widerspricht. Auf der anderen Seite ist diese neue Art zu Arbeiten auch für den Mitarbeiter angstbesetzt, denn sie bedeutet ja, wie gesagt: Mehr „Arbeit“, mehr Risiko. Aber sie bedeutet auch: Mehr Erfolg. Für den Einzelnen, für sein Unternehmen.

Weil Seth Godin das so klar darstellt, ist dieses Buch überaus lesenswert.

Bei Amazon hier kaufen:

Linchpin: Are You Indispensable?

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Seth Godin über geschnitten Brot

Ein toller Vortrag von Seth Godin bei TED.com. Sein Thema: Geschnittenes Brot.

Jawoll. Wußten Sie, dass fertig geschnittenes und abgepacktes Brot 1910 erfunden wurde? Nein? Macht nichts – auch sonst hat damals keiner was gemerkt. Das Ganze war ein Flop. Erst zehn Jahre später kam die Firma „Wonder“, machte eine schöne Verpackung und richtig viel Werbung, und siehe da: Verkaufsschlager.

Das ist die Kernthese von Godin: Es geht nicht ums Produkt. Es geht um die Idee. Und es geht darum, wie man es schaffen kann, eine Idee zu verbreiten. Denn: Wer das schafft, gewinnt.

Und wie verbreitet man eine Idee? Man nimmt Geld in die Hand. Viel Geld. Dieses Geld gibt man aus für Fernsehwerbung. Wenn die Werbung funktioniert, verkauft man dadurch mehr Produkte. Und verdient Geld. Dieses Geld steckt man wieder in Fernsehwerbung – usw.

Nur leider funktioniert dieser Kreislauf heute nicht mehr. Was man stattdessen tun muß, hier in der Vollversion des Videos

Für den, darauf jetzt keine Lust hat oder seinem Englisch nicht weit genug über den Weg traut, hier ein paar Thesen:

  • Man braucht keine weißen Kühe, man braucht lila Kühe
  • In vielen Branchen sind die Marktführer sehr unterschiedlich (Jeep und Mini bei Autos, Tiffany und Wal-Mart im Einzelhandel)
  • Der Massenmarkt (und der Massengeschmack) sind für Marketing uninteressant geworden, da diese Menschen mit so vielen Botschaften bombardiert werden, dass sie nicht mehr zuhören
  • Interessant sind Innovatoren und „Early Adopters“
  • Die Early Adopters verbreiten Ideen in den Massenmarkt
  • Verkaufe an Leute, die Dir zuhören
  • Otaku (japanisch)
  • Sicherheit ist das größte Risiko
  • Finde Kunden, die Dein Produkt lieben

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