„Sozialer Journalismus“ – ein neuer Beruf?

Jeff Jarvis
Jeff Jarvis – Foto: Eirik Solheim

In seinem immer sehr lesenswerten Blog „Buzzmachine.com“ hat der US-Journalist und Hochschullehrer Jeff Jarvis über eine Initiative seiner Hochschule Berichtet. Die „City University of New York“ will auf Vorschlag von Jarvis ein Curriculum namens „Social Journalism“, also zu deutsch etwa „sozialer Journalismus“ einführen.

Was aber soll das sein? Jarvis schreibt in seinem Antrag,

We see the need and opportunity to meet journalism’s mission of informing communities in new ways using the new tools afforded by the internet, resetting the profession’s relationship with the public and shifting its focus from content toward service.

Eine „Verlagerung des Schwerpunkts von Inhalt zu Service“ – aha? Heißt das etwa, wir berichten nicht mehr nur über die Eierpreise auf dem örtlichen Marktplatz, wir verkaufen jetzt auch die Eier?

Nicht ganz. Der scheinbar künstliche Widerspruch zwischen „Inhalt“ und „Dienstleistung“ (wir Journalisten sehen uns schließlich schon immer als Dienstleister) läßt sich relativ leicht auflösen.

Wenn ich ihn richtig verstehe, geht es Jarvis zwar durchaus um einen „tieferen“ Leserservice, als klassische Tageszeitungen ihn heute anbieten. Er meint, das „da sein für den Leser“ lasse sich auch über das Erstellen eines Berichts über gewisse Missstände hinaus noch weiter denken, etwa dahin, dass man etwa Diskussionsveranstaltungen organisiert (was es ja heute auch schon gibt) oder ähnliches.

Aber der Kern des Gedankens dreht sich um etwas anders. Nämlich um die von vielen klassichen Medien immer noch unterbewertete Tatsache, dass im Internet und in den sozialen Netzwerken sehr viel Inhalt „schon da ist“. Wenn etwa in einer dörflichen Gemeinde Jahrmarkt, Kirchweih oder Dorffest ist, dann findet sich darüber garantiert etwas auf Facebook. Wer unter den Lesern nicht bei Facebook ist, hat jedoch derzeit Pech gehabt, denn er sieht diesen Inhalt nicht.

Und natürlich: Vieles (bis das meiste), was „normale Leute“ online so posten, genügt natürlich keinerlei journalistischen Qualitätsansprüchen. Vulgo: Man weiß nicht, ob´s stimmt. Von handwerklichen Fragen wie dem korrekten Aufbau eines Textes oder auch nur dem Vorhandensein von Bildzeilen mal ganz abgesehen.

Insofern kann ich mir durchaus vorstellen, dass Journalisten ein neues und wichtiges Tätigkeitsfeld im so genannten kuratieren von Inhalten finden könnten. Auch neue Themen, sogar ganze Themenfelder können sich so erschließen. Und nicht zuletzt schärft ein genauerer Blick auf das im Netz bereits vorhandene sicherlich das Gespür, wenn nicht sogar das Wissen um die tatsächlichen Bedürfnisse des Lesers.

Und Insofern sage ich: Social Journalism ist möglicherweise eine richtig gute Sache – besser jedenfalls (zumindest auf den ersten Blick) als so viele eierlegende-wollmilchsau-Studiengänge an deutschen Hochschulen, in denen versucht wird, den medizinisch gebildeten Journalismus-Juristen mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund zu züchten – was ab und zu mal leider schief geht. Besser ist es da schon aus meiner Sicht, mein bleibt  – wie die CUNY – erst mal beim inhaltlichen und entwickelt dieses Aufgabengebiet aber Richtung Zukunft weiter.

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