Die neue „Süddeutsche.de“

[slideshow]Die armen Kollegen in München: Den Relaunch einer großen Website wie der „süddeutsche.de“ auf den Jahreswechsel zu legen, grenzt an Folter: Üblicherweise wird es ja zum Projektende hin immer etwas hektisch – ich möchte nicht wissen, ob aus den Reihen der SZ-Onliner irgendjemand die Chance hatte, Weihnachten oder Silvester zu feiern. Aber so ist der Krieg, und das Ergebnis der Mühen ist nun online zu bestaunen.

Die Macher selbst loben sich erstmal: Ordentlicher sei das alles, die Ressorts nun in einer festen Abfolge auf der Homepage vertreten. Ehrlich gesagt: Mir egal. Ich nutze eine Homepage, um schnell einen Überblick über die wichtigsten Themen zu bekommen. Und  wenn im Sport gerade nichts los ist, will ich einfach keinen Sport lesen. Aber gut.

Gaaanz wichtig sind natürlich Social Media. Dass der neue SZ-Online-Chef Stefan Plöchinger auf seinem Twitter-Account gerade mal gute 600 Tweets vorzuweisen hat (was ihn als ziemlichen Anfänger auf dem Gebiet outet), läßt nicht unbedingt Gutes ahnen. Immerhin: Die SZ hat ihre Twitterei besser strukturiert als früher, es gibt nach dem Vorbild von Vorreitern wie etwa der Bahn AG verschiedene Accounts für verschiedene Bereiche, und offenbar kürzeln die Mitarbeiter ihre Tweets auch – sehr gut, denn nur so bekommt man mit, wer was geschrieben hat.

Ansonsten fällt mir wenig spektakuläres auf – mithin auch wenig, das wirklich „besser“ ist als in der alten Version. Interessant ist aber, welche Rolle derdiedas „Print“ auf der neuen Seite spielt. Hier hat man ein paar Ideen aufgegriffen, die sich schon vor über 10 Jahren als falsch herausgestellt haben. Zum Beispiel diese hier: Da liest man in der Marginalspalte der Homepage doch tatsächlich, was „morgen in der SZ“ steht. Liebe Leute: Das ist einfach Quatsch. Niemand will das wissen. Wenn die Themen wichtig sind, will ich sie HEUTE lesen, bitteschön. Nicht fehlen darf offenbar auch der Hinweis im Redaktionsblog, dass es auf der Website nicht „um die komplette tägliche SZ mit Hunderten Artikeln, Analysen, Hintergründen und viel Lesestoff handelt“, die man ja auch „ja auch digital kaufen“ könne. Nachdem man neuerdings selbst vom weltweiten Vorreiter der so genannten „Paywall“ im Zeitungsmarkt, der New York Times nämlich, in jüngster Zeit keine Erfolgsgeschichten mehr hört, zeigt auch dieses Detail eine gewisse Ratlosigkeit, wie denn nun online Geld zu verdienen sei. Wenn den schwäbischen Herrschern im Reich der SZ dazu nicht mehr einfällt als das, sehe ich zumindest grau.

Alles in allem: Es ist vieles neu an der Online-SZ (ach, stimmt ja: Auch der Umlaut im Titel zählt dazu!!!), aber wahrlich nicht alles besser.

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Wir brauchen ein Bundes-Facebook.

In einem wunderbaren Artikel für die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung macht Promi-Blogger Sascha Lobo heute seinem Ärger über unreflektierte Essays Luft, die Google, Facebook und Co pauschal als „böse“ diffamieren, aber keine Lösung anbieten, wie die digitale Gesellschaft besser funktionieren könnte als heute. Staaatliche Server, sagt Lobo, könnten diese Lösung nicht sein: Zu langsam, zu erfolglos seien bisherige staatliche IT-Großprojekte verlaufen, zu groß sei hernach das Anspruchsdenken der Politik, an die Daten der User zu kommen.

Ja, und nein.

Richtig ist sicherlich: Staatstrojaner, Gesundheitskarte und elektronischer Entgeltnachweis sind unrühmliche Beispiele. Es gibt aber auch durchaus rühmliche, siehe die nach anfänglichen Schwierigkeiten wunderbarst funktionierende Technik-Infrastruktur der LKW-Maut.

Aber darum geht es eigentlich nicht.

Es geht vielmehr darum, dass wir in Deutschland längst eine Struktur haben, die zumindest „nicht richtig staatlich“ ist und die man in ihrer heutigen Form ohnehin eigentlich nicht mehr braucht: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie nehmen jedes Jahr Gebührenmilliarden ein, die sie mehr oder weniger mühsam für Vorabendserien, Tatorte und „Wetten-Daß“-Show zum Fenster hinauspulvern.

Was spräche also grundsätzlich dagegen, zumindest darüber nachzudenken, ob diese Dinos der Mediengeschichte nicht dazu taugen könnten, das Problem zu lösen, das Sascha Lobo völlig korrekt beschreibt: Das Problem nämlich, dass schlicht sämtliche großen Internet-Dienstleister a) in privater Hand und b) in den USA ansässig sind, mithin der Kontrolle des deutschen Staates und der deutschen Öffentlichkeit effektiv entzogen.

Klar: Das fordert sich erstmal leicht. Aber auf der anderen Seite frage ich mich schon ein bißchen, warum auf diesen Gedanken offenbar noch niemand gekommen ist.

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