Das Ende des Geoblocking – und dann?

GeoblockingDie EU-K0mmissionmit ihrem Digitalkommissar Günther Öttinger hat vor Weihnachten einen Vorschlag gemacht, wie das umstrittene (und, sind wir mal ehrlich: äußerst nervige) Geo-Blocking in Zukunft weitgehend abgeschafft werden kann. Damit würde endlich ein Zustand beendet, den schon heute niemand wirklich versteht: Wenn ich als deutscher Staatsbürger in Deutschland einen Video-Dienst wie z. B. Netflix abonniert habe, ist erstmal alles schön und gut. Wenn ich nun aber ins Nachbarland Holland fahre, dann  sehe ich auf einmal nur noch Inhalte, die Netflix in Holland anbietet. Und wenn ich – noch schlimmer! – auf die Idee käme, mich ins Nachbarland Polen zu begeben, dann wird´s komplett Zappenduster. Denn in Polen ist Netflix nicht verfügbar.

Und nun kommt ein Phänomen zum tragen, das man bei technischen Beschränkungen immer wieder sieht: Wer sich einigermaßen auskennt, kann das Geoblocking sehr leicht umgehen. VPN heißt das Zauberwort, das dazu führt, dass Netflix mich auch dann bedient, wenn ich mich in Polen aufhalte. Aber nur, wenn ich weiß, wie das geht. Der berühmte Otto Normalverbraucher steht dagegen im Regen.

Es wird also höchste Zeit, dass dieser Blödsinn endlich aufhört.

Eine andere Sache ist allerdings die Frage, was mit den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender passiert. Denn: Auch hier wird derzeit flächendeckend geo-geblockt. Die Sachlage ist allerdings hier komplett anders zu bewerten als bei Streaming-Diensten wie Netflix. Denn schließlich werden die öffentlich-rechtlichen Sender, also beispielsweise die britische BBC oder die deutsche ARD, mit Steuergeldern alimentiert. Diese Steuergelder werden dann dazu verwendet, Content zu erstellen – also etwa den deutschen „Tatort“ oder den britischen „Sherlock“. Heute werden diese Inhalte unter anderem dadurch refinanziert, dass sie kostenpflichtig an ausländische Sender lizensiert werden und diese Sender die Inhalte dann in ihrem jeweiligen Land verwerten.

Dieses Geschäftsmodell würde in dem Moment zwangsläufig enden, in dem den Sendern verboten wird, Geoblocking zu betreiben.

Allerdings gibt es auch hier eine Lösung. Man müßte nämlich einfach nur umstellen von einer ortsbasierten zu einer personenbasierten Nutzerverwaltung. Sprich: Es darf nicht mehr jeder ARD gucken, der sich in Deutschland aufhält (also auch jemand, der beispielsweise Brite ist und hierzulande eine Geschäftsreise macht), sondern jeder deutsche Staatsbürger darf ARD gucken (und jeder Brite BBC), egal wo auf der Welt er sich aufhält. Technisch wäre das leicht umsetzbar, und die Authentifizierung wäre leicht möglich, etwa per Kreditkarte oder elektronischem Personalausweis.

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Netflix: Der neue Video-Dienst im Kurztest

Seit heute gibt es Netflix in Deutschland. Ich habe Netflix kurz getestet und mußte leider die Erfahrung machen, dass das User-Interface und das Anmeldeverfahren von Netflix sehr schlecht sind. auch die Smart-TV-App von Netflix ist sehr schlecht, das Filmangebot jedoch breit gefächert. Doch der Reihe nach.

Zuerst habe ich versucht, Netflix auf meinem LCD-Fernseher (ein noch nicht mal ein Jahr alter von Panasonic) zu installieren. Die entsprechende App war schon ohne mein Zutun auf dem Gerät gelandet; Netflix hat da offenbar bei den Geräteherstellern kräftig nachgeholfen.

Natürlich ist es ein Schmerz, die übliche Registrierungs-Prozedur über eine TV-Fernbedienung zu erledigen. Die ist einfach nicht dafür gemacht, und entsprechend nervig ist es, die Mailadresse einzugeben und sich ein Passwort zu suchen. Dabei muß es wohl passiert sein: Ich habe bei der Eingabe des Passwortes (das muß man wie üblich zweimal machen) irgendeinen Buchstaben vergessen. Darauf wies mich die App aber nicht hin, sondern sagte lediglich „Es ist ein Fehler aufgetreten“. Die Lösung ging nicht über die App, sondern über das Hochfahren meines Macbooks und die Benutzung der dortigen „Passwort-vergessen“-Funktion (die gibts in der TV-App offenbar nicht…). Die erste halbe Stunde war vorbei.

Doch dann ging´s erst richtig los. Denn nun habe ich beschlossen, gleich am Rechner weiterzumachen. Das ging auch soweit ganz gut, bis auf der Seite mit der Zahlungsmethode meine Bankdaten einzugeben waren – konkret die IBAN meines Bankkontos. Diese leidigen Nummern sind ja so lang, dass man sie sich nicht merken kann. Also hab ich das Ding einfach aus meiner Homebanking-Anwendung herauskopiert. Aaaaaaaber: Die Bank macht (der besseren Lesbarkeit wegen) in die ellenlange Nummer in regelmäßigen Abständen Leerzeichen. Das aber gefiel wiederum Netflix nicht. Ohne auf das Problem hinzuweisen, schneidet Neflix dann eben einfach die letzten 4 Ziffern der IBAN ab. Dass es dann nicht funktioniert, ist irgendwie klar. Aber erneut bleibt Netflix eine schlüssige Erklärung schuldig und sagt lediglich „ihre Kontonummer ist ungültig“. Das stimmt zwar – aber wer kommt denn drauf, dass durch „Copy and Paste“ eine ungültige Nummer entstehen kann? Das ist wirklich unter aller Kanone, hier sollte Netflix wirklich schleunigst nachbessern. Es ist heute wahrlich schon lange kein technisches Problem mehr, mit Leerzeichen in einer Zahlenfolge klarzukommen, die „eigentlich“ keine Leerzeichen haben sollte.

So aber landete ich (weil Netflix nach 3x falsch eingeben – wiederum ohne Erklärung – weitere Eingaben der Kontonummer nicht zuläßt) bei der Telefonhotline. Dort aber (großes Lob!) wurde mir wirklich schnell und freundlich geholfen, und so konnte ich endlich ins Filmvergnügen starten – dachte ich. Das Angebot von Netflix ist auch durchaus sehr umfangreich (wenn auch nicht um Klassen besser als die Konkurrenz). Es gibt sogar etliche Filme aus deutscher Produktion und erstaunlich viele Independent-Filme. Aber leider waren nur wenige Filme aus meiner Stichprobe in HD verfügbar – obwohl ich einen teureren Tarif gewählt hatte, in dem – im Unterschied zum günstigsten Preismodell bei Netflix – HD auch tatsächlich möglich ist.

Mein Fazit also: Trotz des guten Filmangebots nervt mich Netflix erstmal kolossal.

netflix

Hier übrigens noch der Vollständigkeit halber mein Test des Netflix-Konkurrenten Watchever, den ich nach wie vor sehr gerne nutze. Im Unterschied zu Netflix hat Watchever auch eine Download-Funktion, mit der man eine gewisse Anzahl Filme und Serienfolgen dann auch ohne Internet-Anschluß nutzen kann.

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Das Ende des Brockhaus

Heute kam die Meldung über golem.de: Es gibt keinen gedruckten „Brockhaus“ mehr. Nachdem der Verlag die Druckerpresse schon im letzten Jahr endgültig angehalten hatte, sind jetzt auch die Lagerbestände aufgebraucht. Hinfort kann man den Brockhaus zwar noch digital abrufen (wenn auch kostenpflichtig). Die spannende Frage lautet jedoch, wie lange der Verlag zu seiner Aussage stehen wird, die Inhalte weiterhin durch Experten pflege zu lassen.

Damit endet mit der 21. Ausgabe des Brockhaus nichts weniger als eine Ära. Jene Ära nämlich, in der durch das Aufkommen der zunächst „Konversationslexikon“ genannten Nachschlagewerke das Faktenwissen der Menschheit erstmals (zumindest innerhalb gewisser Grenzen) demokratisiert wurde. Nun war das Wissen nicht mehr davon abhängig, welche Schule man besucht hatte, sondern nur noch davon, dass man genügend Geld hatte, sich den Brockhaus oder ein ähnliches Werk kaufen zu können.

Es endet aber auch ein extrem lukratives Geschäftsmodell. Denn die noblen Bände mit ihrem Goldschnitt und Ledereinband (ich habe selbst noch so ein Exemplar) waren viele Jahre lang ein „Muß“ in jeder gutbürgerlichen Wohnstube. Doch diese Zeiten sind vorbei – ersatzlos.

Denn heutzutage informiert sich die Welt bei Wikipedia. Kostenlos, wesentlich aktueller als früher, und außerdem wesentlich umfangreicher. Längst haben viele Studien gezeigt, dass die Informationen hier nicht unbedingt schlechter sind, die Fehlerrate in relativen Zahlen sogar wesentlich geringer als in gedruckten Lexika.

Das Ableben der letzten Alternative erhöht aber auch die Bedeutung von Wikipedia – und sollte uns allen ein Signal sein. Denn eine Informationsquelle, die dermaßen einzigartig ist, sollte uns allen vielleicht etwas wichtiger sein. Will heißen: Vielleicht sollten wir stärker als bisher darüber nachdenken, die chronisch klamme Wikipedia-Stiftung hin und wieder mit einer kleinen Spende zu unterstützen. Ganz sicher aber sollten wir uns mehr darum kümmern, wer eigentlich die Artikel in der Wikipedia schreibt und wie hier die Zens… Verzeihung: Redaktions-Richtlinien sind, d.h. wer letztlich bestimmt, was wie in der Wikipedia steht und was nicht. Nicht zuletzt unsere Kinder brauchen langfristig eine Informationsquelle, auf die man sich genauso verlassen kann wie früher auf den Brockhaus.

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Google setzt „Recht auf Vergessen“ um

20140530-075138-28298374.jpgEs ist eine kleine Überraschung: nur zwei Wochen nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs zum „Recht auf Vergessen“ im Internet setzt er Suchmaschinenbetreiber Google das Urteil auch schon um. seit gestern gibt es hier ein Formular, das man ausfüllen kann, wenn man bestimmte Seiten aus dem Suchindex von Google gelöscht haben möchte. Freilich ist dafür als Legitimation eine Kopie des Ausweises oder Führerscheins notwendig. Außerdem behält sich Google die Prüfung der Anträge und eine eigene Entscheidung darüber vor. Auf der Seite selbst steht als Begründung zu lesen, man wolle sich und den Antragsteller vor Identitätsdieben schützen.
Eines sollte jedem Antragsteller allerdings klar sein: mit der Löschung bei Google passiert auch „nur“ das. Bei anderen Suchmaschinen wie etwa Microsofts Bing bleibt man weiterhin auffindbar. Und außerdem verschwinden durch die Löschung bei Google natürlich nicht die eigentlichen Webseiten aus dem Netz, auf die Google verlinkt hatte. Es wird lediglich der Link im Google Index entfernt.
Google selbst legt in Person von CEO Larry Page und Aufsichtsratschef Eric Schmidt größten Wert auf die Feststellung, dass man das Urteil des EuGH nach vor nicht gut finde. Schmidt verweist darauf, man habe es bei dem Thema mit Balance aus „Recht auf Vergessen“ und „Recht auf Wissen“ zu tun. Und diese Balance sei mit dem Urteil aus dem Gleichgewicht gekommen.
Da ist sicherlich etwas dran. Und außerdem stellt sich die Frage, ob nun nicht andere Anbieter auf den Plan treten werden, die etwa aufgrund eines Firmensitzes außerhalb der EU das Urteil einfach umgehen können. Unter dem Strich steht zweierlei: einerseits ein für viele sicherlich überraschend gesetzestreues Verhalten von Google. Und auf der anderen Seite ein weiteres Beispiel dafür, dass die Justiz technisch und inhaltlich nicht unbedingt auf der Höhe der Internetzeit angekommen ist.

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Journalismus der Zukunft: seid mutig!

Fakten sind Müll, sagt Constantin Seibt. Der Schweizer Journalist ist nach Berlin auf die re:publica gekommen, um über die Zukunft der Zeitung zu sprechen. Aber er beginnt erst mal mit der Vergangenheit: Damals, sagt Seibt, sei die wichtigste Aufgabe im klassischen Journalismus gewesen, einfach nur nichts falsch zu machen. Wer das schaffte, hatte keine Probleme: die Abonnenten waren zufrieden, weil sie nicht aufgeregt wurden. Langeweile als Existenzberechtigung: Goldene Zeiten.

Doch die sind lange vorbei. Seit es das Internet gibt, sind Nachrichten keine Ware mehr: es gibt sie überall, und es gibt sie umsonst. Und auch Meinung, so sagt Seibt ein Stück weit überraschend, kann kein Alleinstellungsmerkmal mehr sein. Sie sei zu beliebig, zu leicht herzustellen. stattdessen, meint er, müssten Zeitungen etwas entwickeln, das deutlich weiter geht als Meinung: Haltung.

Er meint das im Sinne einer tiefer reflektierten, durchdachteren Form von Standpunkt, als es der kleine Kommentar auf Seite 2 auszudrücken oder zu leisten vermag.

Es ist das eine These, die für den überregionalen Journalismus sicher in weit stärkerem Ausmaße gilt als für die klassische Lokalzeitung. Dennoch aber lohnt es sich, darüber nachzudenken. Denn letztlich ist einer der wichtigsten Gründe für den oft überraschenden Erfolg von nicht formal als Journalisten ausgebildeten Bloggern genau jenes stärkere Engagement für Themen, Akteure und Ziele, das sich der klassische Journalismus, sicherlich oft zurecht, selbst verbietet.

Hier brauchen wir vielleicht sogar eine neue Ethik des Journalismus, die die klassische, im deutschen Pressekodex niedergelegte Zurückhaltung dort aufgibt, wo man sich mit dieser Aufgabe nicht gleichzeitig noch weit größere Probleme an anderer Stelle erkauft. Das ist eine ebenso wichtige wie gefährliche Überlegung, die man mit allem zu Gebote stehenden Fingerspitzengefühl anstellen muss.

Eines jedoch ist sicher: wenn alles so bleibt, wie es ist, dann bleibt es nicht.

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ARD und ZDF machen sich selbst überflüssig

Ich habe höchsten Respekt vor Bjarne Mädel. Gerade in dieser Woche hat der Schauspieler mit seiner Miniserie Tatortreiniger wieder beste Quoten eingefahren. Gleichzeitig war er bei Mord mit Aussicht als trotteliger Dorfpolizist eine Stütze dieser hervorragenden Serie. Doch jetzt macht Meldeschluss. Er hat angekündigt, dass er bei Mord mit Aussicht aussteigt.
was Mail stört, ist auf den Nenner gebracht die Art, wie unser deutscher öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit Schauspielern und mit Qualitätsprodukten umgeht. Offenbar ist es kein Problem hohe Etats für „wertvolles Kulturgut“ wie das Traumschiff auszugeben. Echte Qualitätsarbeit aber wie eben der Tatortreiniger oder Mord mit Aussicht hat es schwer. Offen gestanden: Das ist ein Skandal.
Denn seichte Unterhaltung wie das Traumschiff ist nun einmal nicht die Aufgabe öffentlich-rechtlicher, also mit Steuergeldern finanzierte Sender. Solches Material kann ich mir auch auf RTL und Sat eins anschauen. Nein, es sollte bei ARD und ZDF eben gerade darum gehe,n gutes Fernsehen zu machen. Dazu gehört auch Unterhaltung, die etwas weniger seicht ist, als das, was uns kommerzielle Sender bieten.
davon gibt es ja sowieso nicht viel. Aber das wenige, dass es gibt, wird von den führenden Leuten offenbar mit Absicht ins abseits gestellt. Der Tatortreiniger läuft mitten in der Nacht, und bei Mord mit Aussicht werden bereits abgedrehte Folgen erst mit jahrelanger Verzögerung gesendet, und außerdem noch die ohnehin schon knappe Produktionszeit weiter beschnitten. Das ist auch der Grund, warum Mädel jetzt aussteigt. Zurecht regt er sich darüber auf, dass man als Schauspieler unter diesen Bedingungen seine Kreativität nicht mehr ausspielen kann. Das deutsche Fernsehen begibt sich damit in eine gefährliche Schräglage. Denn wir alle als Steuerzahler finanzieren letztlich nur noch Müll wie das Traumschiff, aber bekommen keine Qualität mehr für unser Geld. Meine Konsequenz daraus lautet: immer häufiger lasse ich meinen Fernseher ausgeschaltet und schaue stattdessen echtes Qualitätsfernsehen. Und zwar auf dem iPlayer von der BBC.

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Apollo London: Das Versagen der öffentlich-rechtlichen

Das nennt man wohl „Breaking News“ heutzutage: In einem Londoner Theater stürzt gegen 20:15 Ortszeit (21:15 in Deutschland) die Decke ein, nach aktuellem Stand gibt es zwischen 20-40 Verletzte, möglicherweise Tote.

Wer die aktuelle Nachrichtenlage wissen möchte, sollte allerdings englisch können: CNN, BBC, Guardian – sie alle sind auf aktuellem Stand.

Die deutsche Online-Presse dagegen wurde weitgehend auf dem falschen Fuß erwischt – die Praktikanten haben schließlich schon längst Feierabend, auch bei den Leitmedien tut nur noch die Notbesetzung Dienst. Deshalb gibt es bei Spiegel, Focus und Co nur News-Schnipsel, die den Fakten hinterherhinken. Selbst die Welt hat nur eine kurze Meldung – obwohl Bild.de, immerhin ebenfalls aus dem Hause Springer, bereits mit dem Thema aufmacht.

Ein Armutszeugnis ist jedoch mal wieder die Leistung, die die öffentlich-rechtlichen Sender bringen. Ol´ Blue Eyes Klaus Kleber ist mit dem heute-journal auf Sendung. Das Ereignis ist immerhin schon eine Stunde her, als Kleber zum Ende der Sendung etwas erzählt von einem „Vorfall“ im Apollo-Theater, bei dem möglicherweise ein Teil der Ränge eingestürzt sei.

Nein! Nicht die Ränge! Das Dach!

Viele andere Medien wissen das bereits, Twitter und Facebook „wissen“ das natürlich sowieso, dort gibt es auch O-Töne.

Nun ist natürlich klar, dass die Geschwindigkeit von Twitter und Facebook in der Natur der Sache liegt. Die Aufgabe der Presse wäre es jetzt aus meiner Sicht, dieses Material bitteschön zu sichten und zu prüfen – und mir dasjenige daraus zu präsentieren, das sich verifizieren läßt.

Aber: Nichts davon. Man arbeitet beim heute journal offenbar immer noch wie vor 25 Jahren, als es noch kein Internet gab. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum wir uns in Deutschland ein derartig schweineteures System öffentlich-rechtlicher Medien leisten – wenn ich im „Ernstfall“ zur BBC umschalten muß, um zu erfahren, was wirklich los ist.

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Blogbuster gibt auf: Wer will Filme noch kaufen?

Die einstmals gigantische US-Videohandelskette Blogbuster (in der Spitze hatte man über 9.000 Filialen) gibt dieser Tage auf. Der Grund ist: In den letzten Tagen, also seit seinem Höhepunkt, ist der Markt für Filme auf physischen Datenträgern wie DVD und Bluray um zwei Drittel eingebrochen. Der Gewinn von Blogbuster, zu Spitzenzeiten im Jahre 2004 knappe 6 Milliarden US-Dollar, betrug zuletzt nur noch 120 Millionen.

Und es gibt andere interessante Entwicklungen: So haben sich zuletzt auch die Mitgliederzahlen des online-DVD-Verleihts „Netflix“ halbiert – und das innerhalb der letzten zwei Jahre.

Es scheint also schon sehr viel für die These zu sprechen, dass (jedenfalls in den USA) kaum noch jemand Filme auf physischen Datenträgern haben will. Stattdessen boomt der digitale Vertrieb über iTunes, Amazons Lovefilm und andere Dienste.

Der eigentlich spannende Punkt aber ist ein anderer. Obwohl es auch in der digitalen Welt wesentlich einfacher ist, Filme zu kaufen als sie zu mieten (und es viele Filme auch gar nicht mit einer „Miete mich“-Option gibt), machen Vermietungen über 80% des Gesamtumsatzes aus.

Das heißt auf gut Deutsch: Immer weniger Leute verstehen noch, weshalb sie einen Film (oder, schlimmer noch, eine Folge einer TV-Serie) überhaupt kaufen sollen, wenn sie den betreffenden Titel ohnehin meist nur einmal anschauen (und wenn man den Film partout nochmal sehen möchte, kann man ihn ja nochmal mieten und zahlt immer noch weniger als beim Kauf).

Im Endeffekt hat das zwei wesentliche Folgen:

  1. Der Umsatz der Filmindustrie sinkt, denn im Mitpreis für einen Film in digitaler Form ist naturgemäß viel weniger Marge als im Verkauf einer DVD
  2. Wenn der Umsatz zu sehr sinkt, gehen nicht bloß die Gewinne zurück, sondern es wird zunehmend das Kapital fehlen, um aufwändige Hollywood-Großprojekte zu stemmen. Für dieses Problem scheint es noch keine Lösung zu geben. Und gleichzeitig wird die Chance der digitalen Produkten, nämlich Grenzkosten nahe Null, nach meinem Eindruck nicht wirklich dazu genutzt, neue Talente oder experimentelle Formate auszuprobieren.

Spannende Zeiten stehen uns bevor.

 

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Die Paywall der Rhein-Zeitung: Ohne Phantasie

rheinzeitungSeit gestern ist es soweit: Die Koblenzer  „Rhein-Zeitung“, einer der Internet-Pioniere in der Branche, hat jetzt eine Paywall.

Genau gesagt: eine Paywall mit Löchern drin. Denn 10 Artikel darf weiterhin jeder pro Monat kostenlos lesen, auch die so genannten „Mantel-Inhalte“, also alles Überregionale, bleiben frei zugänglich, ebenso alles, was bei Facebook oder Twitter gepostet wird. Im Endeffekt steht die Mauer also nur vor den lokalen Inhalten. Das ist, wenn man es genau betrachtet, fast genau das gleiche Modell, wie es auch die „New York Times“ gewählt hat. Auch dort ist nach 10 Artikeln erstmal Schluß.

Dieses Modell hat aus meiner Sicht zwei ganz klare Sollbruchstellen.

  1. Wer sagt, dass der elfte Artikel, den ich gerne lesen möchte, ausgerechnet so hammermässig spannend ist, dass ich für genau diesen Artikel über die „Paywall“ springe? In der aktuellen Online-Ausgabe der Rheinzeitung sind im Lokalteil unter anderem auch Themen wie „Foto-Freunde präsentieren Kräuter-Impressionen im Stöffel-Park“ (???) im kostenpflichtigen Bereich. Sowas lese ich vielleicht im Vorbeigehen, wenn ich gerade nichts besseres zu tun habe – aber zum Portemonnaie greife ich hier nicht. Bei anderen Geschichten – wie etwa der Seilbahn in Koblenz oder der Sache mit Amazon und den Tarifverträgen für die Mitarbeiter vielleicht schon eher. Ich frage mich deshalb, ob nich ein Paywall-Modell besser wäre, das auf irgendeine Weise den „Nachrichtenwert“ (ich weiß schon, den kann man nicht objektiv messen) einer Geschichte berücksichtigt.
  2. Die Struktur einer deutschen Regionalzeitung ist grundlegend anders als die eines Weltblattes wie der „New York Times“. Zum Beispiel hängt das Geschäft eines regionalen Verlages immer in hohem Maße (print wie online) an den Anzeigenrubriken. Die aber kann man online gar nicht absperren, weil es in allen klassischen Rubriken (mit Ausnahme der Todesanzeigen) viel, auch viel kostenlose, Online-Konkurrenz gibt. In einem weiteren wichtigen Feld, dem lokalen Sport, verhält es sich genauso. Ich frage mich deshalb, ob eine so löchrige, so „kleine“ Paywall wie die in Koblenz nicht doch eher symbolischen Charakter hat. Ein richtig schlaues, richtig neues Modell kann ich jedenfalls nicht darin erkennen.

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