Warum die NYT-Paywall die falschen Löcher hat

Image representing New York Times as depicted ...

„Leaky Paywall“ – das ist das Schlagwort, mit dem die New York Times in der Verlagsbranche weltweit Furore gemacht hat: Inhalte aus der Zeitung sind im Internet kostenpflichtig – außer, sie werden über Soziale Netzwerke geteilt oder sonstwie verlinkt.

Deutsche Verlage wie etwa Springer sind gerade dabei, das Modell zu kopieren. Dabei hat es eine tödliche Schwäche.

Sicher: „Digitale Immigranten“ aus der Zeitungsleser-Generation 60+ werden vielleicht dazu zu bewegen sein, für Online-Inhalte genauso zu bezahlen, wie das bei Apps mittlerweile Usus ist. Es mag auch sein, dass sich hier kurzfristig einige Abos generieren lassen und in den Vertriebsabteilungen Hoffnung keimen wird.

Das Problem ist nur: Die „Digital Natives“ unter 40 nutzen Medien ganz anders. Sie suchen nicht nach Nachrichten, sie lesen keine Zeitung, weder in Print noch online. Sie warten, um das berühmte Zitat von Chris Anderson zu paraphrasieren, „dass die Nachrichten zu mir kommt“. Sprich: Ihr einziger Zugang zu News sind genau die Feeds auf den Social Media.

Diese Menschen nutzen Nachrichten nur dann, wenn sie im Facebook-Newsfeed oder der Twitter-Timeline angeteasert werden. Aber genau diese Teaser zeigen ja auf die Löcher in der Paywall, wer hier klickt, zahlt nach den Modellen der New York Times und ihrer Epigonen genau – nichts. Warum Verlage wie die „Times“ damit ihre Inhalte der strategisch wichtigsten Zielgruppe – nämlich der Zielgruppe der Zukunft – weiterhin schenken? Ich weiß es nicht.

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Disclaimer: Ich bin bei einem Zeitungsverlag angestellt. Die hier geäußerten Ansichten sind jedoch meine private Meinung und nicht die meines Arbeitgebers.

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Chris Anderson: „Makers“

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Ich gestehe: Als Kind war ich ein Nerd. Tage konnte ich damit zubringen, aus Fischer-Technik (damals in den 70ern eine ganz bahnbrechende neue Erfindung) Maschinen zu bauen, die irgendwas gemacht haben – und fast nie richtig funktionierten.

Da habe ich wohl etwas gemeinsam mit Chris Anderson, dem Wired-Chefredakteur und Autor der beiden Bestseller „The Long Tail“ und „Free“. In seinem neuen Buch erzählt Anderson, dass auch er als Schüler seine Sommerferien damit verbracht hat, Dinge zu bauen – dank eines entsprechend vorgebildeten Großvaters allerdings keine Fischertechnik-Maschinchen, sondern richtige Auto-Motoren, die man sich wohl damals in den USA als kompletten Bausatz nach Hause bestellen konnte.

Das „bauen“ hat es Anderson jetzt angetan – genauer: Die Revolution der industriellen Produktion, die wir gerade erleben.

Und das auf zwei Feldern:

  • Der Finanzbedarf, den ein „Macher“ hat, bis seine Ideen tatsächlich in Form von Hardware, von Dingen also, Wirklichkeit werden, lässt sich heute vergleichsweise bequem über Crowdfunding-Mechanismen wie Kickstarter.com und ähnliche Plattformen decken. Das ist die wirtschaftliche Seite.
  • Das „Machen“ selbst, betriebswirtschaftlich gesprochen also die Produktion, erlebt gerade die wohl größte Revolution ihrer Geschichte. 3D-Drucker, Open-Source-Hardware und andere ähnliche Dinge erlauben es prinzipiell (fast) jedem, eine Idee zum „Ding“ werden zu lassen. Und das in jeder Größenordnung: Die Steuerdatei, die daheim dem 3D-Drucker den Prototypen entlockt, kann genauso in irgendeiner Fabrik irgendwo auf der Welt dazu verwendet werden, eine große Produktionsstraße zu steuern.

Erste Auswirkungen dieser „Macher-Revolution“, wie Anderson sie nennt, sehen wir bereits: immer öfter werden Smartphone-Zubehörteile, neuartige Kameras, Lautsprecher oder Fahrräder von ganz normalen Leuten produziert – und ab und zu ist auch mal potenziell bahnbrechendes dabei wie etwa die „Memeto“-Liveblogging-Kamera. Das ist ein kleines Gerätchen von der Größe einer Streichholzschachtel, das man sich ans Revers heften kann und das dann alle 60 Sekunden ein Bild von dem macht, was der Träger gerade so sieht.

Also: Es ist mit Sicherheit etwas dran an Andersons These von der Revolution des „Machens“ – oder, wie er sich an einer Stelle ausdrückt: Die Fortschreibung demokratisierter Produktionsmittel, wie sie im digitalen Bereich längst gängig sind, in der Welt der Atome.

Das ist übrigens eine schöne Volte: Noch Mitte der 90er Jahre hatte Technik-Visionär Nicolas Negroponte in seinem Buch „total digital“ erstmals postuliert, dass sich diejenigen Teile der Wirtschaft, die sich mit „Software“ (von Büchern über Filme bis zu Musik und ja, auch Computerprogrammen) beschäftigt, sich über kurz oder lang von „Atomen“, also physischen Datenträgern wie Schallplatten, DVDs oder Papier-Büchern, lösen und in einen rein digitalen Bereich überwechseln würde. Das ist genau die Entwicklung, die wir im letzten Jahrzehnt mit der Heraufkunft von Dingen wie iTunes, iPad und Kindle, Netflix und Spotify gesehen haben. Wenn man Anderson glauben darf, frisst sich diese Revolution mit genau den gleichen Mechanismen, wie wir sie aus dem digitalen Bereich kennen, zurück in die Welt der Atome. Und das wird deutlich spannender, denn diese Welt ist die deutlich größere.

Makers: The New Industrial Revolution bei Amazon kaufen

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Das wahre Problem der Paywalls bei Online-Zeitungen

Deutsch: Dr. Mathias Döpfner
Deutsch: Dr. Mathias Döpfner (Photo credit: Wikipedia)

Jüngst hat Springer-Chef Mathias Döpfner angekündigt, sein Haus denke ganz konkret darüber nach, bei den Online-Ausgaben der Springer-Medien eine Bezahlschranke nach dem Vorbild der „New York Times“ einzuführen. Dort kann man eine bestimmte Anzahl von Artikeln pro Monat kostenfrei lesen, bevor man sich dann entweder als Abonnent einloggen oder eben bezahlen muß.

Döpfner ist mit seinen Gedanken nicht alleine, sondern schwimmt in diesem Punkt eher im Mainstream.

Es gibt dabei allerdings ein Problem, das gerne übersehen wird. Der Journalismus der New York Times ist nämlich ein ganz anderer als derjenige einer typischen Regionalzeitung – und auch ein anderer als derjenige der BILD.

Große, nationale oder sogar übernationale Zeitungen wie die NYT haben einen sehr hohen Anteil an eigenrecherchierten Beiträgen, vulgo also exklusive Inhalte. Und wenn ich einen bestimmten Inhalt nur dort bekomme, dann bin ich vielleicht auch motiviert, zu bezahlen – allerdings: nur dann.

Wenn aber die journalistische Leistung eines Mediums nur darin besteht, eine Pressemitteilung abzutippen oder den Ausführungen irgendeines wichtigen Menschen angelegentlich einer Pressekonferenz gelauscht zu haben – dann brauche ich das entweder überhaupt nicht, oder ich bekomme es im Zweifelsfall auch anderswo, und zwar umsonst.

Viele Leute in den Medien haben noch nicht begriffen, dass der Bürgermeister heute keine Pressekonferenzen mehr braucht: Es gibt ja Twitter, Facebook und die eigene Homepage der Stadt. Als vor einiger Zeit die Berliner Hauptstadt-Journaille feststellen mußte, dass Regierungssprecher Seibert die Termine und Aussagen der Kanzlerin einfach direkt via Twitter ans Volk sandte (Seibert hat dort derzeit knapp 80.000 „Follower“), regte sich ein kurzer, aber völlig folgenloser Aufstand. Seibert twittert selbstverständlich weiter.

Alles in allem also: Die schöne Idee mit den Bezahlschranken wird nur dann funktionieren, wenn sich der Journalismus ändert. Und zwar so, wie es die neue Medienwelt gebietet: Weniger nachplappern von bereits Bekanntem, weniger Terminjournalismus, mehr Eigenrecherche, mehr eigene Themen, mehr Konzentration auf das wesentliche.

Das wird schwierig.

(Disclaimer: Ich bin bei einem regionalen Zeitungsverlag angestellt, dieser Beitrag gibt aber ausschließlich meine private Meinung wider.)

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Coldplay, der DJV und das Recht am eigenen Bild

Coldplay ist eine sehr bekannte Band. Fotos der Konzerte haben also einen gewissen Marktwert – sind aber auch berichtenswerte Ereignisse für die Medien. Und hier gab es jetzt Ärger. Denn Coldplay läßt üblicherweise sämtliche Pressefotografen einen Vertrag unterschreiben, der unter anderem einen Passus enthält, nach dem alle Fotografen sämtliche beim Konzert gemachten Fotos der Band zur kostenfreien Nutzun überlassen müssen. Dagegen protestierte die deutsche Journalisten-Gewerkschaft DJV per Pressemitteilung und rief alle Kollegen zum Boykott auf.

Daran ist erstmal nichts ungewöhnliches. Ich selber habe schon vor über 20 Jahren bei Herbert-Grönemeyer-Konzerten ganz ähnliche Verträge unterschrieben – und mich dann natürlich nicht dran gehalten.

Der Unterschied ist nur: Wenn vor 20 Jahren sämtliche Pressefotografen ein Konzert boykottiert hätten, dann hätte es praktisch keine Bilder davon gegeben. Damals erhältliche Consumer-Kameras waren in technischer Hinsicht derartig unzulänglich, dass sie für Konzertfotografie schlicht nicht zu gebrauchen waren. Nicht zuletzt sorgte das für ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal und damit eine Geschäftsgrundlage für Pressefotografen: Sie alleine hatten teures Equipment, mit dem alleine man nur in der Lage war, brauchbare Fotos von Konzerten oder Sportereignissen anzufertigen.

Das ist heute ganz anders. Sogar Mobiltelefone stehen technisch kurz vor, wenn nicht sogar auf der Schwelle zu einer Bildqualität, wie sie vor 20 Jahren nicht einmal professionelle Kameras boten. Damit wird es schlichtweg immer egaler, was die einstige Elite der Pressefotografen denkt und tut.

Das kann man jetzt bewerten, wie man will – insbesondere kann man als Betroffener natürlich trefflich darüber jammern. Ich aber sage: Ein guter Fotograf war schon immer mehr als die Summe seiner Objektive und Kameras, denn nur wußte, wie ein gutes Bild auszusehen hat und wie man technisch dafür sorgt, dass dieses Bild auch tatsächlich so entstehen kann. Das ist noch immer wertvolles Wissen – und die Fotografen sollten lieber darüber nachdenken, wie sie dieses Wissen besser vermarkten können, als zu kurzsichtigen Boykottaktionen aufrufen.

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Telekom: Kundenservice bleibt ein Fremdwort

Die Spalten der Computer-Fachzeitschriften sind voll von Berichten über den schlechten service der deutschen DSL-Anbieter – darunter auch die deutsche Telekom. Man liest von Kunden, die für einen nicht vorhandenen Anschluß zahlen, ihre alte Rufnummer nicht mitnehmen können, oder die gar nicht erst angeschlossen werden.

Das alles ist verständlich: Schließlich tobt im Markt der DSL-Anschlüsse seit Jahren ein gnadenloser Preiskampf. Reseller wie 1&1, Freenet und andere müssen die Leitung erst bei der Telekom anmieten, bevor sie sie an ihre Kunden weiterverkaufen können – das ist ein strategischer Nachteil, der nur auf Kosten der Handelsspanne gehen kann, keine Frage.

Aber dennoch verstehe ich nicht, was ich dieser Tage selbst erlebt habe.

Ganz kurz zur Rahmenhandlung: Vergangene Woche bin ich umgezogen, den neuen VDSL-Anschluß in der neuen Wohnung habe ich vor ca. zwei Monaten beantragt, Klippen wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Telekom bei einem Umzug darauzf besteht, die Unterlagen an die NEUE Adresse zu schicken (an der man notwendigerweise noch nicht wohnt…) habe ich mittels diverser zeit- und nervenkostender Anrufe bei diversen Hotlines souverän umschifft. Gescheitert ist mein Anschluß letztlich an einem scheinbar harmlosen Detail: Die Telekom verkauft allen Neukunden ungefragt einen so genannten Virenschutz gegen eine monatliche Gebühr von ein paar Euro. Das war mir aufgefallen, ich hatte deshalb bei der Hotline angerufen und darum gebeten, diesen Quatsch, den ich als Mac-User gar nicht brauche, doch bitte zu stornieren. Storniert wurde dann – der gesamte Auftrag.  Das stellt man als Kunde natürlich erst dann fest, wenn zum vereinbarten Termin weder ein Monteur erscheint noch der längst installierte DSL-Router eine Verbindung nach draußen bekommt.

Aber das, wie gesagt,  nur zur Rahmenhandlung.

Die eigentliche Frage ist die folgende: Ich bin ja nicht der einzige in Deutschland, der bei der Telekom einen Anschluß beantragt, weil er umzieht. Warum also ist dieser doch sicher tausende Male fällige Prozess derartig fehlerbehaftet? Das macht doch wirtschaftlich keinen Sinn, oder?

Na ja: Ich habe ja trotz allem den Anbieter nicht gewechselt – denn außer der Telekom bietet niemand an meinem Wohnort VDSL an. Ich bin also gezwungen, beim Monopolisten Kunde zu bleiben – egal wie schlecht der Service ist. Schadensersatz werde ich auch sicher nicht geltend machen können, denn dafür ist der Streitwert (zwei Wochen ohne DSL) zu gering. Und schlechte Publicity sind der Telekom sicherlich auch egal (jedenfalls hat mir das einer der vielen Service-Mitarbeiter, mit denen ich gesprochen habe, genau so mitgeteilt). Was also bleibt? Ein bißchen erhöhter Personalaufwand im Niedriglohnbereich durch meine vielen Hotline-Anrufe – die ich aber sicherlich dank der noch nicht kostenlosen Warteschleifen selbst zumindest mit bezahlt habe. Meinen Monatsbeitrag für das VDSL werde ich auch brav entrichten (müssen), schließlich sperrt mir die Telekom sonst den Anschluß.

Der schlechte Service der Telekom macht also nicht nur wirtschaftlich keinen Nachteil – selbst wenn er das zunächst würde, dann würde man die Mehrkosten dafür sicherlich in keiner Bilanz finden, kein Aktionär würde sich auf der Hauptversammlung darüber aufregen. Er ist also allenfalls – aus Sicht der Telekom – ein Schönheitsfehler.

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Was Cloud-Dienste mit Turnschuhen zu tun haben

Heute startet Amazon in Deutschland einen neuen Dienst, den es (sicher nicht zuletzt deshalb, weil dort keine GEMA existiert…) in den USA schon länger gibt: Den „Amazon Cloud Player“, mit dem man seine Musik in der „Wolke“ speichern und auf allen persönlichen Geräten abspielen oder herunterladen kann.

Aber Moment mal: Das ist doch genau das gleiche wie iCloud bei Apple? Richtig. Bis hin zu den Preismodellen sind beide Musik-Dienste so gut wie identisch. Damit herrscht jetzt auch bei Musik eine Situation, wie es sie im Bereich der reinen File-Speicherer a la „Dropbox“, „Safesync“, „Crashplan“ etc. schon länger gibt: Mehrere Anbieter machen zum gleichen Thema ein bis in die Details gleiches Produkt.

Als Kunde brauche ich die jeweilige Dienstleistung natürlich immer nur einmal. Die Frage ist also: Wieviele (und welche) dieser Anbieter werden überleben? Werden es etwa sogar alle sein?

Da hilft vielleicht ein Blick in die Welt der Turnschuhe – was für mich als gebürtigen Mittelfranken natürlich heißt: Ein Blick nach Herzogenaurach. Dort hat vor vielen Jahrzehnten ein Herr namens Adi (korrekt eigentlich: Adolf) Dassler aus der elterlichen Manufaktur für Filzpantoffeln den heute weltweit agierenden Sportartikel-Hersteller Adidas geformt. Adis Bruder Rudolf hingegen gründete nach einem Streit seinen eigenen Laden ebenfalls in Herzogenaurach und nannte ihn „Puma“. Klar, und dann gibt es da auch noch Nike und ein paar andere, die ähnlich wie heute die Cloud-Anbieter schon seit Jahrzehnten sehr ähnliche Produkte anbieten: Fußballschue beispielsweise machen sie alle.

Warum aber gibt es diese Unternehmen alle bis heute (wenn auch mit unterschiedlichen Marktanteilen)? Ganz einfach: Auch wenn Schuhe der einen Marke vielleicht ein bißchen besser sind als jene der anderen: Es ist kein allzu großes Problem, wenn innerhalb ein- und derselben Fußballmannschaft der eine Spieler auf Adidas, der andere jedoch auf Puma-Schlappen den Ball ins gegnerische Tor zu treten versucht. Mit anderen Worten und in Computer-Sprech formuliert: die Schuhe sind kompatibel zueinander. Marktwirtschaftlich gesehen verhindert das, dass ein einzelner Hersteller zum Monopolisten wird – und auf der anderen Seite sorgt es für stetige Innovation und günstige Preise bei Fußballschuhen.

Bei den Cloud-Diensten läuft es möglicherweise anders. Derzeit versuchen sie natürlich alle, sich gegenseitig das Wasser abzugraben. So hat etwa Amazon natürlich klar erkannt, dass Apples iTunes in Sachen „Musik am Rechner“ derzeit klar die Nase vorne hat. Demzufolge gibt es im „Cloud Player“ von Amazon die Option, seine Musik aus iTunes zu exportieren und in der Amazon-Cloud abzuspeichern. Umgekehrtes gibt es von Apple bislang noch nicht – vermutlich aber nur deshalb, weil Amazon bislang noch nicht die große Rolle spielt.

Schwierig wird es insbesondere dann werden, wenn die Verknüpfiung von Software (hier also der Musikdateien) und Hardware (Apples iPhones und iPads, Amazons Kindles und ab demnächst auch in Deutschland Kindle Fires) enger und undurchlässiger wird. Schon jetzt ist zu befürchten, dass man sich dann bei der Anschaffung seines Geräteparks auf einen Anbieter festlegen muss, also nur ENTWEDER die Amazon- oder die Apple-Welt wird nutzen können – oder seine Musik parallel auf beiden Diensten vorhalten muß. Mit dem riesigen Nachteil eines enormen Synchronisationsaufwandes und dem Problem, dann doppelt bezahlen zu müssen. Man kann nur hoffen, dass die Anbieter es nicht soweit kommen lassen und ihre Schnittstellen offenhalten werden.

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Social Media: Du sollst nicht lügen?

Moses with the tablets of the Ten Commandments...

Erstmal: Das oben zitierte Achte Gebot gibt es so ja gar nicht. In Wahrheit geht es so:

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Daraus könnte man jetzt schließen: Nicht einmal der liebe Gott hat das Lügen so ganz generell verboten, es geht vielmehr „nur“ um: „wider deinen Nächsten“.

Das hat für unser heutiges Thema zwei Konsequenzen:

Erstens ist es ja so, dass Facebook und Co. immer mehr Daten über ihre User sammeln und mit diesen Daten immer mehr potenziell gefährliche/böse Dinge tun. Gleichzeitig werden in immer mehr Webformularen immer mehr Datenfelder zu Pflichtangaben – ob das nun dem deutschen Datenschutzrecht gefällt oder nicht. Da ist Lügen ja vielleicht eine sinnvolle Option.

Zweitens, siehe oben: Man darf nur seinem Nächsten gegenüber nicht lügen (lt. Gott), aber Facebook ist ja wohl kaum mein „Nächster“. Eher im Gegenteil.

Es gibt in der Tat mittlerweile viele Tools, die das Lügen erleichtern: Ein digitaler Radiergummi löscht ältere Einträge in sozialen Netzwerken, ein deutscher Verein gibt ganz offen einen „Lichtbildausweis“ heraus, von dem sich amerikanische Webseitenbetreiber offenbar ganz gut foppen lassen. Und diverse Mailprovider bieten anonyme Mailadressen zum Wegwerfen an.

Blöd ist für mich nur: Die ganze Lügerei macht Arbeit – ein Phänomen, das ja übrigens auch im richtigen Leben zu beobachten ist. Man schaue sich nur mal im Bekanntenkreis um, ob da irgendjemand gerade fremdgeht, und befrage diese, wieviel Aufwand das kreative Wahrheitsdesign macht.

Und: Leider sind viele Funktionen im Social Web erst so richtig schick, wenn man ECHTE Angaben macht. Also, wenn ich bei Facebook etwa fälschlicherweise angebe, ich sei in meiner Freizeit Reiter, kriege ich dauernd doofe Werbung für Sättel und Zaumzeug. Wenn ich dagegen meine echten Hobbies angebe, kriege ich (immerhin) relevante Werbung.

Letztendlich ist es hier vielleicht auch nicht anders als sonst in der Realität: Ein bißchen Lügen schadet nicht – aber mehr ist schlicht zu aufwändig.

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Facebook und seine merkwürdigen „Content Rules“

Die US-Website Gawker hat jetzt enthüllt (und „Spiegel Online“ hat es zitiert), nach welch abstrusem Regelwerk das Soziale Netzwerk Facebook seine Moderatoren den Content der User einstufen lässt. So ist etwa die Darstellung auch krassester Gewalt kein Problem, aber mit dem Sex haben es die Herrschaften überhaupt nicht so: Bei den Damen etwa sind bereits „Nippel Bulges“ also, um es mal etwas amtsdeutsch Auszudrücken, durch Brustwarzen hervorgerufene Ausbuchtungen der Bekleidung, ganz und gar igitt. „Männliche Brustwarzen“, heißt es dagegen treuherzig in dem Dokument, seien „OK“.

Entscheidend sind hier natürlich nicht die Details. Entscheidend ist der Vorgang an sich: Ein Unternehmen, dass an dieser Stelle von nichts und niemandem kontrolliert wird, macht sich seinen Moralkodex  nach der Art von Pippi Langstrumpf, nämlich: „Widdewiddewie er mir gefällt“. Ich denke, wir müssen nicht warten, bis irgendein durchgeknallter „Obermoderator“ irgendeines Sozialnetztes mit ein paar hundert Millionen Usern eines Tages eintscheidet, beispielsweise, dass Juden „nicht ok“ sind. Das hatten wir schon mal in diesem Land, und ich finde, vielleicht ist die angeblich so urdeutsche Angst vor dem, was andere mit unseren Daten machen, nicht in jedem Falle so ganz unbegründet. Es braucht an dieser Stelle politisches Handeln.

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„La Tribune“: Zeitungssterben in Frankreich

Heute melden es die Agenturen: Die renommierte französische Wirtschaftszeitung „La Tribune“ stellt nach rund 25 Jahren ihr Erscheinen auf Papier ein und geht ins Internet. Nach „France Soir“ ist das der zweite große Print-Titel, den es (jedenfalls in der hergebrachten Form) nicht mehr gibt.

Für mich ist das ein Indiz dafür, dass eine Entwicklung, die schon vor Jahren ihren Anfang in den USA genommen hat, nun zu uns nach Europa überschwappt. Vordergründig gesagt: Zeitungen sterben.

Es lohnt sich aber, über die Gründe nachzudenken. Damit meine ich nicht die Anzeigen- und Auflagenschwünde, über die ohnehin genug diskutiert wird. Das sind alles nur Symptome einer größeren Entwicklung. Denn: Warum schwinden die Anzeigen denn? Weil sie keiner mehr braucht.

Hier ist der Umkehrschluß sehr interessant: Früher mal, so vor 20 Jahren, brauchte man die Tageszeitungen. Sie waren alternativlos. So (um an dieser Stelle mal einen etwas gewagten Vergleich zu bemühen), wie vor 40 Jahren mechanische Uhren alternativlos waren. Das sind sie schon längst nicht mehr. Digitaluhren sind genauer, wartungsfreier, billiger und können mehr. Aber dennoch gibt es nach wie vor Zeitmesser ohne Batterie – und mechanische Chronografen sind nicht nur am teuersten, sie sind auch diejenigen Uhren, an denen die Hersteller am meisten verdienen.

Insofern ist dieses Beispiel vielleicht doch nicht so gewagt, denn den Zeitungen steht ein Wandel noch bevor, den die Uhrenindustrie schon hinter sich hat: Der Wandel nämlich vom notwendigen Alltagsgegenstand zum Luxusartikel, zum Status-Symbol.

Wie groß die Chance ist, die darin liegt, hat mittlerweile schon der eine oder andere begriffen. Aber: Nur wenige Verlage haben den Mut, die Konsequenzen zu ziehen. Um nochmal zu meinem Uhrenvergleich zurückzukommen: Mit billigen Leiharbeitern aus der dritten Welt kann ich keine Rolex zusammendengeln, die dem Namen Ehre macht. Mit Blech und Schrauben aus der zweiten Wahl wird das ebenfalls nix werden. Klar: Hochwertige Rohstoffe (für Zeitungen etwa: moderne Technik) und perfekt ausgebildete Mitarbeiter, die freilich immer auch ihren Preis haben – ohne diese Komponenten wird der Wandel nicht gelingen.

Das Schöne aber ist: Noch können sich die Verlage aussuchen, welchen der beiden Wege sie gehen wollen. Aber vielleicht nicht mehr lange.

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