… One more thing: Das „Fire-Phone“ von Amazon

Fire-Phone, das neue Smartphone von Amazon. Wer es kauft, bekommt kostenlos ein Jahr Mitgliedschaft bei Amazon Prime.
Fire-Phone, das neue Smartphone von Amazon. Wer es kauft, bekommt kostenlos ein Jahr Mitgliedschaft bei Amazon Prime.

Häufig hat man die These in letzter Zeit gelesen: Bei Apple ist die Luft raus. Dem Konzern, so lamentieren landauf, landab die Fachjournalisten, falle spätestens seit der Einführung des iPads (das war, for the record, im Jahre des Herrn 2010) nichts wirklich neues mehr ein. Zwar munkelt es hinter den Kulissen beständig, das nächste große „one more thing“ käme bald, demnächst, asap, ganz bestimmt…. Nur: Es kommt nichts.

Mag sein, dass den Innovations-Stab von Apple nun einer übernimmt, dem man genau das als allerletztes zugetraut hätte: Der als biederer Kaufmann verschrieene Jeff Bezos, seines Zeichens Chef von Amazon und irgendwie die Knickerigkeit in Person. Es ist keine Legende, sondern die schlichte Wahrheit, dass Bezos sich in der Regel von seiner Gattin im familieneigenen Mini-Van aus japanischer Produktion ins Büro chauffieren läßt. Oder daß die Schreibtische bei Amazon traditionell aus aufgebockten Türen bestehen, die man vorher billigst im Baumarkt erworben hat. Das sei schließlich günstiger als „richtige“ Schreibtische, wird Bezos zitiert.

So einer ist in der Regel gegen Visionen immun. Und: So einem ist die buddhistisch-esoterisch-ganzheitliche Auffassung eines Steve Jobs davon, was ein disruptives Produkt ist, ziemlich fremd.

Was man an den frühen Erzeugnissen von Amazon auch überdeutlich ablesen konnte: Die ersten Kindles hatten nichts von der Eleganz, der Radikalität der auf einen einzigen Bedienknopf reduzierten iPhones oder iPads. Sie waren klobig, die Bedienung ein mittlerer Alptraum, die billige Plastik-Tastatur an der Grenze zur Unbenutzbarkeit.

Doch eines kann man Bezos nicht vorwerfen: Er sei nicht lernfähig.

Aktuelle Kindles (ich selbst besitze die erste Ausgabe des Kindle Touch) sind eine wahre Freude für alle, die gerne lesen: Leicht, einfach zu bedienen und mit einer Batterielaufzeit, die ihresgleichen sucht. Auch die Fire-Tablets sind attraktiv für Leute, die mit ihrem Tablet vornehmlich Amazon-Inhalte, also Bücher, Musik oder Videos, konsumieren möchten und die im Produktiv-Bereich höchstens mal ein E-Mail-Programm brauchen.

Auf dieser Vorgeschichte bauen Amazon und Bezos nun auf.

Das neue „Fire Phone“, das Bezos heute vorgestellt hat, könnte ein echter Meilenstein werden. Und das gerade weil es alles andere als radikal ist – jedenfalls im landläufigen Sinne.

Was man so hört, kommt die Hardware des Fire Phone von der Stange: Ein „normaler“Quadcore-Prozessor, 16 oder 32 Gigabyte Speicher (nicht erweiterbar), ein Preis zwischen 200 und 300 Dollar, ein Display mit 4,7 Zoll und 1280 Pixeln horizontaler Auflösung.

Aber das ist alles nicht der Punkt. Der Punkt ist, wie das Fire-Phone konzipiert ist.

Denn das Telefon bietet seinen Nutzern nicht weniger als einen völlig neuen Zugang zur Welt. Und dieser Zugang funktioniert nach dem Prinzip: „Was auch immer Dich interessiert, was auch immer Dich wundert, was auch immer Du wissen oder – vor allem – haben willst: Richte einfach Dein Fire-Phone darauf, und Amazon hilft Dir.“ Also beispielsweise: „Du willst wissen, was gerade im Fernsehen läuft? Richte einfach Dein Handy drauf!“ Das Fire-Phone erkennt nämlich, welche Folge welcher Serie gerade läuft – und natürlich auch, wie man diese Folge (oder die ganze Serie) bei Amazon kaufen kann. Oder: „Du weißt nicht, wo Du gerade bist? Richte einfach Dein Handy auf ein Straßenschild, und Dein Handy zeigt Dir auf Google Maps, wo Du Dich befindest.“

Das alles klingt vielleicht nicht wirklich spektakulär – schließlich gibt es längst Produkte wie Google Glass, die ähnliche Fähigkeiten versprechen. Nur: Google Glass gibt es noch immer nicht für Normalbürger zu kaufen (und schon gar nicht für 300 Dollar…). Und auch all die anderen Produkte, die angeblich alles können, sind noch nicht auf dem Markt.

Das Fire-Phone aber kommt am 25. Juli (zunächst nur in die USA). Ich bin gespannt, was dann passiert.

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Apple WWDC: Der Krieg der Öko-Systeme

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Die WWDC von Apple hat diese Woche gezeigt, wo der Weg der Computer-Welt in Zukunft (und zwar schon in allernächster Zukunft) hingehen wird.

Die zahlreichen Neuerungen, die Apple-Chef Tim Cook und Software-Chef Craig Federighi vorgestellt haben, weisen alle in dieselbe Richtung: Die verschiedenen Apple-Geräte, die ein Mensch so hat (zum Beispiel ein Mac oder Macbook, ein iPad und ein iPhone) sollen noch enger, noch nahtloser, noch komfortabler zusammenarbeiten. Die Veränderungen an iCloud, das nun auch als universelles „Datengrab“ dienen kann, die hübschen Gimmicks, dass man zum Beispiel eine Mail auf dem Mac beginnen kann, und eine Sekunde später auf dem iPhone nahtlos weiterschreiben: Das alles ist erstmal toll.

Man muß aber auch sehen, welche Folgen es hat: Man ist als User immer stärker in der Apple-Welt gefangen. Die Handschellen sind zwar aus rosa Plüsch, aber es sind Handschellen. Denn erstens funktionieren all die schönen Funktionen natürlich nur in der Apple-Welt und nicht etwa mit Windows- oder Android-Geräten. Man ist also letztlich gezwungen, alle seine digitalen Endgeräte bei Apple zu kaufen (und nur am Rande: Das Ganze setzt sich im Home-Entertainment mit Sachen wie Airplay oder Apple TV noch weiter fort… und in diesem Bereich scheint Apple ja auch einiges zu planen, das sicherlich auch noch stärker in diese Richtung gehen wird.).

Zweitens ist Apple ja nicht das einzige Unternehmen, das im Moment die Plüsch-Handschellen ausgepackt hat. Mindestens Google macht es genauso – und Amazon versucht es im Rahmen seiner noch etwas beschränkten Möglichkeiten.

Dafür nur ein Beispiel: Appple hat trimmt seine Produktivitäts-Software, die unter dem Namen „iWork“ läuft und die Programme Pages, Numbers und Keynote enthält, immer mehr in Richtung Cloud. Schon seit der vorletzten Version kann man seine Dokumente mit der Cloud synchronisieren und sie z. B. auch über den Browser abrufen. Und: Die ehemals kostenpflichtigen Anwendungen gibt es jetzt bei neuen Geräten einfach so kostenlos dazu. Und das natürlich sowohl auf dem klassischen Rechner als auch auf iPhone und iPad. Aber wenn man es mal etwas böse formuliert, dann ist das ganze Unterfangen wenig mehr als die Reaktion auf das, was Google schon seit Jahren mit seinen „Docs“ (vor einiger Zeit umbenannt in „Drive“) macht. Nur ist der Google-Ansatz zumindest derzeit noch ein stück weiter offen. Denn die Google-Dokumente bearbeitet man plattformübergreifend im Browser, und Apps gibt es sowohl für Android als auch für iOS. Dennoch sind auch bei Google Tendenzen erkennbar, das eigene Öko-System noch weiter abzuschotten, etwa dadurch, dass bestimmte Funktionen in Drive nur (oder zumindest am besten) mit Googles eigenem Browser Google Chrome funktionieren.

Letztlich, denke ich, wird es kurz- und  mittelfristig auf einen Krieg der Ökosysteme hinauslaufen, da letztlich alle der großen drei (oder vier, wenn man Amazon noch dazurechnet), nämlich Microsoft, Apple und Google, mehr oder weniger die gleichen Leistungen fürs gleiche Geld anbeiten – allerdings jeweils mit einem hohen Jägerzaun drumrum, der den Austausch zwischen den Systemen zumindest stark erschwert.

Der Dumme is bei der ganzen Angelegenheit der Kunden, und zwar gleich zweifach. Zum Einen ist es ja so, dass jedes der verschiedenen Systeme seine ganz speziellen Vorteile hat. So ist etwa Google Drive supereinfach zu bedienen, hat (lgosich!) eine extrem tolle Suche eingebaut und funktioniert auch über eine nicht ganz so schnelle Internet-Anbindung. Dafür sind die Apple-Dokumente optisch wesentlich hübscher, und gegen das extrem ausgereifte iTunes-Ökosystem hat Google auch nicht so richtig etwas entgegenzusetzen. Aus (jedenfalls meiner) User-Sicht wäre also ein Mix aus den verschiedenen Plattformen das Optimale. Aber das geht ja leider immer weniger.

Zum zweiten aber habe ich meine Daten in der Regel bei einem der Anbieter in dessen Cloud gespeichert. Es macht ja keinen Sinn, etwa jedes zweite Textdokument bei Apple und den Rest verteilt auf Google und Microsoft zu speichern. Es hat also EIN Anbieter ALLE meine Daten. Zu schweigen von der Frage, ob ich das möchte: Es wird schon spannend werden, im Zweifelsfall die Daten alle aus diesem Gefängnis wieder zu befreien.

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Barnes&Noble und Nook: E-Book-Markt bereinigt sich – oder?

English: a photograph of a Barnes & Noble Nook...
Die Meldung an sich hat mich nicht überrascht: Die amerikanische Buchhandelskette Barnes&Noble stellt ihren E-Book-Reader „Nook HD“ ein – das berichtet u. A. golem.de.

Man könnte nun meinen, hier beginne eine Entwicklung, die sicherlich viele E-Book-Nutzer herbeisehnen. Denn bis dato ist der Markt qua Hardware segementiert, d.h. die Frage, welchen Reader ich besitze, entscheidet (weitgehend) darüber, welche Bücher ich lesen kann. Sowohl Amazons Kindle als auch der „Kobo“, den u.a. Thalia und einige andere auf den Markt gebracht haben, sowie weitere Geräte sind jeweils an einen bestimmten E-Book-Shop gekoppelt – über die Plattformgrenzen hinweg geht wenig bis nichts. Damit müssten Gerne-, Viel- oder Spezialthemenleser eigentlich mehrere Geräte haben, wenn sie tatsächlich alle Titel nutzen wollen. Da wäre eine Bereinigung aus Sicht der Kunden natürlich klasse – nur: Den Herstellern bringt sie erstmal nichts. Amazon ist zwar klarer Marktführer (und wird daher den Teufel tun, an der Kopplung der Kindles an den eigenen Store etwas zu ändern), doch die anderen sind noch nicht so klar abgeschlagen, dass sie bereits aufgeben.

Der Fall beim Nook HD liegt etwas anders. Das Gerät mit seinem Farbdisplay ist eigentlich gar kein „richtiger“ E-Book-Reader, sondern eher ein universelles Entertainment-Gerät ähnlich dem Kindle Fire (HD) von Amazon. Doch wo Amazon zu seinem Gerät auch passende Inhalte liefern kann, weil man eben nicht nur Bücher, sondern auch Musik und Filme in digitaler Form zur Verfügung hat – da hat Barnes&Noble nun offenbar einsehen müssen, dass man sich mit einem solchen Konzept als Buchhändler zu weit vom Kerngeschäft entfernt. Den Nook mit E-Ink-Display, der tatsächlich ein reiner E-Reader ist, will man folgerichtig weiterhin anbieten. Und die Kunden stehen nach wie vor in einem wahren Dschungel unterschiedlicher Geräte.

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Blue-Ray pure Audio: Braucht kein Mensch.

English: Corporate headquarters of the Bertels...

Eine neue Geschichte aus meiner kleinen Serie: „Braucht kein Mensch“: Nach einer Meldung von golem.de hat die Bertelsmann-Tochter Arvato jetzt angekündigt, einen neuen Tonträger auf den Markt bringen zu wollen: Die so genannte „Blue-Ray pure Audio“ soll bis zu acht Kanäle und bis zu 196 kbit Auflösung ermöglichen. Damit hätte die auf der Scheibe gespeicherte Musik 1:1 diejenige Auflösung, mit der in heutigen Tonstudios auch aufgenommen wird. Mehr Qualität geht also nicht.

Das Problem ist nur: Sowas braucht kein Mensch.

Wohlgemerkt: Für Audio in hoher Qualität gibt es schon längst einen kleinen, aber außerhalb Deutschlands dennoch sehr gut funktionierenden Markt. Amerikanische und britische Fans können  längst auf Plattformen wie highresaudio.com oder linnrecords.co.uk Musik in einer Qualität erwerben und direkt downloaden, von der Otto Normalverbraucher noch nicht mal träumt, weil er gar nicht weiß, dass es sowas überhaupt gibt. Die populären Plattformen wie iTunes, Spotify etc. bieten nämlich ausschließlich komprimierte Datenformate an, deren Qualität zwar inzwischen ganz OK, aber eben nicht wirklich super ist.

Die Frage ist nun: Weshalb soll ich mir einen Blue-Ray-Player ins Wohnzimmer stellen, den ich auch für Filme nicht brauche (die kommen bei mir ebenfalls aus dem Netz, und zwar in HD…)? Weshalb soll ich umständlich irgendwo (vermutlich bei Amazon, dort gibt es allerdings offenbar erst ganze zwei von den hochauflösenden Scheiben) die Discs kaufen, die mir dann daheim wieder die Regale verstopfen? Weshalb soll ich all das tun, wenn ich heute bereits genau die gleiche Musik in genau der gleichen Qualität wesentlich komfortabler direkt downloaden kann?

Ich habe dafür nur eine Erklärung, die ich andernorts schon mal geäußert habe: Die Manager, in diesem Falle die von Bertelsmann, haben immer noch nicht verstanden, dass die Zeit der Datenträger ein für allemal vorbei ist. Irrationale Ängste vor den ach-so-bösen Raubkopierern (die vermutlich auch hinter diesem völlig absurden Projekt stehen) haben die Musikindustrie schon vor 10 Jahren nicht gerettet. Sie werden es auch heute nicht tun – im Gegenteil: Wenn die Fans ihre hochaufgelöste Musik auf legalem Weg nicht bekommen, werden sie irgendwann andere Wege finden – und die Industrie wird ein weiteres Mal in die Röhre schauen.

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Google gegen Amazon: Der Kampf wird härter

Eines der größten Probleme von Google heißt: Amazon. Klar, denn schließlich ist der weiltweit größte Online-Händler bei Licht betrachtet nichts anderes als eine riesige Produkt-Suchmaschine mit angeschlossener Ladenzeile. Oder anders gesagt: Wer im Internet nach Produkten sucht, der sucht immer häufiger bei Amazon.

Das kann natürlich demjenigen Unternehmen nicht passen, dessen Kerngeschäft nun mal die Suche ist: Google nämlich. Deshalb unternimmt man nun immer mehr Anstrengungen, dem Rivalen auf möglichst vielen Feldern das Wasser abzugraben. Wie ein Artikel im Wall Street Journal jetzt sehr schön zusammenfast, laufen da etliche Handlungsstränge parallel.

Das begann vor einiger Zeit schon mit Dingen wie den Cloud-Computing-Services, die Amazon mehr oder weniger erfunden hat und die nun auch Google anbietet. Ein zentraler Teil der Bemühungen ist „Google Shopping“, das derzeit noch lange nicht die Reichweite von Amazon hat. Um das zu ändern, bietet Google nun in den USA nach dem Vorbild von Amazon Prime eine besonders schnelle Lieferung der auf Shopping bestellten Produkte an. Aber wo es bei Amazon frühestenfalls eine Lieferung am übernächsten Tag gibt (in einigen wenigen Städten wird am Folgetag geliefert), da verspricht Google, dass die bestellte Ware noch am selben Tag ins Haus kommt.

Da läuft also eine immens teure Materialschlacht. Der Hintergrund ist natürlich, dass Produktsuchen einen nicht geringen Anteil am Suchaufkommen insgesamt haben – aber vor allem: Anzeigen auf Produktsuchseiten sind für Google ein besonders gutes, mithin besonders schützenswertes Geschäft.

Ich finde sehr spannend, was da gerade passiert. Das Ganze ist für mich ein weiterer Aspekt des Kampfes der drei großen Internet-Giganten Google, Amazon und Apple. Mal schauen, wer gewinnt.

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Wie Amazons „Send to Kindle“ Button das Internet verändert

screenshot-sendtokindle-wapoMan kennt das ja: Auf allen größeren Websites – und mittlerweile auch auf jedem Hobbyblog, der auf sich hält – finden sich diverse „Social Sharing“-Buttons. Ich kann also direkt bei einem Artikel, Bild oder Video einen „Like“ auf Facebook vergeben oder den Link auf die Seite direkt Twittern.

Jetzt hat sich Amazon einen neuen Button einfallen lassen – der es allerdings in sich hat: Der Button besteht aus einem kleinen orangen „k“. Und wer draufklickt, bekommt erst einmal das Login-Fenster von Amazon zu sehen. Im nächsten Schritt kann man dann den jeweiligen Inhalt direkt auf seinen Amazon Kindle schicken (wer mehrere Geräte hat, kann sogar auswählen, auf welches davon). Außerdem kann man auswählen, ob der Content via WLAN (geht bei allen Kindles) oder Amazons „Whispernet“ (also übers Handynetz) versendet werden soll. Whispernet klappt natürlich nur bei solchen Kindles, die das entsprechende Modul eingebaut haben, also z. B. generell nicht bei den Fires.

Zum Start hat Amazon nach eigenen Angaben die Washington Post, das Time Magazine und den BoingBoing-Blog dabei. Bei BoingBoing habe ich den Button (noch) nicht gesehen, aber bei der Washington Post kann man ihn schon ausprobieren. Ich finde: Das Ganze funktioniert super.

Aber warum muß man ein solches Aufhebens um ein kleines Knöpflein machen?

Weil sich dadurch das Internet-Ökosystem ändert – zumindest ein wenig. Bisher führte der Kindle (also die E-Reader mit Schwarzweißdisplay; bei den Fires sieht die Sache anders aus) eher ein Nischendasein, denn sein Browser taugt eigentlich nichts, und durch die Display-Technologie kann man damit wenig anfangen außer Bücher lesen. Auch der Datenaustausch mit Content, der nicht direkt von Amazon kommt, war bisher zwar möglich, aber eher hakelig und kompliziert.

Deshalb ist der Button eine riesige Aufwertung des Kindle, dessen Tod bereits von vielen Fachleuten als unmittelbar bevorstehend gesehen wurde.

Aber es geht noch weiter. Der Button hat zumindest das Potenzial, auch unser Surf-Verhalten zu ändern. Jetzt gehen die meisten von uns (jedenfalls ich) so vor: Man surft eine Website an, scrollt einmal über die Homepage, findet zwei, drei interessante Artikel – und die liest man dann. Danach gehts weiter zur nächsten Website, oder man folgt einem Link in einem Artikel, und liest wieder. Das Ganze fühlt sich für mich ziemlich hektisch und zeitraubend an, und es zerreißt meinen Tag sehr stark. Viel schöner fände ich es eigentlich, zum Beispiel Abends in aller Ruhe auf dem Sofa die Sachen zu lesen, die mir den Tag über so untergekommen sind. Ich werde jetzt mal ausprobieren, ob das mit dem „Send-to-Kindle“-Button leichter wird. Dazu müssen ihn aber erst noch mehr Seiten tatsächlich anbieten.

Für die Verlage steckt übrigens eine Chance in dem Thema, die die Washington Post bereits nutzt: Sie können auf den beiden Screens, die man durchklicken muß, bevor der Content tatsächlich auf den Kindle geschickt wird, ihr Kindle-Abo anbieten und haben dafür die ideale Plattform.

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Die Parallelwelt der Buchverlage

Vor ein paar Tagen ging die Leipziger Buchmesse zu Ende. Über die wichtigsten Neuigkeiten hat heise.de berichtet. Ich fasse es mal mit meinen Worten zusammen: Amazon ist böse, E-Books sind keine richtigen Bücher (also auch böse), digital ist sowieso doof und die wichtigste Frage für die Zukunft lautet: Wie kann man Bücher auf noch schöneres Papier drucken.

Leute, Leute.

Da hat es eine Branche offenbar immer noch nicht verstanden. In der gleichen heise-Meldung steht nämlich auch etwas über die Wirklichkeit, in der wir heute leben: 52 der 100 meistverkauften Kindle-Bücher in Deutschland sind  im Self-Publishing (also ohne Verlag) über die Plattform „Kindle Direct“ erschienen. Das ist nach meiner Rechnung mehr als die Hälfte. Der meistverkaufte Kindle-Direct-Titel, „Der 7. Tag“ von Nika Lubitsch, liegt auf Platz 2 der Jahres-Bestsellerliste aller Kindle-Books. Der Hammer ist: Die Autorin hat das Buch vor 13 Jahren geschrieben und vergeblich versucht, einen Verlag für das Buch zu finden.

Das heißt im Klartext: Bei Lubitsch haben die Buchverlage komplett versagt, weil keiner von Ihnen gesehen hat, welches Marktpotenzial für „Der 7. Tag“ besteht. Die knallharte Frage lautet: Wozu brauche ich eine Branche, die ihren Job nicht macht? Antwort: in der analogen Welt sind die Verlage, wie es immer so schön heißt „alternativlos“, weil sie den Zugang zu den Produktionsmitteln (den Druckmaschinen) und zum Vermarktungsapparat kontrollieren.

In der digitalen Welt aber gibt es kein Monopol auf Produktionsmittel, und fürs Marketing braucht man heute auch nicht viel mehr als ein geschicktes Händchen mit Twitter und Facebook und vielleicht noch einen gut gemachten Blog.

Aber eines verstehe ich wirklich nicht: Warum lamentieren die Verlage allenthalben über das böse, böse Kindle und sein böses, böses „Kindle Direct Publishing“. Sie könnten alle das Gleiche mit sehr, sehr wenig Aufwand auf die Beine stellen. Damit hätten sie ihre Existenzberechtigung zumindest teilweise wiederhergestellt.

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„Basics“: Amazon wird immer mächtiger

Amazon BasicsSeit einiger Zeit gibt es Neues im Lande Amazon. Zuerst ist mir das aufgefallen, als ich bei Richard Gutjahr die Empfehlung für eine sehr praktische und günstige Tasche für Elektro-Krimskrams gelesen habe. Natürlich habe ich mir das Teil sofort bestellt, und ehrlich gesagt etwas gestaunt, als ich auf dem Produkt das Label gesehen habe: „Amazon Basics“ steht da in freundlichen orangen Buchstaben.

Aber die Geschichte geht noch weiter: Neulich habe ich mal wieder geflucht, weil ich nur ein einziges Kabel für den neuen Lightning-Anschluß des iPhone 5 besitze. Ich als alter Schussel verlege das Ding natürlich dauernd und stehe dann ohne Strom da. Aber die Kabel gab es bis dato nur original von Apple, für astronomische 30 Euro.

Und, siehe da: Auch hier kann Amazon helfen, es gibt von „Basics“ nicht nur ein gerade mal gut halb so teures „Lightning“-Kabel, es gibt für ein paar Euro mehr auch gleich noch das passende 10W-Netzteil mit ordentlich Power dazu.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Dinge bei einer Firma wie Amazon Zufall sind. Nein: Ganz offenbar gibt es den Plan, sich vom reinen Händler in Richtung eines Produzenten weiterzuentwickeln.

Betriebswirtschaftlich gesehen reißt sich Amazon mit seiner immer weiter wachsenden „Basics“-Produktlinie einen immer größeren Teil der Wertschöpfungskette unter den Nagel. Das bedeutet einerseits mehr Profit, ist andererseits der Strategie von Apple ähnlich (auch dieses Unternehmen profitiert an Software UND Hardware…) und hat drittens mittelfristig den Effekt, dass andere Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden, da Amazon in der digitalen Welt mehr oder weniger das Monopol auf den Vertriebsweg hat.

UND: Weil Amazon den Vertriebsweg kontrolliert und mithin sieht, was die Leute bestellen, braucht es im Grunde nichts anderes zu tun als diese Zahlen auszuwerten – und die meistgefragten Produkte dann einfach bei irgendeinem chinesischen Billigheimer unter eigenem Label produzieren zu lassen.

Ein schönes Modell aus Sicht von Amazon, eine Möglichkeit zumGeldsparen aus unmittelbarer Kundensicht – aber langfristig ein Weg zu noch mehr Macht für Amazon. Wir sollten überlegen, ob wir das wollen.

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„Watchever“ – Der neue Video-Streaming-Dienst im Test

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Seit kurzem gibt es den Video-Streaming-Dienst „Watchever“ als App für verschiedene mobile Geräte. Der deutsche Axel-Springer-Verlag ist an Watchever beteiligt. Ebenso wie bei Amazons Dienst „Lovefilm“ bezahlt man bei „Watchever“ eine monatliche Flatrate und kann dafür schauen, so viel man will. Damit etabliert sich neben Öffentlich-rechtlichem Rundfunk, Privatsendern und Pay-TV ein neues Geschäftsmodell auf dem Fernseh-Sektor. Ich habe „Watchever“ getestet.

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Warum der Kindle so erfolgreich ist

Kindle

Es gibt E-Reader, andere E-Reader und noch mehr E-Reader. Und es gibt den Kindle. Während manche sagen, die Gerätegattung „Bücherlesegerät mit Schwarzweißdisplay“ sei nur wenige Jahre nach Ihrer Entstehung schon wieder tot, sage ich: Meinetwegen. Aber in jedem Falle kann man vom Kindle etwas lernen.

Denn es ist ja nicht „der Kindle“, es ist das „System Kindle“. Und dieses System ist, finde ich, der Grund dafür, warum Amazon mehr oder weniger ein Monopol auf elektronische Bücher hat.

  1. Es gibt eine ungeheure Vielfalt an Inhalten für den Kindle. Amazon hat Gottseidank nicht den Fehler gemacht, künstliche Beschränkungen einzuführen, sodass man z. B. im deutschen Kindle-Shop keine englischsprachigen Bücher kaufen könnte. Das geht im Gegenteil ganz problemlos, und das ist eine Stärke, denn es führt dazu, dass ich neben dem Kindle-Store keine anderen Einkaufsquellen brauche (die es ohnehin nicht wirklich gäbe). 
  2. Es gibt viele kostenlose Inhalte, und die kostenpflichtigen haben attraktive Preise. Gerade im englischsprachigen Segment bekommt man oft topaktuelle Bücher für wenige Euros. Gut, dass die Verlage ihre Kostenvorteile hier weitergeben, denn es führt dazu, dass mehr Bücher gekauft werden. Und je mehr Bücher ich auf meinem Kindle habe, desto häufiger nutze ich das Gerät.
  3. Amazon hat mehr oder weniger im Alleingang das „social Reading“ erfunden. Ich kann also beim Lesen sehen, was andere Leser desselben Buches markiert haben – gerade bei Fachbüchern ein unschätzbarer Vorteil, der das Lesen nicht nur vereinfacht, sondern auch beschleunigt. Mit „Radar“ gibt es noch ein weiteres Tool, an dem sich zeigt, dass man bei Amazon wirklich darüber nachgedacht hat, was elektronisches Lesen wirklich bedeutet (und vor allem: Was es vom Lesen auf Papier unterscheidet).
  4. Für mich der größte Vorteil: Kindle ist ubiquitär. Es ist völlig egal, ob ich meinen schwarzweißen Kindle Touch, den bunten Fire HD, mein iPhone, iPad oder meinen Computer gerade vor mir habe – für alle Plattformen gibt es mindestens eine App, die sehr leicht zu bedienen ist und die vor allem meine Inhalte ständig synchronisiert hat. Ich kann also zum Beispiel daheim beim Frühstück am Touch ein Buch lesen, dann in der U-Bahn auf dem iPhone nahtlos weitermachen, in der Mittagspause auf dem iPad genau an der Stelle weiterlesen, an der ich vorhin in der U-Bahn aufgehört habe – und wenn ich Abends heimkomme, weiß auch der Mac im Arbeitszimmer, bis zu welcher Stelle ich mittags gekommen war. Die Amerikaner nennen sowas eine „Experience“. Ich nenne sowas durchdacht. Und einfach klasse.

Daran zeigt sich aber ein fundamentaler Wandel in der Elektronik-Industrie, den gerade im Augenblick auch die Fernseher-Hersteller massiv zu spüren bekommen. Dieser Wandel besteht darin, dass es heute nicht mehr reicht, ein gutes Gerät zu haben. Man braucht dazu noch ein gutes Konzept. Nur damit läßt sich noch ein Blumentopf gewinnen.

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