Chris Anderson: „Makers“

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Ich gestehe: Als Kind war ich ein Nerd. Tage konnte ich damit zubringen, aus Fischer-Technik (damals in den 70ern eine ganz bahnbrechende neue Erfindung) Maschinen zu bauen, die irgendwas gemacht haben – und fast nie richtig funktionierten.

Da habe ich wohl etwas gemeinsam mit Chris Anderson, dem Wired-Chefredakteur und Autor der beiden Bestseller „The Long Tail“ und „Free“. In seinem neuen Buch erzählt Anderson, dass auch er als Schüler seine Sommerferien damit verbracht hat, Dinge zu bauen – dank eines entsprechend vorgebildeten Großvaters allerdings keine Fischertechnik-Maschinchen, sondern richtige Auto-Motoren, die man sich wohl damals in den USA als kompletten Bausatz nach Hause bestellen konnte.

Das „bauen“ hat es Anderson jetzt angetan – genauer: Die Revolution der industriellen Produktion, die wir gerade erleben.

Und das auf zwei Feldern:

  • Der Finanzbedarf, den ein „Macher“ hat, bis seine Ideen tatsächlich in Form von Hardware, von Dingen also, Wirklichkeit werden, lässt sich heute vergleichsweise bequem über Crowdfunding-Mechanismen wie Kickstarter.com und ähnliche Plattformen decken. Das ist die wirtschaftliche Seite.
  • Das „Machen“ selbst, betriebswirtschaftlich gesprochen also die Produktion, erlebt gerade die wohl größte Revolution ihrer Geschichte. 3D-Drucker, Open-Source-Hardware und andere ähnliche Dinge erlauben es prinzipiell (fast) jedem, eine Idee zum „Ding“ werden zu lassen. Und das in jeder Größenordnung: Die Steuerdatei, die daheim dem 3D-Drucker den Prototypen entlockt, kann genauso in irgendeiner Fabrik irgendwo auf der Welt dazu verwendet werden, eine große Produktionsstraße zu steuern.

Erste Auswirkungen dieser „Macher-Revolution“, wie Anderson sie nennt, sehen wir bereits: immer öfter werden Smartphone-Zubehörteile, neuartige Kameras, Lautsprecher oder Fahrräder von ganz normalen Leuten produziert – und ab und zu ist auch mal potenziell bahnbrechendes dabei wie etwa die „Memeto“-Liveblogging-Kamera. Das ist ein kleines Gerätchen von der Größe einer Streichholzschachtel, das man sich ans Revers heften kann und das dann alle 60 Sekunden ein Bild von dem macht, was der Träger gerade so sieht.

Also: Es ist mit Sicherheit etwas dran an Andersons These von der Revolution des „Machens“ – oder, wie er sich an einer Stelle ausdrückt: Die Fortschreibung demokratisierter Produktionsmittel, wie sie im digitalen Bereich längst gängig sind, in der Welt der Atome.

Das ist übrigens eine schöne Volte: Noch Mitte der 90er Jahre hatte Technik-Visionär Nicolas Negroponte in seinem Buch „total digital“ erstmals postuliert, dass sich diejenigen Teile der Wirtschaft, die sich mit „Software“ (von Büchern über Filme bis zu Musik und ja, auch Computerprogrammen) beschäftigt, sich über kurz oder lang von „Atomen“, also physischen Datenträgern wie Schallplatten, DVDs oder Papier-Büchern, lösen und in einen rein digitalen Bereich überwechseln würde. Das ist genau die Entwicklung, die wir im letzten Jahrzehnt mit der Heraufkunft von Dingen wie iTunes, iPad und Kindle, Netflix und Spotify gesehen haben. Wenn man Anderson glauben darf, frisst sich diese Revolution mit genau den gleichen Mechanismen, wie wir sie aus dem digitalen Bereich kennen, zurück in die Welt der Atome. Und das wird deutlich spannender, denn diese Welt ist die deutlich größere.

Makers: The New Industrial Revolution bei Amazon kaufen

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Urheberrecht: „Win-win“ bei Wired

Es ist ja schon ein Kreuz mit diesem alten, analogen Copyright im digitalen Web. Wie leicht KANN man hier Bilder und Texte einfach kopieren – und wie selten DARF man das auch tatsächlich.

Die US-amerikanische Fachzeitschrift „Wired“ hat sich jetzt eine Lösung für das Problem ausgedacht, die wirklich allen Beteiligten nutzt: Ihre Fotos (zunächst nur 50) werden unter die so genannte „Creative Commons“-Lizenz gestellt (die übrigens 2012 zehn Jahre alt wird). Das bedeutet: Für nichtkommerzielle Zwecke (und das bedeutet auch: für die Berichterstattung) können die Bilder kostenfrei genutzt und legal kopiert werden.

Das Einzige, was Wired dafür möchte, ist ein Verweis auf den Original-Artikel auf der Wired-Website, in dem das Bild ursprünglich erschienen ist. Das bedeutet für jeden Verwender nur einen sehr kleinen Aufwand, bringt auf der anderen Seite über ein höheres Google-Ranking aber viel für Wired. Und ganz nebenbei hat Wired die Chance (wie bei diesem Bild hier) über den Weg der Bilder-Lizensierung uralte Artikel wieder mit frischem Traffic zu versorgen – und zwar ganz ohne Kosten.

Ich finde: Eine tolle Lösung, das sollten alle so machen! (und deshalb hier auch gleich das Bild von Mark Zuckerberg, aus dem Wired-Pool… Das Bild ist übrigens von Jim Merithew und der Originalartikel steht hier.)

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Meine liebsten iPad-Apps

Ein erster Eindruck. Es gibt sowohl grottenschlechte Rip-Offs der Print-Titel wie erstaunlich gut gemachte Angebote, die das Medium iPad sehr gut nutzen. Hier meine Top-Liste:

  1. Der Spiegel. Offenbar wurde das Heft-Layout für das iPad komplett umgestellt. Alle Bilder sind klickbar und vergrößern sich dann auf Vollbildgröße, hinter erstaunlich vielen Bildern liegen kleine Videos oder Animationen. Zu jedem Artikel gibt es Links ins Internet (meist auf die Spiegel-Website). Insgesamt sehr schön gemacht, ich zahle die 3,99 Eur pro Heft sehr gerne (nebenbei: Es gibt die neueste Ausgabe immer schon sonntags).
  2. brand eins. Man kann das Inhaltsverzeichnis des Heftes kostenlos anschauen, erst wenn man einen Artikel tatsächlich lesen will, kostet es Geld. Die Artikel gibt es jeweils in zwei Fassungen. Einmal im brand-eins-üblichen megageilen Layout, einmal in einem „Lesemodus“ mit dem reinen Text. Obwohl es sicher schwierig war, das geniale Heft „auf elektronisch“ zu übersetzen: Ich lese „brand eins“ am iPad sehr gerne.
  3. Wired. Das war ja wohl klar: „Wired“ bringt auf dem iPad sehr viele Gimmicks und ist einfach eine Augenweide. Allerdings erschließen sich die vielen Funktionen nicht alle intuitiv, zumindest für mich ist einiges recht verwirrend. Aber dennoch, wie sagt der Franke: schee!

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Chris Anderson – alles nix Neues

Wir kennen ja Chris Anderson. Der mit dem „Long Tail“ und so. Schreibt gerade ein neues Buch, Kernthese: Das neue am Web 2.0/2.1/2.5/3.0 ist die Tatsache, dass es die Produkte meist kostenlos gibt. Zum Beispiel auch die Software, mit deren Hilfe dieses Blog hier geschrieben wird.

Schön.

Aber erstens: Es ist ja schon noch in allem ziemlich viel „Old Economy“ drin, und im Negroponte´schen Sinne Atom-Rumschieberei. Amazon, die ganzen Webshops und so weiter – und selbst bei iTunes wird ja schön brav bezahlt.

Davon mal abgesehen.

Die Mechanik hinter der ganzen Kostenlos-Kultur ist ja diese: Ich schenke Dir was (zum Beispiel Blogsoftware), und dafür generierst Du Inhalt oder wenigstens Reichweite. Das Ganze dann vor dem Hintergrund, dass man die Reichweite durch Werbung vermarkten kann.

Und da sind wir beim klassischen Werbegeschenk. Die ganzen Kugelschreiber, Luftballons, USB-Sticks usw. gibt´s ja auch schon immer umsonst (nebenbei: Deren Produktion und Vertrieb ist genausowenig wirklich „kostenlos“, wie es Anderson offenbar für die Publikation von Web-Inhalten postuliert) – und auch schon immer um denselben „Preis“: Ich akzeptiere, zur Litfaßsäule für jemand anders zu werden.

Klar, die Skala ist anders, mithin auch die negativen Auswirkungen auf jene, die das digitale Äquivalent eines Kugelschreibers gerne gegen Geld verkaufen möchten. Nur, was passierte denn in der alten, langweiligen Welt der Atome: Wirklich schöne Kugelschreiber kriege ich nur geschenkt, wenn ich wirklich VIP bin – ansonsten muß ich sie kaufen. Vielleicht ist diese These wenigstens für bestimmte Branchen erlaubt, zum Beispiel die Medien. Allerdings sicher nur dann, wenn man sie sozusagen umdreht: Hochwertiger Content im Web zieht eine hochwertige Zielgruppe (denn die anderen sind mit dem 1-Euro-Kugelschreiber vollauf zufrieden) und bildet eine Plattform für hochwertige Werbung. Das könnte doch funktionieren.

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