Altavista – Nachruf auf eine Suchmaschine

AltaVista

Wir waren jung, damals – das Internet und ich. Mitte der 90er Jahre war es auf einmal da, dieses großartige, unübersichtliche, spannende, verwirrende Ding. Und bald gab es neue Begriffe für das, was man damit anstellte: „Surfen“, zum Beispiel. Das war ein Begriff, den sowohl Web-Praktiker als auch jene nachvollziehen konnten, die damals noch keinerlei praktische Erfahrungen mit dem Internet hatten. Die erstere Gruppe wußte es, die zweite ahnte es: Das Web der ersten Tage war derartig chaotisch und unübersichtlich, dass an „geregeltes“ Nutzen wie heutzutage nicht zu denken war.

Nein: Man begann irgendwo, etwa auf der schon recht früh verfügbaren Website der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf – und wenig später landete man plötzlich auf der gerade erst geborenen Seite des Louvre und guckte sich staunend am Monitor Bilder von Piet Mondrian an – wenn man sie denn nach einer halben Stunde Ladezeit endlich zu Gesicht bekam.

Das erste Werkzeug, das zumindest ein bißchen Ordnung ins Chaos brachte, war die „Suchmaschine“ (ein damals neues, und bis heute eigentlich semantisch ziemlich seltsames Wort) Altavista. Deren URL http://www.altavista.digital.com (die sie übrigens als „Hobby-Projekt“ des damaligen Computer-Riesen Digital Equipment Corp. auswies), wurde unter Insidern ganz heiß gehandelt.

Altavista funktionierte aus User-Sicht schon fast genauso wie heute Google: Es gab ein Suchfenster, in das man einen beliebigen Begriff schreiben konnte – und schwupps, schon lieferte Altavista das, was es für die richtigen Suchergebnisse hielt.

Das funktionierte anfangs sehr, und dann lange mehr oder weniger schlecht. Aber dennoch war Altavista lange der erste Anlaufpunkt für meine Web-Suchen – auch dann noch, als es mit der ersten Inkarnation von Yahoo eine Alternative mit ganz anderem Ansatz gab: Zu Beginn versuchte Yahoo tatsächlich, das gesamte Web mithilfe einer menschlichen Redaktion zu „katalogisieren“, also in Rubriken einzuteilen. Wiewohl man heute weiß, dass dieser Versuch scheitern mußte – er war aller Ehren wert. Und es ist nur ein kleines bißchen ironisch, dass Altavista seit langem zum ehemaligen Konkurrenten Yahoo gehört und von diesem am heutigen Tage abgeschaltet wurde.

Die Geschichte hat gezeigt:  Mit Google kam eine Suchmaschine auf den Markt, deren technischer Ansatz, nämlich die Bewertung einer Website anhand der Links, die auf sie zeigen bzw. die von ihr wegführen, einfach allem überlegen war, was es zum damaligen Zeitpunkt gab. Diese technische Überlegenheißt in Verbindung mit unternehmerischer Fortune hat einen Giganten geschaffen, vor dem man heute mit sehr guten Gründen Angst haben kann. Schade, dass es Altavista nie geschafft hat, zur ernsthaften Alternative zu werden.

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Das Internet, das uns nicht gehört: Posterous hört auf.

Sascha Lobo

Als hätte er´s geahnt: Vor einem knappen Jahr hat Sascha Lobo (Foto links: Wikipedia) in seiner Spiegel-Kolumne ein Kernproblem der sozialen Netzwerke wunderbar auf den Punkt gebracht: Das Internet von Facebook, Twitter und Co. gehört nicht den Usern, sondern den Firmen, die diese Dienste anbieten. Also sind alle Daten, die man dort hinterläßt, letztlich enteignete Daten. Die Anbieter können mit ihnen machen was sie wollen – Sie können sie auch einfach löschen, ungefragt.

Ganz so schlimm ist es freilich nicht. Allerdings: Posterous war für mich (bis zur Geburt von Instagram) der Lieblingsplatz für meine Fotos im Netz: Flickr war mir zu sehr Yahoo, Facebook zu datenraffgierig – und der Upload auf die eigene Homepage zu kompliziert, vor allem von unterwegs. Der große Charm des Blogging-Dienstes Posterous aber war: Die Inhalte, die man dort posten wollte, konnte man einfach in eine Mail packen und diese Mail an Posterous schicken – fertig. Keine Passworteingabe, kein kompliziertes Interface: Einfach posten und Spaß haben. Das empfanden viele so, darunter Leute wie Garr Reynolds oder Nancy Duarte.

Doch dann kaufte Twitter den Dienst – und seither ging´s bergab. Der komfortable E-Mail-Dienst wurde deaktiviert, eine Merkwürdigkeit namens „Posterous Spaces“ geschaffen, die ich bis heute nicht wirklich verstanden habe. Aber das ist jetzt auch egal: In einem Blog-Posting gab Posterous jetzt bekannt (danke an meinen Freund Matthias J. Lange für den Hinweis), dass es ab April diesen Jahres aufhören wird zu existieren. Man werde sich hinfort ganz darauf konzentrieren, segensreich auf Twitter zu wirken. Schade drum, aber: Jetzt sieht man mal, wie es ist, wenn Sascha Lobo recht hat. So, und jetzt muß ich aufhören und bei Posterous meine Bilder downloaden.

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Noch ein Angriff aufs Fernsehen: Yahoo Screen

Ich weiß auch nicht, was eigentlich so schwierig ist: Neben den bis jetzt noch recht dürftigen Themenkanälen auf  Youtube gibt es noch einen anderen „Angriff“ auf das konventionelle Fernsehen im Netz: Yahoo Screen. Die Plattform ist vor kurzem gestartet und nach Aussage von Yahoo-GF Heiko Genzlinger tatsächlich so gemeint: Man möchte den „normalen“ Fernsehsendern Zuschauer – und damit natürlich Werbegelder – abspenstig machen.

Bei meiner Stichprobe zeigte sich aber, dass das „alte Fernsehen“ nur wenig Anlaß hat, sich vor Yahoo zu fürchten. Auf der Plattform finden sich (zumindest auf der Homepage) fast nur Blaulicht- und Promi-News. Alle anderen Themen bleiben komplett außen vor – schon alleine deshalb hält sich mein persönliches Interesse an der Plattform sehr in Grenzen.

Wenn man dann noch in einzelne Beiträge reinschaut, zum Beispiel das zwei Minuten kurze Filmchen über Calista Flockheart – dann wird es noch schlimmer. Denn hier werden absolute Null-News zum großen Enthüllungsreport aufgebauscht – etwas, das jedem Volontär ab dem ersten Arbeitstag strikt ausgetrieben wird. Denn es führt letztlich sehr schnell zu enttäuschten Usern, die niemals wiederkommen. Und das in diesem Fall vollkommen zurecht.

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Mein eigenes „Kleine-Welt“-Experiment

[slideshow]Erst einmal: Vielen herzlichen Dank an meine Studenten an der HS Ansbach dafür, dass sie dieses Experiment mitgemacht haben.

Es geht dabei um die Wiederholung eines Klassikers. Der US-Soziologe Stanley Milgram hat in den 60er Jahren mithilfe dieses Experiments versucht herauszufinden, wie stark die Welt (sprich: die Menschen) miteinander vernetzt sind. Dazu hat er 100 Briefe, die alle an einen Börsenmakler in Boston adressiert waren, willkürlich an Menschen verteilt, die im mittleren Westen der USA daheim waren. Diese Menschen bekamen die Aufgabe, die Briefe jeweils an diejenige Person weiterzugeben, von der sie glaubten, sie sei der Zielperson innerhalb ihres Bekanntenkreises am nächsten. Nach den Befunden, die Milgram publiziert hat (und die mittlerweile höchst umstritten sind), sind fast alle Briefe innerhalb ovn 6 „Stufen“ am Ziel angekommen. Diesen Effekt hat Milgram dann auf den Namen „Small World Phenomenon“ getauft.

Nur: Bis heute ist dieses Experiment nie wirklich erfolgreich nachvollzogen worden. Derzeit läuft zwar unter der Ägide von Duncan J. Watts (der das wunderbare Buch „Six Degrees“ zum Thema verfaßt hat) bei Yahoo ein Großversuch, der Milgrams Theorie mit Hilfe von Social Networks überprüfen möchte.

Aber ich habe mir gedacht, man sollte vielleicht einfach mal den klassischen Weg mittels Brief versuchen.

Also habe ich im Oktober an 15 Studenten Briefumschläge verteilt (jeweils einen), die mit meiner Privatadresse beschriftet waren. Die Aufgabe war genau die gleiche wie bei Milgram: „Bitte gebt diesen Brief an denjenigen in Eurem Bekanntenkreis weiter, von dem ihr glaubt, dass er am nächsten an mir dran ist“, lautete meine Bitte.

Und ich muß sagen: Es ist ein kleiner Teil-Erfolg zu verzeichnen. Wie die Bilder oben zeigen, hat mich tatsächlich einer der Briefe erreicht – Es waren dafür nur drei Zwischenstufen nötig. Allerdings: Die letzte Stufe ist ein Kollege von mir, und der Brief hat mich im Büro erreicht und nicht daheim.

Und was lernen wir draus? Im streng wissenschaftlichen Sinne natürlich gar nichts, denn das Experiment war in diesem Sinne keines.  Schließlich stellt sich bei diesem Setup ganz stark die Frage, wie motiviert die Studenten waren, überhaupt auf das Spielchen einzugehen. Aber immerhin: Auch meiner kleiner Spaß hat gezeigt, dass die Welt vernetzt ist – in dem einen Fall, der tatsächlich funktioniert hat, sogar ziemlich stark.

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Yahoo und Facebook testen „Small-World-Phänomen“

[slideshow]Eigentlich ist es längst eine Binsenweisheit: Jeder kennt jeden anderen Menschen auf der Welt über maximal 6 „Ecken“. Der Soziologe Stanley Milgram hat schon in den 60er Jahren dazu geforscht, Duncan J. Watts (heute Chef-Wissenschaftler bei Yahoo) hat schon vor einigen Jahren das Standardwerk „Six Degrees of Separation“ darüber geschrieben.

Was viele nicht wissen: Das Theorem ist bis heute unbewiesen.

Das versuchen nun  Yahoo (wegen Watts?) und Facebook nachzuweisen: Gemeinsam führen sie das „Small World“-Experiment durch.

Und das geht so: Jeder kann mitmachen, man loggt sich ein und bekommt ein zufälliges „Target“ zugewiesen, in meinem Falle ein 35jähriger Israeli mit Wohnsitz in Frankreich. Nun muß man diejenige Person in den eigenen Facebook-Kontakten auswählen, die dem „Target“ gefühlt am nächsten steht – in der Hoffnung, dass man jenes Target über diesen „ersten Hopser“ am Ende tatsächlich erreicht.

Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommt!

(Hier geht´s zum „Small World“-Experiment von Yahoo und Facebook!)

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